Zweiundfünfzigstes Kapitel / Theo PoV

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Montag – 02. April

>> Also ich bin der Meinung du solltest es einfach tun. Du kannst dir da auch nicht den Rat deiner Ex Freundin einholen << seufzte Ben frustriert. Ich drehte meinen Kopf zu ihm.

>> Aber wir sind doch befreundet << ergründete ich ihm ehrlich. Er rieb sich mit Daumen und Zeigefinger seinen Nasenrücken.

>> Theo. Du warst mit Tabitha zusammen. Sie hasste Melinda. Danach hattest du was mit Melinda und jetzt fragst du sie nach einem Rat, ob du Tabitha wieder anschreiben sollst und hörst auf ihren Rat, dass sie Nein sagt? Natürlich sagt sie Nein! Die steht bestimmt noch auf dich... << fasste er zusammen. Erschrocken drehte ich mich zu ihm. Wieso sollte sie noch auf mich stehen?

>> Tut sie nicht, wir haben das geklärt und sie weiß, dass ich nichts für sie fühle << erwiderte ich sofort und schlürfte anschließend einen Schluck meines Kaffees.

>> Wenn du mich fragst ist Melinda total durchgeknallt. Du hattest was mit Tabby, während du was mit ihr hattest  und sie klebt trotzdem noch wie eine Klette an dir << überlegte mein bester Freund laut. Er hatte Recht. Welcher Mensch lässt sich so verletzten und bleibt dann trotzdem in der Nähe. Entweder hat sie etwas geplant oder spinnt völlig. Seufzend lehnte ich mich an die Rückenlehne der Parkbank und beobachtete einen Collie, der gerade über den Rasen sprang und sich anschließend welzte.

>> Schreib sie bitte an, wenn du sie so vermisst. So, ich muss wieder Arbeiten << teilte Ben mir mit, erhob sich und klopfte mir einmal auf meine Schulter. Ich nickte ihm dankend zu, blieb noch einige Minuten sitzen und genoss die Sonne. Wir hatten etwas über 20 Grad und bis vor einigen Stunden war ich noch bei meinen Eltern. Die erste hälfte der Semesterferien hatte ich dort verbracht. Die andere würde ich jetzt für sämtliche Erledigungen für die Uni und lernen nutzen.

Nur leider hatte ich hier bei weitem nicht so viel Ablenkung und viel zu viel Zeit zum Nachdenken. Das tat mir nicht gut. Tabby war seit einem Monat auf der anderen Seite des Globus und ich spürte förmlich wie weit weg sie von mir war. Der Gedanke daran, dass sie mich kein Stück vermisste oder noch schlimmer, jemand anderes kennen lernte, zerriss mir mein Herz.

Gestern hatte ich Melinda gefragt, ob ich sie anschreiben sollte. Ihre Antwort war ein klares Nein, bevor sie mir ein Bild in einem Minikleid schickte und nach meiner Meinung fragte. An Tabby sähe es besser aus. Das konnte ich ihr jedoch nicht schreiben.

Nachdenklich zückte ich mein Handy, öffnete Instagram und scrollte durch den Feed von Vila und Tabbys Urlaubsaccount. Die beiden erreichten damit bereits über viertausend Menschen. Mir sprang ein Bild ins Gesicht. Die beiden mit einem Jungen Mann und einem anderen Mädchen inmitten von Schnee und Tannen. Ich klickte auf die Markierungen. Dennis und Greta. Wer war wohl dieser Dennis? Ob er Tabby berühren durfte. Himmel, wie sehr ich sie mal wieder in den Arm nehmen wollte.

Ein weiteres Bild sprang mir in die Augen. Aus Italien vor einem Blumen Laden. Vila und Tabby mit einem braun gebrannten Jungen Mann. Er hatte einen riesigen Blumenstrauß in der Hand, eine grüne Schürze um und seine längeren Haare waren hinten zusammengebunden. Tabby trug eine kurze schwarze Lederhose. Sie war etwas lockerer und saß nicht so Figurbetonend wie ihre anderen Klamotten. Dazu kombinierte sie eine weiße Bluse und einen Lederblazer, der so lang war wie ihre Shorts. Ich konnte die beiden Schnallen an ihrem Arm sehen, was auf einen weißen Rucksack hinwies. Ihre Haare trug sie wie immer offen und gelockt. Dazu hatte sie eine Sonnenbrille auf und ein Schwarz-Weißes Tuch in den Haaren.

Sie sah atemberaubend aus.

Ich musterte Tabbys breites Grinsen. Sie strahlte förmlich bis über beide Ohren. Offensichtlich war sie sehr glücklich und ich hatte keine Lust das zu vermiesen. Ich würde sie in Ruhe lassen und sie einfach nicht stören während ihrer Reise. Sie hatte es sich mehr als verdient etwas Abstand von allem zu nehmen.

Ich wollte gerade die Seite schließen als mir die neue Story entgegensprang. Ich öffnete sie. Vor dreißig Sekunden.

„Tabby, was steht nun auf dem Plan?", quickte Vila begeistert ihrer Begleitung entgegen, die vor ihr Lief. Ihre Haare reichten ihr immer noch bis zu ihrer Hüfte. Sie wippten mit jedem ihrer Schritte, weshalb ich ihren freien Rücken entdecken konnte. Sie trug ein schwarzes Langarm, dass hinten gerade mal ihre Schulterblätter verdeckte. Unten war es zu einer Schleife gebunden. Dazu hatte sie ihre typische Lederhose an und schwarze Boots.

Sie drehte sich nun zur Kamera, lief Rückwärts weiter und setzte dabei ihre Sonnenbrille von der Nase auf ihren Kopf.

„Das Nachtleben von Bairro Alto abchecken", antwortete sie fröhlich, hob ihren rechten Arm in die Luft und drehte sich einmal um ihre eigene Achse, bevor Vila anfing zu kichern und das Video vorbei war. Ich wiederholte es einige Male, denn es tat mir gut zu sehen, wie gut es ihr ging. Stirnrunzelnd pausierte ich das Video und sah in Tabbys linke Hand. Ihr Handy. Ich machte ein Screenshot und zoomte schließlich an das Bild heran. Ein Polaroid Bild. Hektisch kramte ich in meinem Rucksack herum und holte ein kleines Rechteckiges Bild heraus. Ich hielt es neben mein Handy und tatsächlich. Die Farben stimmten überein. Sie hatte ein Bild von uns in ihrer Handyhülle.

Mein Herzschlag beschleunigte sich mit einem Mal und meine Lippen zierte ein Grinsen. Himmel, wie armselig ich gerade aussehen musste. Fest entschlossen steckte ich mein Handy weg, griff meinen Rucksack und machte mich wieder auf dem Weg zu meiner Wohnung. Schwer atmend schmiss ich mich auf mein Sofa, öffnete meine SMS und schließlich den Chat mit Tabby.

Ich tippte. Und tippte nochmal. Und noch fünf weitere Male, nur damit ich alles wieder löschte. Schließlich dachte ich genau nach, tippte nochmal was vor und las es mir noch einmal durch.

>Hey Tabitha. Ich verfolge euren Instagram Account und wollte dir sagen, dass es mich freut, dass du so glücklich aussiehst. Mir ist aufgefallen, wie schwer es mir ohne dich fällt. Sonst warst du immer in der Nähe und nun bist du auf der anderen Seite des Planeten. Verrückt. Geht es dir gut?<

Bevor ich irgendwas bereuen konnte, schickte ich es ab und raufte mir aufgeregt die Haare. Das fühlte sich an wie die Kennlernphase. So neu und aufregend. Dabei kannte ich sie schon seit über einem halben Jahr. Ich musste mir wieder in Gedanken rufen, dass sie gerade dabei war durch die Gassen von Lissabon zu laufen. Schweren Herzens machte ich mich auf den Weg in die Küche und bereitete mir etwas zu Essen vor, während mein Blick immer wieder meine Nachricht anstarrte. Je mehr ich das tat, desto unzufriedener wurde ich. Einige Minuten später kündigte mein Handy eine Nachricht an. Ohne zu zögern, ergriff ich dies und starrte auf Tabbys Nachricht.

>Mir ging es nie besser<

Was soll das denn nun heißen? So seltsam reagiert sie doch sonst nicht. Nachdenklich schnappte ich mir meinen Teller, warf mich wieder aufs Sofa und stocherte mit der Gabel darin herum, wenn ich nicht gerade am Tippe war.

>Das freut mich wirklich. Wo geht es denn in den nächsten Wochen noch hin?< hakte ich genauer nach.

>Paris, Dublin, London, Stockholm und dann wieder Nach Hause< erschien ihre Nachricht einige Sekunden später. Sie war also aktuell online für mich. Ich könnte jetzt kurz mit ihr schreiben.

>Wann bist du dann ungefähr wieder hier?<

>Um den 10. Mai rum<

Verdammt, das war noch über einen Monat hin.

>Magst du dann vielleicht mal mit mir raus gehen? Ich lade dich selbstverständlich ein< tippte ich zuversichtlich und sendete es ab. Es dauerte einige Minuten, bevor der Chat nach oben rutschte und ihre Nachricht ankam.

>Gerne<

Erleichtert seufzte ich auf, sperrte mein Handy und machte mir jetzt schon Gedanken, was wir bei unserem ersten richtigen Treffen machen könnten. 

𝐄𝐱𝐩𝐞𝐜𝐭𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧𝐬Where stories live. Discover now