Kapitel 5

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Alles war gemütlich warm.

Meine weiche Decke schützte mich vor der Kälte da draußen und ich drehte mich einmal wohlig. Ein leichtes Lächeln lag auf meinen Lippen. Ich liebte es so aufzuwachen und hatte auch vor, das ganze Wochenende im Bett zu verbringen. Gerade dachte ich daran, einfach wieder einzuschlafen, als mein Magen laut knurrte. Ich unterdrückte ein Seufzen, aber ich konnte meine Cornflakes ja auch im Bett essen. Gut gelaunt schlug ich die Augen auf und schlug die Decke weg. In genau den Moment fiel meine Welt in sich zusammen.

Ich trug immer noch meine Pyjamas, jedoch waren sie voll mit braunen Flecken. Das meine Haare aussahen wie ein Vogelnest, wusste ich auch ohne Spiegel, das passierte nämlich, wenn man auf den Waldboden schlief. Das ich mich gar nicht in mein Zimmer befand, bemerkte ich erst im zweiten Moment. Die Wände waren uneben und kantig und die Fenster waren verbarrikadiert mit Holzbrettern. Das einzige Licht in diesem „Zimmer" war eine altmodische Lampe, die aussah, als hätten sie einen Eimer auf den Kopf gestellt und ein paar Schlitze hereingestochen. Das Bett, was so verdammt gemütlich war, bestand aus vier Baumstämme, die eine dicke Matratze umringten mit einer Decke, die sie wahrscheinlich mit Federn gefüllt hatten. Die wirklich wichtige Frage war jedoch, wer „Sie" eigentlich waren. Dann fielen mir auch im dritten Moment auf das ich diese Flügel immer noch hatte. Zögerlich streckte ich meine Hand aus, um sie zu berühren, doch dann schlug die alte Holztür gegenüber vom Bett mit einen Rums auf.

Erschrocken machte ich einen Satz nach hinten und stieß dabei gegen die Bettkante, was dazu führte, das ich mein Gleichgewicht verlor und nach hinten auf das Bett fiel.

„Ist alles in Ordnung?" Fragte eine tiefe Stimme mich besorgt. Ein alter Mann mit dunkelgrauen Haaren und einen sanften Blick musterte mich besorgt. Seine großen dunkelbraunen Flügel entgingen mir dabei nicht, genauso wenig wie die komische Kleidung, die trug. Er war vollständig gekleidet in schwarzes Leder und der Mantel, den er anhatte, reichte fast bis zum Boden. „Äh, mir geht es gut" murmelte ich peinlich berührt. Er umrandete das Bett und half mir, mich aufzurichten. Er schien im Gegensatz zu mir keine Probleme damit zu haben, sein Gleichgewicht mit den Flügeln zu halten. Seine Flügel waren bestimmt doppelt so groß wie meine und umrahmten seine große Gestalt. Mein Starren war anscheinend zu auffällig, denn er faltete sie hinter seinen Rücken zusammen, sodass man nur noch leicht den Umriss sah. „Ich weiß das du bestimmt viele Fragen hast, aber bitte gedulde dich noch ein wenig". Er betrachtete mich immer noch ziemlich besorgt und musterte mich dabei so intensiv, als ob er darauf wartete, dass ich ausrasten würde. Dann erst viel mir der Haufen Stoff in seinen Händen auf. „Oh hatte ich fast vergessen. Ich habe dir wärmere Kleidung mitgebracht, dann ist dir nicht... kalt"

In den Moment viel mir wieder ein, dass ich ja nichts anderes als mein Pyjama trug. Während ich hochrot anlief und die Decke um mich zog, nahm ich die Kleidung dankend an. Es stellten sich heraus als eine weiße Bluse und eine Art von Jeans. Mit der letzten Bitte noch etwas zu warten, verließ der alte Mann das Zimmer.

Erst als die alte Holztür wieder zu fiel, dachte ich daran, dass ich gar nicht nach seinen Namen gefragt hatte. Neben der großen Holztür war auch noch eine Kleinere, die ich neugierig öffnete. Es entpuppte sich als ein Badezimmer mit einer sehr alten Toilette und ein Waschbecken, was aus Holz gemacht schien. Ich betrat das kleine Zimmer und seufzend machte ich mich daran, die komischen Klamotten anzuziehen. Ich zerrte meinen Pyjama Shirt über mein Kopf und fühlte plötzlich einen Stich in meiner Bauchgegend. Stirnrunzelnd schaute ich an mir runter und sah etwas, was definitiv neu war.

Eine Narbe, die ich mit drei Fingern verdecken könnte, zog von etwas über meine Hüfte fast bis zu mein Bauchnabel. Sie war verheilt, aber war mal eine echt schlimme Fleischwunde gewesen. Hatte ich neben Flügel also auch noch eine mysteriöse Narbe bekommen? Ich drehte mich leicht, doch es zog nur etwas unangenehm. Ich beschloss das später auf den Grund zu gehen, wenn der Flügel-Mann mir endlich meine Fragen beantworten würde.

Die neuen Klamotten gefielen mir sehr, die Bluse war zwar ein wenig zu klein, vor allem rund meine Brust, aber der Rest passte wie angegossen. Ungeduldig lief ich von der einen zu der anderen Ecke des Zimmers. Die Fenster hatte ich schon versucht aufzukriegen, ohne Erfolg. Genervt klopfte ich noch einmal gegen die Tür „Hallo? Kann mich bitte irgendwer hier rausholen?! Ich habe Hunger!", es kam keine Antwort. Mein Magen tat langsam echt weh und ich konnte sehr ungemütlich werden, wenn ich kein Essen bekam. Gerade zerrte ich wieder mit meinem gesamten Gewicht an der Klinke, als die Tür plötzlich aufgestoßen wurde. Wie gerade eben verlor ich mein Gleichgewicht. Wütend verfluchte ich diese Flügel und richtete mich schnell auf. 

Der alte Mann stand in der Türöffnung. „Es ist so weit", dann drehte er sich ohne ein weiteres Wort um und lief voraus. Zögerlich folgte ich ihn in den Flur. Die Wände sahen hier auch aus, als wären sie aus Stein gemacht und ich versuchte mit seinen schnellen Schritten mitzuhalten. Das Gewicht der Flügel zerrte jedoch wirklich an meinen Kräften. Neugierig schaute ich mich um, doch wir waren die Einzigen die sich in diesen etwa zwei Meter breiten Gang befanden. Auch hinter mir war niemand, ich hatte irgendwie erwartet, dass der alte Mann nicht der Einzige sein würde. Es mussten doch noch mehr von uns geben?

Wir traten aus den Flur in eine riesige Halle. Es war das Beeindruckendste, was ich jemals gesehen hatte. Eine Halle, auch aus Stein gemacht, die etwa so groß war wie das Fußballfeld, bei den ich vor drei Jahren mit meinen Dad gewesen war. Hunderte Löcher waren in den Wänden gebohrt und bei näheren herantreten bemerkte ich, das es Eingänge zu Fluren waren. Das aber wirklich Komische war, dass es keine Treppen gab und keine Brücken. Der Flur, aus den wir gekommen waren, war am Boden der riesigen Halle und diese schien zu glänzen. Ich blieb stehen und erkannte, dass es Marmor war. Ohne den ganzen Dreck und Sand war es bestimmt mal ein schöner Boden gewesen.

Das Gruselige war, dass wir die Einzigen in der Halle waren. Gerade als ich den alten Mann fragen wollte, was wir hier machten, ertönte ein ohrenbetäubendes Geräusch. Als hätte man eine riesige Kirchenglocke geläutet, strömten plötzlich Hunderte Flügel-Männer aus den Fluren. Ich versuchte ruhig zu bleiben, als immer mehr von diesen Flügel-Männern die Halle füllten. Die meisten von ihnen waren nicht so alt wie der nette Mann, der mich herausgeholt hatte. Viele von ihnen schienen etwa in mein Alter zu sein, aber sie alle hatten schwarze oder dunkelbraune Flügel. Es war sehr imposant, als sie alle fast gleichzeitig in der Halle landeten. Ihre Flügel waren so groß wie die des Mannes und jeder Einzelne von ihnen starrte mich an.



LUFTIGEN - becoming a warriorWhere stories live. Discover now