10. Attraktive Mitfahrgelegenheit

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„Wie lief denn deine erste Woche?", hakte Drew interessiert nach.

Wir hatten uns vorhin zufällig auf dem Campus getroffen und waren beide auf dem Weg ins Studentenwohnheim. Also hatten wir kurzerhand beschlossen gemeinsam nach Hause zu gehen.

„Ganz gut würde ich sagen.", ich wedelte triumphierend mit einem weißen A4 Zettel vor seiner Nase herum: „Zumindest habe ich jetzt meinen Stundenplan und kann mich endlich mal auf irgendetwas vorbereiten."

Drew riss mir meinen Stundenplan mit einem Schwung aus der Hand und warf einen Blick darauf: „Kommunikations- und Medienwissenschaften also...", resultierte er: „Was macht man denn damit?", er zog skeptisch eine Augenbraue nach oben.

„Puh...", ich dachte kurz nach: „Eigentlich hat man viele Möglichkeiten damit. Ich kann ins Verlagswesen einsteigen, im Kulturwesen tätig sein, Unternehmen beraten oder in verschiedene Medien, wie Radio, Zeitung und so gehen."

„Klingt auf jeden Fall interessanter als Unternehmensführung.", lachte er.

„Studierst du das?"

„Ja, ich will irgendwann mal den Betrieb meiner Eltern übernehmen. Deswegen brauche ich das Studium auch.", erläuterte er mir. Dabei klang er so zielsicher und klar, worum ich ihn echt beneiden könnte.

Im Prinzip hatte ich bis jetzt kaum Vorstellungen wie meine Zukunft aussehen sollte. Und mein Studium hatte ich tatsächlich nur ausgewählt, da es so vielseitig und offen war.

„Also wollen wir mal schauen...", Drew hob meinen Stundenplan wieder hoch und las aufmerksam.

Was zur Hölle tat er da?

Irritiert beobachtete ich ihn einige Sekunden, bevor ich meinen Stundenplan amüsiert zurückforderte: „Kann ich meinen Stundenplan vielleicht wiederhaben bevor irgendetwas damit passiert?"

„Moment.", er hob einen Finger pausierend in die Luft.

Meine Augenbauen zogen sich vermutlich noch verwirrter zusammen.

„Okay, gut.", daraufhin drückte er mir den Zettel zufrieden in die Hand: „Also wir können Montag, Mittwoch und Donnerstag in die Mensa gehen. Da haben wir beide in der Mittagszeit eine Freistunde. Außerdem...", er drehte sich schief grinsend zu mir: „... sehr gute Wahl dir Freitag frei zu halten.", anerkennend zwinkerte er.

„Äh...", ich war maximal verwirrt, auch wenn es mich freute, dass er bereits davon ausging, dass wir Freunde waren und zusammen aßen. „Also erstens...", begann ich daraufhin. „Wie kommst du darauf, dass ich überhaupt mit dir essen will? Und dann auch noch drei Mal die Woche.", ich zog sarkastisch grinsend eine Augenbraue hoch.

Drew warf mir einen schiefen Seitenblick zu. „Sarkasmus, mag ich.", stellte er fest. „Aber ich gehe einfach mal davon aus, dass man mir sowieso nichts abschlagen kann. Außerdem sind wir Nachbarn, da unterstützt man sich. Vor allem nachdem jahrelang die mega Spießer gegenüber gewohnt haben.", erwiderte er selbstverständlich.

Wir hatten den Eingang des Studentenwohnheims erreicht. Durch die Tür betraten wir den gefliesten Eingangsbereich, in dem sich neben den hunderten Briefkästen auch die Fahrstühle befanden. Auf dessen beide Knöpfe ich drückte.

Während wir warteten, drehte ich mich zu Drew. „Ich nehme es als Kompliment, dass du mich zumindest nicht in die Kategorie einer verklemmten Spießerin einordnest."

„Gerne.", grinste Drew.

Der rechte Fahrstuhl gab einen piependen Ton von sich, bevor sich die grüne Tür aufschob.

Wir ließen die vier Studenten mit ihrem Bierkasten aussteigen, ehe ich mit Drew den Fahrstuhl betrat und den Knopf unserer Etage drückte.

Im Anschluss lehnte ich mich an die Fahrstuhlwand hinter uns, indessen sich die Tür schloss. „Und zweitens...", griff ich meine Aufzählung wieder auf: „...standen mir sowieso keine Freitagsveranstaltungen zur Auswahl, die ich hätte wählen können."

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