Achtzehntes Kapitel

855 49 2
                                    

Samstag - 02. Oktober

>> Was bringt dich denn an einem Samstag zu uns? << fragte Theos Mutter an Kay gewandt, die mir Gegenüber saß. Theo hatte sich, ohne zu zögern neben sie gesetzt, sodass ich nun zwischen Carla und Leonard saß.

>> Ich wollte doch unbedingt den neuen Donavan Zuwachs sehen, ganz zu schweigen davon, dass ich euch alle lange nicht mehr gesehen hab << meinte sie und schmollte dann spielerisch. Ich äffte ihre Worte in meinem Kopf nach und betrachtete mein Brötchen, dass ich immer noch nicht angerührt hatte.

Mir fiel es unheimlich schwer in einer Fremden Familie zu sitzen.

>> Ja weil Theo mit dir Schluss gemacht hat, darum warst du lange nicht mehr hier << meinte Carla neben mir. Ich verschluckte mich beinah an meinem Kaffee und wusste nicht, ob ich lachen oder Weinen sollte.

Ich zog meine Augenbrauen beeindruckt in die Höhe und sah zu dem kleinen Mädchen zu meiner Linken, die gerade in ihr Brötchen biss. Sie warf mir einen Blick zu, nickte einmal lächelnd und widmete sich ihrem Kakao.

>> Ich weiß Süße << erwiderte Kay und ich spürte, dass ihr Carlas Worte unangenehm waren. Theos Blick lag entsetzt auf seiner kleinen Schwester, die genüsslich aus ihrer pinken Pferdetasse trank.

>> Ich bin nicht süß << schnaufte die Schwarzhaarige neben mir, die Ihre Haare heute in einem Französischen Zöpfen trug. Ich war zwar erst den zweiten Richtigen Tag hier, aber sogar ich wusste, dass Carla nicht gerne verniedlicht wurde.

>> Und wie lange hat das so gehalten zwischen euch? << fragte ich interessiert, verschränkte die Finger in einander und stützte meinen Kopf darauf ab, während ich zwischen den beiden hin und her sah.

>> Sechs Jahre << beantwortete Theo meine Frage, was das ganze irgendwie noch schlimmer machte. Die beiden mussten also ungefähr mit fünfzehn zusammengekommen sein. Um Himmels Willen. In dem Alter wusste ich nicht einmal, was eine Beziehung überhaupt ist.

>> Du bist wer überhaupt? Ich habe dich hier noch nie gesehen << fragte Kay mit einem Zuckersüßen Unterton.

>> Tabitha. Ich studiere mit Theo << beantwortete ich ihre Frage, die womöglich nett gemeint war, mich jedoch enorm provozierte. Mein Blick glitt zu dem Schwarzhaarigen, der seine Brille wieder zurechtrückte. Meine Augen waren zu schlitzen geformt und er merkte, dass ich sauer auf ihn war.

>> Wie lange bleibst du denn? << fragte Johanna an sie gewandt.

>> Nur heute, ich wollte Stormy mal wieder sehen und wieder etwas reiten << meinte Kay mit einem breiten Lächeln.

>> Na dann lasst uns mal den Tisch abräumen, dann können wir die Pferde gleich heraus holen << sprach Christian. Leonard hatte die ganze Zeit über nur geschwiegen und auf sein Brötchen gestarrt. Keine Ahnung was mit dem Los war aber viel reden hören habe ich ihn noch nicht.

Alle halfen beim Aufräumen, als Kay und Theo jedoch alte Geschichten von damals hoch holten hatte ich mir Carlas Hand geschnappt und sie mit herausgezogen.

>> Wo willst du hin? << fragte die kleine Verwirrt.

>> Keine Ahnung, wo hat man in diesem Haushalt denn mal seine Ruhe? << schnaufte ich. Das Schwarzhaarige Mädchen dachte kurz nach, bevor sie ihre Gummistiefel anzog und sich ihre Pinke Jacke überwarf.

Diese Farben...

Wir sahen schon wieder zu seltsam nebeneinander aus. Während Carla eine blaue Jeans mit einem grauen Pulli, einer Pinken Jacke und Pinken Gummistiefel trug, sah ich aus wie die Hölle. Mein Outfit bestand wieder aus einer Lederjeans, einem Spitzentop, das Bauchfrei war, sowie einer Lederjacke und schwarzen High Heels.

Ich besaß kaum niedrige Schuhe und die, die ich besaß waren mir zu schade für ein Wochenende auf einem Pferdehof. Das kleine Mädchen lief in den Stall und schließlich auf eine Holzleiter zu, die sie hochkletterte. Schwerfällig folgte ich ihr und kurz darauf saßen wir auf eine Art Dachboden, wo Heu gelagert wurde. In einer Ecke lag eine graue Decke über Heuballen, wo sich das Mädchen drauf Schmiss.

>> Hier hat man seine Ruhe. Außer es geht jemand zu den Pferden aber von hier oben kann man alles gut beobachten, ohne dass man gesehen wird << erklärte sie mir.

>> Du magst Kay nicht sonderlich, oder? << fragte ich an Carla gewandt. Seltsam, dass meine einzige Bezugsperson ein achtjähriges Mädchen war. Auf meine Frage hin, schüttelte sie sofort den Kopf.

>> Sie bemerkt es nicht, dass ich älter werde und behandelt mich immer noch, als wäre ich fünf << schnaufte das Mädchen.

>> Geht ja gar nicht << meinte ich gespielt entsetzt und setzte mich im Schneidersitz auf den Boden.

>> Ich mag dich viel lieber, weißt du << kicherte sie ehrlich. Mir fiel es schwer es zuzugeben, aber ihre Worte berührten mich.

>> Ich mag deine Klamotten total gerne << plapperte sie weiter. Ich sah verwirrt an mir herunter und bekam ein schlechtes Gewissen, dass ein Kind meine Kleidung vergötterte.

>> Langsam mag ich so viel Farbe gar nicht mehr so gerne. Aber Mama kauft trotzdem alles in Pink – weil ich ein Mädchen bin << seufzte sie.

>> Dann mach den Mund auf und sag es ihr. Du bist doch sonst auch so vorlaut << erwiderte ich mit einem schiefen grinsen. Das Mädchen schnaufte auf und kam auf mich zu, wo sie sich auch in den Schneidersitz setzte.

>> Ich mag viel lieber Schwarz oder Blau. Aber die hören mir nicht mehr richtig zu, seit Elodie auf der Welt ist << beichtete sie mir traurig und spielte mit einem Heuhalm vom Boden. Ich kaute auf meiner Unterlippe und wusste nicht so recht, was ich sagen sollte.

>> Deshalb habe ich es so gerne, wenn du hier bist << erklärte sie mir. Ich lächelte und wollte gerade etwa sagen, als ich die Stimmen von Kay und Theo wahrnahm.

>> Okay wir spielen ein Spiel. Wir beobachten die beiden und keiner von uns sagt einen Mucks << meinte ich zu Carla und legte mich auf dem Bauch, damit ich von der Holzbrüstung gucken konnte. Das Mädchen nickte, hielt sich den Zeigefinger vor die Lippen und legte sich neben mich.

>> Was macht die dann hier? << fragte Kay und lief auf ein Pferd zu.

>> Ich habe sie eingeladen << rechtfertigte Theo sich und mir wurde bewusst, dass die beiden über mich sprachen.

>> Ach und wo ist sie dann? Wenn ich eingeladen wäre, würde ich mich wenigstens vernünftig benehmen und nicht einfach abhauen << meinte das Blonde Mädchen zu dem jungen Mann. Ich spürte Carlas Blick auf mir, da sie wohl auch verstanden hatte, dass es um mich ging. Meiner Meinung nach brauchte Theo einige Sekunden zu lange, um zu antworten.

>> Sie ist denke ich mit Carla unterwegs, die beiden scheinen sich zu mögen. Tabitha ist einfach nicht der Mensch für Pferde << verteidigte Theo mich halbherzig. Ich rollte entsetzt mit den Augen, als ich sah, wie Kay ihre Hände an Theos Wangen legte.

>>Du stehst auf sie, deshalb ist sie hier. Aber Theo eure Welten sind zu unterschiedlich, sieh sie dir an. Das passt optisch schon nicht. Pass auf, was du ihr anvertraust und wie weit du sie in dein Leben lässt << redete Kay ihm ein. Ich konnte genau sehen, wie ihre Worte auf Theo einwirkten.

Dieses Biest machte mir meine ganze Wette zu Nichte.

Die beiden sahen sich in die Augen und es fühlte sich falsch an dabei zuzusehen. Gerade als ich dachte, dass es nicht schlimmer werden konnte, legte Kay ihre Lippen auf Theos. Ich hielt automatisch die Luft an und verspürte die Lust zu morden.

Ich riss mich zusammen und sah dem Schauspiel zu. Theo stand einfach da, machte keine Anstalt sich zu Bewegen. Für ihn kam es wohl ebenso überraschend, wie für mich. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als Kay sich von ihm löste und eine Haarsträhne aus seinem Gesicht strich.

>> Wir sollten die Pferde auf die Weide bringen << hauchte der schwarzhaarige und öffnete die Erste Box der Springpferde. Schwer atmend rutschte ich zurück, sodass die beiden mich nicht mehr entdecken konnten und rollte mich auf den Rücken, um an die Holzdecke zu starren.

Was war das denn eben? 

𝐄𝐱𝐩𝐞𝐜𝐭𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧𝐬Where stories live. Discover now