26. Seraphina Emilia Louise Aureum

25 4 33
                                    

Lewian und Janek rannten über den Vorplatz des Hospitals die Hauptstraße entlang. In ihrem Übermut liefen sie beinahe in Stojan und seine Kiste voller Steinfiguren, die er Olga zum Steinschlag brachte. Stojan rief den beiden Kindern eine Warnung nach, sollten sie seine Kostbarkeiten noch einmal in Gefahr bringen, aber Alistairs Lehrlinge waren längst weitergezogen.

Sie flitzten winkend an Nolanns Stadtwache vorbei – die ihnen hinterhergrüßte – und sprinteten zwischen die Häuser, wo sich Kräutergärten in der letzten Wärme des Sommers sonnten. Lewian warf seinem Cousin zweiten Grades einen Beutel mit der ersten Medizin zu, die er und Janek allein gemischt hatten. Beide erklärten dem frisch ernannten Arzt detailliert die Zubereitungsschritte.

Ctirad lauschte, zeigte anschließend auf unterschiedliche Kräuter und fragte ihre Namen ab. Bei einigen fielen den Jungen die Namen und deren Anwendungsbereiche sofort ein, bei anderen verloren sie sich in einer Diskussion, ehe sie den Arzt um einen Hinweis baten. Der schmunzelte und sagte seinen Schülern, dies wären die Küchenkräuter, die sie Marika zum Kochen ins Haus bringen sollten. Für einen Moment blieben Lewian und Janek die Münder offen, doch keine zwei Atemzüge später nahmen sie den Korb auf.

Und in ihrem Gelächter hätten sie die Spuren, die sie auf den Steinen in Marikas Haus hinterließen, übersehen. Hätte Lewian überlebt.

~✧~

Aufseher Arnault sah aus, als fiele er gleich in Ohnmacht. »Lasst uns darüber reden, Nobilis. Das alles ist erklärbar!«

Seraphina trat einen Schritt näher und seufzte. Sie blickte tief in diese lehmbraunen Augen voll Scharfsinn. »Nein. Den Toten hilft kein Reden mehr. Aber keine Sorge, ich bin nicht Philippe oder mein Vater. Du wirst leben.«

Unter ihrer Sonne würde es keine Krähenmeister oder eine persönliche Krähe mehr geben. Ihre Sonne richtete gerecht.

Arnault öffnete den Mund.

Aber Seraphinas Fühler hatten seine Lichtenergie bereits ergriffen und zerrten sie heraus.

»Und damit ich sicher sein kann, dass du unser Geheimnis für dich behältst, habe ich noch ein weiteres Geschenk. Schließlich habe ich dir versprochen, dich in die Nacht zu schicken.« Die Fühler ihrer Klangenergie streckten sich zu seiner Mundhöhle zwischen seinen Ohren.

Sie sah jede seiner Hautporen. Sah ihnen zu, wie sie Schweißtropfen absonderten, als hinge Arnaults Leben davon ab. Er holte Luft – vermutlich, sie um Gnade anzuflehen – doch Stille war nun sein Begleiter. Nicht mehr Seraphina.

Hinter ihr galoppierten die ersten Soldaten heran. Zeit, zu gehen.

Seraphina verschwand vollends wieder in der Unsichtbarkeit. »Leb wohl, Arnault. Im Gegensatz zu Lewian, Marika und all jenen, die ihrem Giftanschlag zum Opfer gefallen sind, hast du das Privileg, weiterleben zu dürfen. Bete darum, dass ihre Seelen sich nicht bei dir rächen wollen.« Sie ließ die drei Mervailler in ihren Eisgefängnissen zurück und ging über die Kieselsteine zum Fluss.

Auf seinem Eisfloß lag Hakim – alle Viere von sich gestreckt. Noch bevor Sera ins Wasser schritt, gefror ein Pfad von ihr zu ihm.

Wie konnte er wissen, wo sie war, wenn er nichts sah?

Als sie sich neben ihn setzte, schmolz die künstliche Verbindung zum Ufer und das Floß trieb die Strömung hinab.

»Ich sage dir, wenn du uns an Land bringen musst. Von dort ist es nicht mehr weit, bis wir uns ausruhen können.« Sie saß tatsächlich auf einer Eisscholle und fuhr die Savage hinab als jedes Boot!

ScherbenweltTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang