4. „Glowing in the Dark"

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In der letzten Stunde hatten wir uns gegenseitig unzählige, absurde und vollkommen bescheuerte Aufgaben gestellt, die mit dem steigenden Alkoholpegel zunehmend witziger wurden.

Spätestens nachdem Nate seinen leeren, gebrauchten Pappbecher an einen Partygast verkaufen sollte, war ich davon überzeugt, dass dieses Spiel der beste Vorschlag war, den er hätte machen können.

Ich hatte die Nummer eines fremden Jungen erhalten, war eine Runde um das Haus gerannt und hatte für ganze fünf Minuten alleine auf dem Wohnzimmertisch getanzt.
Nate hatte, neben den sechsundfünfzig Cent, die er für den Pappbecher bekommen hatte, ebenfalls die Nummer eines fremden Mädchens ergattert – wofür er übrigens nicht einmal flirten musste – und die Haare eines Mädchens mehr oder weniger geflochten.

Alkohol war währenddessen in Unmengen geflossen. Ich konnte mich nicht einmal mehr daran erinnern wie oft wir unsere Becher aufgefüllt oder einen Shot getrunken hatten.

Die Außenwelt fing langsam an sich angenehm zu drehen und ich hatte meine Hemmschwelle in den hintersten Teil meines Kopfes verbannt. Ich hatte schon lang nicht mehr so viel Spaß wie in den letzten Stunden. Nicht ein einziges Mal kam mir der Gedanke des Aufhörens oder an ein Morgen. Diese Nacht fühlte sich endlos an.

„Ich bin an der Reihe.", klatschte ich aufgeregt in die Hände, da ich schon genau wusste, was ich Nate auferlegen würde.

„Worauf wartest du? Ich bin bereit.", rief er mir herausfordernd, über die Musik hinweg entgegen.

Wenn ich du wäre...", begann ich laut „... würde ich mir jetzt irgendein Mädchen in diesem Raum suchen, sie zum Walzertanzen auffordern und dann mindestens eine Minute mit ihr tanzen.", begeistert von meinem  Plan schaute ich zu Nate hoch.

„Irgendein Mädchen?", wiederholte er fragend. Auch Nate hatte inzwischen ausreichend Alkohol konsumiert und wurde dadurch vermutlich noch lockerer als ohnehin schon.

„Ja, irgendeins. Das ist mir egal."

Ein verschmitztes Grinsen zog sich über seine Lippen, ehe er mir die rechte Hand auffordernd entgegenhielt: „Louana, würdest du mit mir Walzer tanzen?"

Perplex starrte ich erst auf seine Hand, dann in sein Gesicht und wieder auf seine Hand.

Nicht zu fassen, er hatte mich eiskalt überlistet. Deshalb hatte er so gegrinst.

Doch seine Grübchen, die mir vorhin erst aufgefallen waren und immer entstanden sobald er sein verschmitztes Grinsen aufsetzte, ließen mir keine Wahl.
Wie hätte ich das Angebot abschlagen können?

„Es wäre mir eine Ehre.", ich knickste, bevor ich kichernd seine warme Hand ergriff.

Gemeinsam liefen wir auf die Tanzfläche und quetschten uns auf einen halbwegs freien Platz zwischen die Menschenmenge. Anschließend legte er seine rechte Hand vorsichtig auf meine Taille, während sich meine zierlichen Finger auf seiner strammen Schulter platzierte. Die anderen beiden Hände verknoteten sich ineinander und wir streckten sie zur Seite. Unsere Oberkörper berührten sich verhalten.

Konzentriert sah ich zu ihm.

Es war bestimmt schon Jahre her, dass ich klassisch getanzt hatte. Ich wusste nicht mal ob meine Füße noch wussten, was sie machen müssten, um sich nicht gegenseitig zu sabotieren.

„Ich hoffe du hast einen Plan, was wir wie tun müssen, weil ich nämlich keinen habe.", ich schaute ihm in seine klaren Augen, die mich von oben musterten.

„Absolut nicht.", erwiderte er dann grienend, was mir ein wehleidiges Seufzen entlockte.

Das konnte ja etwas werden.

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