Neunundzwanzigstes Kapitel

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Freitag – 08. Oktober

Theo und ich lagen seit zwanzig Minuten völlig übermüdet nebeneinander in seinem Bett. Der Wecker neben seinem Bett zeigte 01:20 Uhr und mir wurde bewusst, dass ich mich langsam auf den Heimweg machen sollte.

Sein Bett war total zerstreut und es ist nicht einmal nur dabeigeblieben. Ich wollte gar nicht wissen, wie die Küchenanrichte und das Badezimmer aussahen, wo wir uns ebenfalls geliebt hatten.

>> Geht's dir gut? << unterbrach er die Stille und fuhr mit seiner Hand durch meine verknoteten Haare. Ich sah alles aber bestimmt nicht gut aus. Meine Haare mussten mir in alle Richtungen abstehen und meine Haut wurde von sämtlichen Knutschflecken und Handabdrücken verziert.

Insgeheim kam ich auch immer noch nicht auf diese ganz andere Art von Theo klar. Wie konnte er von außen so schüchtern und zurückhaltend wirken aber dann bei intimen Sachen so drauf sein.

>> Mir geht es gut und dir? << erwiderte ich auf seine Frage hin. Er brachte ein kehliges Lachen über sich.

>> Bestens << sprach er, fuhr mit der Hand über meine Wange und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Noch nie hatte ich so ein gutes Gefühl bei jemanden und habe mich so geborgen in seinen Armen gefühlt. Was stellte er bloß mit mir an.

>> Ich sollte nach Hause. Ich habe morgen früh noch Uni und muss danach zu meiner Mutter. Da bin ich am besten hellwach, sonst schlafe ich da ein << schmunzelte ich und setzte mich auf. Er strich mit seiner Hand über meinen nackten Rücken und zeichnete meine Wirbelsäule nach.

>> Freust du dich auf deine Mutter? << fragte er interessiert. Ich atmete tief durch und schüttelte schließlich den Kopf.

>> Es wird wahrscheinlich wie immer. Unangenehm und vorgespielt << meinte ich enttäuscht, sammelte meine Unterwäsche zusammen und erhob mich von der Matratze. Am liebsten würde ich mich in die Arme des jungen Mannes kuscheln und zusammenrollen. Die Decke über mich ziehen und einfach einschlafen. Aber das ging nicht. Nicht so schnell.

Nachdenklich schlüpfte ich in meine Unterwäsche und versuchte irgendwie meine Haare zu richten. Seufzend gab ich schließlich auf und band sie zu einem unordentlichen Dutt hoch.

>> Ich fahre dich << meinte er, erhob sich und zog seine Unterwäsche an. Danach zog er eine Jogginghose und ein Hoodie drüber. Verträumt sah ich ihm dabei zu und wünschte mir wieder durch seine Haare wuscheln zu können.

Ich nickte nur auf seine Worte hin und machte mich auf den Weg ins Wohnzimmer, wo ich mein Kleid anzog und meine Handtasche schnappte. Danach sah ich mich im Wohnbereich um, musterte alles von der Küchenanrichte, was sich über dem Boden verstreute.

>> Soll ich dir aufräumen helfen? << fragte ich belustigt. Er schüttelte grinsend den Kopf, stellte alles an seinen richtigen Platz und sah mich abwartend an. Wir gingen hinaus zu seinem Auto und stiegen ein.

Ich wollte noch nicht nach Hause. Am liebsten würde ich nie wieder nach Hause gehen, aber ich konnte ihn jetzt nicht so überfordern. Mich wunderte es selbst, dass ich plötzlich so gefühlsduselig drauf war. Total ungewohnt.

>> Danke das du mich fährst << sprach ich müde.

>> Ist doch klar, ich will nicht das dir was passiert. San Diego ist tagsüber schon nicht zu trauen also läufst du bestimmt nicht nachts in einem kurzen Kleid durch die Stadt << lachte er heiser. Seine rechte Hand wanderte auf meinen nackten Oberschenkel. Stromschläge schossen durch meinen Körper.

Mit der Zeit spürte ich, wie mein Herz auftaute. Meine Schutzmauern sanken zu Grunde und ich wurde verletzlich. Es war das letzte was ich wollte. Nie wieder wollte ich angreifbar werden, aber was sollte so jemand wie Theo mir schon antun können. Er war viel zu lieb und vorsichtig für diese Welt.

𝐄𝐱𝐩𝐞𝐜𝐭𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧𝐬Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt