Einundzwanzigstes Kapitel

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Sonntag - 03.Oktober

Schweigend richtete ich meine Aufmerksamkeit auf die Musik, die aus dem Radio drang. Mein Sitznachbar konzentrierte sich aufs Fahren und starrte dabei gebannt auf die Straße. Nervös fing ich an auf meiner Unterlippe herumzukauen. Nachdem unsere kleine Diskussion vom gestrigen Abend beendet wurde, hatten wir uns hingelegt und geschlafen.

Aufgrund dessen, dass mir das ganze Familienleben erst einmal wieder reichte, befanden wir uns gegen frühen Mittag im Auto, auf dem Weg zurück zum Campus.

>> Geht es dir gut? << hauchte Theo unsicher in meine Richtung. Ich hatte keinen einzigen Grund sauer auf ihn zu sein. Er konnte küssen wen er wollte, ich benutzte ihn schließlich auch nur für eine dumme Wette. Aber das zwischen ihm und Kay provozierte mich mehr als ich es mir hätte vorstellen können.

>> Natürlich << erwiderte ich nur halb überzeugt auf seine Frage, was er wohl heraushörte. Er seufzte leise und warf einen kurzen Blick in meine Richtung, bevor er sich wieder auf die Straße fokussierte. Ich wollte gerade etwas sagen, als mein Handy einen nervigen Ton von sich gab. Dieser Ton kam nur heraus, wenn eine bestimmte Person anrief.

Schwer atmend drehte ich das Display in meine Richtung und entdeckte den Namen meiner Mutter. Zögernd wischte ich den Hörer in die grüne Richtung und hielt mir das Handy ans Ohr.

>> Hallo << krächzte ich, räusperte mich einmal und starrte benommen aus dem Fenster.

>> Tabby ich habe super Neuigkeiten << trällerte die Frau am anderen Ende des Telefonats. Mein Körper wurde von einer Gänsehaut überzogen. Ihre tollen Neuigkeiten waren meist für mich ein weiter Schritt in die Hölle.

Als sie diese Worte das letzte Mal zu mir gesagt hatte, verkündete sie, dass wir in die Wohnung einer ihrer Eroberungen zogen. Dabei hatte ich den Typen zu dem Zeitpunkt erst einmal gesehen, als ich mir damals mit meinen süßen 15 Jahren ein Glas Wasser aus der Küche holen wollte.

Zu dem Zeitpunkt war er mit nichts anderem beschäftigt, als meine Mutter anzufassen. Ich weiß noch ganz genau, wie seine Hände langsam über ihren Hintern fuhren und er mir ein verschmilztes grinsen schenkte. Ich deutete Theo an, am Straßenrand zu halten, da mir mit einem Mal Übel wurde. Sofort als das Auto hielt, stieß ich die Tür auf und lief über den Grünstreifen auf und ab, während ich tief Luft holte.

>> Die wären? << hakte ich schließlich genauer nach. Wirklich wissen wollte ich es eigentlich nicht, aber ich konnte die Arme Frau nicht immer vor den Kopf stoßen, auch wenn sie es bei mir bis vor einigen Jahren nicht anders getan hatte.

>> Ich bin seit heute offizielle drei Jahre Trocken << verkündete sie stolz. Ich atmete erneut tief durch, bevor ich ein Glückwunsch murmelte. Ich wusste nicht so recht, was ich sagen sollte. Es wäre angebracht sich zu freuen, jedoch überwogen die Erinnerung, was sie mit mir aufgrund des Alkoholes alles verwehrt hatte.

>> Ich dachte, du hast vielleicht nächstes Wochenende etwas Zeit für mich. Wir können meinen Erfolg und deinen Geburtstag nachfeiern << schlug sie vor. Mein Blick huschte zu Theo, der auf seinem Handy herum tippte. Jetzt wo ich abwägen musste, ob ich entweder zu meiner Mutter ging oder alleine am Campus bliebt, hörte sich ein weiteres Wochenende bei den Donavans ganz nett an. Da war niemand, der mich in der Kindheit enttäuscht hatte, oder mich in eine Rolle zwang, die ich nicht einnehmen wollte.

Aber ich konnte meine Mutter nicht wieder absagen. Das letzte mal als ich sie gesehen hatte war vor einem Jahr, ebenfalls an meinem Geburtstag.

>> Ja, klar. Ich komme vorbei << sagte ich ihr schließlich zu. Meine Unterlippe war schon ganz wund, so energisch wie ich darauf herum biss.

𝐄𝐱𝐩𝐞𝐜𝐭𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧𝐬Where stories live. Discover now