40. Fallen lassen

7.7K 246 29
                                    

Stutzig löste ich mich aus Nates Armen und trat näher. Das Glitzern erinnerte mich an etwas. Etwas, was mir unheimlich bekannt vorkam.

An der Kommode angekommen, zog ich den Gegenstand bedacht aus der Ecke heraus.

Und ich konnte meinen Augen kaum trauen. Zum Vorschein kam ein Haarreifen. Um genauer zu sein der Haarreifen, den ich damals auf der Kostümparty getragen hatte, als ich ein Alien war. Der silberne Haarreifen mit den zwei Drähten, an denen sich je ein silbernes Kügelchen befanden. Und er war ausgerechnet in Nates Besitz.

Damals hatte ich gar nicht mehr daran gedacht, geschweige denn überhaupt mitbekommen, dass ich ihn verloren hatte.

Irgendwie musste ich ihn wohl in der Eile am Morgen bei Nate liegen gelassen haben.

Und Nate hatte ihn nicht nur aufgehoben. Nein, er hatte ihn tatsächlich mit in sein Zimmer im Studentenwohnheim genommen. Aber wieso? Wieso sollte er soetwas machen? War das Absicht? Oder ein dummes Versehen?

Mit dem Haarreifen in der Hand, drehte ich mich zu Nate, der noch immer an derselben Stelle wie eben stand und mich leicht schmunzelnd aus der Ferne beobachtete.

„Wieso hast du den?", indessen deutete ich auf den silbernen Reifen in meiner Hand.

Nates Blick fiel auf den Haarreifen, ehe er wieder zu mir sah. Belanglos zuckte er mit den Schultern: „Den hast du damals bei mir liegen lassen."

Ich war immer noch irritiert. Wieso sollte er sich den Haarreifen mitnehmen, der noch nichtmal wertvoll war, anstatt ihn einfach in die nächstgelegene Mülltonne zu werfen? Stattdessen hatte er ihn sorgfältig auf seiner Kommode abgelegt. Dort musste er jetzt bereits mindestens zwei Monate liegen. Gelegenheiten zum Wegschmeißen hätte er genug gehabt, was mich nur noch mehr stutzig machte.

„Und du sammelst wohl von all deinen Eroberungen Souvenirs?", ich zog die Augenbraue skeptisch nach oben.

Das schien mir doch einem typischen Playerverhalten zu ähneln. Einer schwanzgesteuerten, das eigene Ego fördernde Trophäenjagt.

Eigentlich dürfte ich nichts anderes von Nate erwarten. Ich wusste schließlich wie er sich vor wenigen Wochen verhalten hatte. Immer wenn ich ihn von weitem beobachten konnte, erspähte ich ihn mit irgendeinem Mädchen, die wenig später auch aus der Wohnung von Drew und ihm stürmten. Zudem waren wir schließlich nicht zusammen Order irgendetwas in der Art. Genau genommen hatte ich kein Recht sein Verhalten zu verurteilen, geschweige denn auch nur den Funken Eifersucht zu spüren.

Doch wenn ich darüber nachdachte, dass er sowas tatsächlich von allen Mädchen haben könnte, mit denen er geschlafen hatte — was definitiv eine Menge sein mussten — wurde mir so schlecht, dass sich mein Magen beinahe umdrehte.

„Nein, nein.", wehrte er flugs ab: „Ich weiß auch nicht recht, wieso ich den mitgenommen habe. Damals habe ich gar nicht wirklich drüber nachgedacht und ihn bei meiner Abreise einfach eingepackt. Tja, seitdem liegt er hier."

Nate verließ seinen Platz, um langsam durch das Zimmer auf mich zuzugehen: „Aber ich muss zugeben, dass er mich an unsere damalige Nacht erinnert und ich erinnere mich gern daran zurück.", gab er verlegen zu, während ein nervöses Lächeln über sein Gesicht huschte.

Ein warmer Schauer überlief meinen Rücken. Meine Haut erwärmte sich und ich spürte wie alles in mir begann sich zu überschlagen. Ein angenehmes Kribbeln huschte durch meinen Magen und meine Wangen erröteten geschmeichelt.

Irgendwie war es niedlich, dass er sich gern daran zurückerinnerte und es mir gegenüber schüchtern, ja fast verlegen, zugab. Denn das gab mir wiederum ein unheimlich gutes Gefühl. Ein Gefühl von innerer Ruhe. Wenn er solche Dinge sagte, kam ich mir in meinen Gefühlen ihm gegenüber gleich noch viel bestätigter vor. Als hätte jede Zuneigung zu ihm seine Daseinsberechtigung.

AttractionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt