Kapitel 66

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Ich hatte die Luftigen schon sehr oft kampfbereit gesehen.

Immer in Kampfmontur, bewaffnet mit messerscharfen Schwertern und Dolchen. Alle den gleichen grimmigen und entschlossenen Gesichtsausdruck und die flüssige Bewegungen. Es war aber etwas ganz anderes um sie tatsächlich im Kampf zu sehen. Ihre Körper waren vollständig angespannt, der Griff um ihre Schwerter fest und ihre Füße standen standhaft auf den Boden. Es war auf den ersten Blick ein beeindruckendes Bild, wie zwei Arten von geflügelten Kreaturen ihre Schwerter jedes Mal unerbittlich auf das ihres Gegenüber knallen ließen. Das Geräusch von Eisen auf Eisen schnitt durch die Luft und vermischte sich mit den lauten Schreien.

Denn ein Aspekt eines Kampfes hatte ich nie wirklich kennen gelernt. Man musste seinen Gegner nämlich nicht nur besiegen, sondern auch verletzen. Natürlich wusste ich theoretisch wie ich meinen Gegner tödlich verletzen könnte, doch es war eine deutliche Umstellung. Eine die ich aber nicht überdenken konnte, denn in den Moment als Matteo, Ben und ich durch den engen Schacht nach oben geklettert waren, befanden wir uns mitten in der Schlacht. Überall im Wald verteilt standen Luftigen und Schatten und versuchten ihre kleine Kämpfe zu gewinnen, damit der Krieg endlich vorbei sein würde.

Dem Licht nach zu urteilen war es früh am Morgen, denn die Sonne kam hinter den Bäumen gerade auf. Ein kurzer Blick zu Ben sagte mir, dass wir uns zuerst durch die Menge kämpfen mussten, bevor wir Arthur suchen konnten. Matteo zögerte nicht einmal, zog sofort sein Schwert und stürzte sich auf den naheliegenden Schatten, der dabei war einen Luftigen fast zu töten. Vereinzelt lagen zwischen den Kämpfenden auch Schatten und Luftigen, die sich nicht mehr zu bewegen schienen. Ben zog sein Schwert aus der Schnalle und eilte seinen Kameraden zur Hilfe, während ich meine kleine Waffen erst mal nicht herauszog und mit meine Flügel an meinen Rücken gepresst, schlich ich mich durch die Kämpfenden. Ich brauchte ein Schwert. Mit Dolche konnte ich hier nämlich nicht besonders viel ausrichten und es war in so einer großen Schlacht einfach zu riskant.

Mich bemerkte zum Glück keiner, als ich mich zu der ersten bewegungslosen Person am Boden geschlichen hatte. Es war ein Schatten, eine Frau, die ihre Hand locker über ihren blutbesudelten Bauch gelegt hatte. Ihre leere, roten Augen starrten nach oben ins Nichts und ich konnte den unangenehmen Schauer nicht verhindern. In ihrer anderen Hand hielt sie immer noch sein Schwert umklammert, doch bevor ich mir die Waffe aneignen konnte, fiel mir ein, dass ich diese Art von Schwerter eigentlich nicht gewöhnt war. Mein Blick glitt über das Schlachtfeld, doch der nächste tote Luftigen war viel zu weit zu weg. Gerade als ich mich nach einen anderen umsah, blickten mich zwei rote Augen direkt an. Mein Herz überschlug sich, als mir bewusst wurde, dass meine Zeit um war. Ohne zu zögern zog ich das fremde Schwert aus der Hand der Toten und hielt es schützend vor mich.

Der Schatten war auf mich zu getreten und hielt sein Schwert in der gleichen Stellung. Doch anstatt mich anzugreifen, verharrte er in dieser Bewegung. Eine Sekunde verging, dann noch eine, doch erstarrte mich einfach nur an, ohne sich zu bewegen. Irritiert legte ich den Kopf schief und wartete unentschlossen ab. Ich konnte es mir nicht erlauben meine Haltung fallen zu lassen, denn dann hätte er ein leichtes Spiel. Aber ich wollte ihn auch nicht zuerst angreifen. „Worauf wartest du?" Es war vielleicht dumm mitten in der Schlacht mit den Feind zu plaudern, doch sein neutraler Blick gab mir ein ungutes Gefühl. Dann öffnete er zu meinem Erstaunen den Mund und warf mich völlig aus der Bahn.

„Amalia" das war doch der Name meiner Mutter gewesen? Unbewusst ließ ich das Schwert sinken und sah den Schatten noch verwirrter an. „Ich... ich bin nicht Amalia" sagte ich bestimmt, doch klang dabei nicht so sicher wie gerade eben. Der Schatten schien es aber nichts auszumachen und ließ sein Schwert auf den Boden fallen. Fassungslos starrte ich auf sein Schwert und dann wieder auf ihn. Was machte er? Bevor ich aber Fragen oder ihn überzeugen konnte, dass ich nicht Amalia war, fing der Schatten an sich hinzuknien. Als er dann auch noch den Kopf ergeben sank, hatte ich das Gefühl endgültig die Nerven zu verlieren. Nicht gedacht, dass ich das jemals sagen würde, aber ich würde lieber mit ihn kämpfen, als das hier! Was auch immer das sein sollte. 

LUFTIGEN - becoming a warriorWhere stories live. Discover now