Kapitel 24

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Außer Ben, Leo, Arthur und Will hatte ich nie wirklich Kontakt zu den anderen Luftigen. Es war mein Plan gewesen, dass zu ändern und mich vielleicht mit den Luftigen anzufreunden, die mit uns unterwegs waren. Leider waren sie genau so grimmig und schweigend, wie Ben (was wahrscheinlich der Grund gewesen war, warum er sie ausgewählt hatte).

In den letzten drei Stunden hatte ich immer wieder versucht, mit einen von ihnen in ein Gespräch zu verwickeln, doch bekam nur einsilbige Antworten. Seitdem flog ich also lieber neben Ben und sprach mit ihm alles Mögliche, aber natürlich, wenn die anderen Luftigen nicht in der Nähe waren. Leider mutierte er bei den Luftigen immer noch zu den grimmigen, gefühlskalten Flügel-Mann wie am Anfang. Zuerst hatte ich mir ernsthafte Sorgen gemacht, wie ich ohne genügend Schlaf drei bis vier Stunden fliegen soll, doch die Aufregung war so groß gewesen, das an Schlaf gar nicht zu denken war. Als Ben mich geweckt hatte, gingen wir zur Plattform und ohne viele Worte waren wir losgeflogen. Es war mir aber echt peinlich gewesen, als Ben mich nach oben tragen musste. Es war wohl zu windig gewesen, um selber abzuheben und da Ben wegen meinen Verletzungen sehr vorsichtig war, durfte ich es nicht mal versuchen.

Deswegen wollten die anderen Luftigen bestimmt nicht mit mir reden. Nach der Aktion und meinen dramatischen Sturz hielten sie mich bestimmt für eine verwöhnte Prinzessin. Was Ben mit seiner andauernden Fragerei, ob es mir gut geht, auch nicht gerade besser machte. Ich konnte es ihn aber nicht übel nehmen. Er hatte eine wichtige Aufgabe bekommen, für die nächsten Jahre auf mich aufzupassen und versagte bereits nach zwei Wochen. So fixiert, wie er aber jetzt auf meine Gesundheit war, wurde es echt nervig. Als ich gerade in der Haupthalle stand, hatte ich gesehen, wie weit oben die Badehöhle war. Es war irgendwie gruselig, dass ich den Sturz nicht nur überlebt hatte, sondern nach drei Tagen bereits vollständig geheilt war. Es warf auf jeden Fall die Frage auf, wie unverletzlich ich eigentlich war.

Ein Kribbeln breitete sich an meinen rechten Flügel aus und ich schenkte Ben meine Aufmerksamkeit. In völliger Ruhe flog dieser neben mir her, mit dem Blick nach vorne in die Leere gerichtet. Mir war aufgefallen, das ich ihn nur hier oben so ruhig gesehen hatte. Im Berg und im Clan war er andauernd mit irgendetwas beschäftigt und es setzte ihn bestimmt unter Druck, ohne seine ganzen Freunde zu sein.

„Wenn du möchtest, können wir, wenn wir wieder zurück sind, uns umsetzen" deutlich verwirrt hob Ben eine Augenbraue. „Ich meine im Speisesaal. Du kannst dich auch zu deinen Freunden setzen", wenn ich die nächsten Jahre mit ihn aushalten soll, war es mir wichtig, dass er auch glücklich war. Ben schüttelte aber zu meiner Überraschung den Kopf. „Wir verbringen echt genug Zeit miteinander Ben" versuchte ich ihn umzustimmen. Ben seufzte einmal, was in seinen Flügelschlag unterging. „Wir bleiben da sitzen" bestimmte er nur harsch. „Ich will dir nur helfen" Ben nickte darauf wieder nur. Man konnte mir nicht vorhalten, ich hätte es nicht versucht.

Es war heute eine sehr helle Nacht, was teilweise auch an meiner Luftigen-Nachtsicht liegen konnte. Wir flogen als Gruppe über die Wolkendecke und der Mond leuchtete uns einen Weg. Keiner von meinen Begleitern hatte eine Karte benutzt und waren in eine Richtung geflogen, die wir jetzt seit Stunden anhielten. Es war schon erstaunlich, wie sie alle sofort wussten, wo wir lang mussten. Ohne Google Maps war ich immer aufgeschmissen. Selbst in dem Dorf, in das ich schon mein gesamtes Leben wohnte, konnte ich mich verirren. Zum Glück fand Ben es aber nicht besonders wichtig und konzentrierte sich in mein Training eher auf den Rest.

Ich gähnte kurz und zog den ledernen Mantel enger um meinen Körper. Da das Outfit mir viel zu groß war, schaffte der kalte Wind es immer zwischen den Stoffen. Ich bemerkte dabei seinen prüfenden Blick, ohne ihn anzusehen. Trotz meiner ungewöhnlichen Heil-Fähigkeiten wollte er nichts riskieren.

„Wir sind gleich da. Mache dich bereit, nach unten zu gehen." Kam es von Ben neben mir. Verwirrt schaute ich ihn an. „Nach unten?" „Ja, bleib in meiner Nähe und lasse dich nicht sehen" Ich dachte, wir bleiben oben, damit wir nicht gesehen werden. „Ben. Was meinst du?" Doch er warf mir nur einen letzten Blick zu, bevor er seine Flügel an seinen Rücken faltete und sich fallen ließ. Als ich seinen Mantel in der Wolkendecke verschwinden sah, schaute ich erschrocken zu den anderen Luftigen. Doch es war niemand mehr da, sie waren alle nach unten getaucht. Die Nervosität brachte mich um, also ich faltete meine Flügel an meinen Rücken und ließ die Schwerkraft mich nach unten ziehen.

LUFTIGEN - becoming a warriorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt