Achtundvierzigstes Kapitel

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Samstag – 23. Oktober

Carla zupfte an meinem Oberteil herum. Ich drehte mich sofort richtig zu ihr, hob sie auf meinen Arm und setzte sie dann auf den Holzzaun, damit wir Pepper zusehen konnten.

>> Du kommst gerade genau richtig << versicherte ich ihr zufrieden. Sie sah zu Ryan, der uns verwirrt musterte.

>> Mit dem würde ich mich auch nicht Unterhalten wollen, der lutscht Holz << kommentierte sie. Ich lachte leise und zusammen beobachteten wir die Choreografie des jungen Mädchens. Sie ritt auf uns zu und verließ das Feld. Theo stand bereits in den Startlöchern, klopfte seiner Schwester einmal auf den Reit Helm und wurde dann mit Ankündigung auf der Fläche erwartet.

Wie selbstverständlich führte er sein Pferd, passte sich der Bewegung und der Geschwindigkeit an. Es sah unglaublich gekonnt und magisch aus. Ich hatte ihn bis jetzt noch nie eine Choreografie reiten sehen, sondern nur wahllos im Wald.

>> Und? Macht er ein Fehler? << fragte Pepper gebannt und lehnte sich neben uns.

>> Hey! Das ist mein Bruder. Und ihr Freund! << protestierte Carla empört und zog eine Schnute.

>> Fettnäpfchen << kommentierte Pepper ihre Worte und sah mich entschuldigend an. Ich schüttelte nur zur Beruhigung den Kopf.

>> Ich weiß, wie du das meinst. Immerhin ist es ein Wettbewerb << nahm ich sie in den Schutz.

>> Bis jetzt hat Theo noch nie ein Dressur Wettbewerb schlechter als Dritten Platz abgelegt. Er macht das seit er sechs ist << seufzte sie frustriert. Interessiert hörte ich ihr zu und passte gleichzeitig auf, dass Carla nicht vom Zaun fiel. Wir sahen zu, wie ihr Bruder samt seinem Pferd ein Knicks machte und dann das Feld verließ.

>> Wünscht mir glück << trällerte Pepper zufrieden.

>> Viel Glück << rief Carla ihr hinterher und sah zu, wie Pepper sich mit Theo auswechselte. Mein Blick fiel auf den Schwarzhaarigen, wie er elegant vom Pferd stieg, seinem kleinen Bruder Valentin die Faust gab und ihm schließlich die Zügel übergab. Dieser streichelte das Pferd und führte es schließlich wieder in den Stall.

Mit einem lockeren Gang kam er auf uns zu und lehnte sich neben mir an den Holzzaun. Schweigend sahen wir Pepper bei ihrer Choreografie zu. Nachdem alle der Gruppe geritten waren, wurde eine kleine Pause gemacht, um den Platz zu wechseln. Die Menschenmenge begab sich nun zu einem größeren Feld, an dem ich antreten würde.

>> Denk dran. Du kannst alles schaffen, wenn du nur daran glaubst << motivierte Kay mich. Ich zog die Augenbrauen zusammen und drehte mich zu ihr.

>> Du willst nur, dass ich nicht in deinem Namen verliere << stellte ich fest. Sie schnalzte mit der Zunge und winkte ab.

>> Papperlapapp. Und jetzt los << hetzte sie mich und schob mich in Richtung des Starts.

>> Hey Tabitha << rief Pepper. Ich blieb stehen und drehte mich zu ihr. Ein Teilnehmer musste gerade seinen Sattel austauschen. Er hat früh genug gemerkt, dass dieser angeschnitten wurde. Im laufe des Turniers wäre er hochkannt vom Pferd gefallen. Meiner Meinung nach steckt da Ryan hinter, pass auf dich auf << wies sie mich drauf hin. Ich kaute auf meiner Unterlippe herum, nickte dann und lief zu meiner Startlinie.

>> Sieh einer an. Du? Hier? << spottete Ryan, der bereits mit seinem Pferd an seiner Startlinie stand. Zu meinem Bedauern direkt neben meiner. Ich seufzte frustriert.

>> Das muss wirklich unangenehm für dich sein zu verlieren, wenn du andere Leute sabotierst << meinte ich abwertend und ließ den Verschluss meines Helmes zu klicken. Beruhigend streichelte ich Okapy, der eine ernste Miene trug und auf das Feld starrte. Der wusste schon, worum es gleich ging.

>> Bitte nehmen sie ihre Plätze ein, wir starten in drei Minuten << ertönte die Stimme durch das Mikrofon.

>> Ich weiß nicht, wovon du redest << stritt Ryan ab und stieg auf sein Pferd, während er mich abwartend ansah. Ich dachte kurz nach und traf schließlich einen leichtsinnigen Gedanken. Ich schnallte die Verschlüsse von Okapys Sattel auf und nahm ihm alles Unnötige vom Rücken. Ein Raunen ging durch die Menge. War das erlaubt? Keine Ahnung.

>> Was zum Teufel tust du da? << knurrte Ryan entsetzt.

>> Wenn du mich sabotieren willst, dann musst du das wohl an mir höchst persönlich und nicht an meiner Ausrüstung machen << sprach ich selbstsicher und stieg mühsam auf das Pferd. Ich rutschte etwas hin und her, damit ich mich daran gewöhnen konnte ohne Sattel zu sitzen. Selbstsicher nahm ich die Zügel in die Hand und streckte den Rücken durch.

>> Auf der Nummer zwei sehen sie Ryan Michael. Sieger der letzten fünf Jahre. Mit ihm sollte man sich besser nicht anlegen << kreischte der Sprecher. Die Menschenmenge jubelte und ich verkniff mir gekonnt das Lachen.

>> Auf der Nummer drei Tabitha Carter. Sie tritt im Namen von Kaytleen Lenning an, die aufgrund eines Unfalls heute leider pausieren muss. Dies ist Tabithas erstes Turnier, mal sehen, wie sie sich heute schlägt – so ganz ohne Sattel? << sprach er weiter und ich nahm Gekreische aus einer Ecke wahr. Es handelte sich um Pepper, die auf und ab sprang und mich anfeuerte. Kay hielt sich die Ohren zu und Carla wank mir begeistert zu.

Das Ganze wurde langsam ernst und in der Zeit, wo die anderen dreizehn Teilnehmer vorgestellt wurden, spielte ich mit dem Gedanken einen Rückzieher zu machen. Aber dafür war es nun wohl zu spät. Ich musste nicht einmal etwas machen, die Arbeit leistete größten Teils Okapy, der bereits nervös auf der Stelle trabte.

>> Gleich kannst du gerne alles raus lassen großer << hauchte ich und streichelte seinen Hals. Der Countdown wurde heruntergezählt und mit einem Mal ritten alle los. Ich konnte gar nicht so schnell reagieren, wie dies passierte. Zu meinem Glück wusste Okapy direkt bescheid und beschleunigte auf ein unmenschliches Tempo. Ich lehnte mich nach vorne, passte mich seiner Bewegung an und hielt die Zügel fest in der Hand.

Gekonnt holten wir auf und überholten einige, die bereits vor uns waren. Wie von selbst bahnte sich Okapy einen Weg durch die anderen Pferde. Ryan war mit Abstand weit vorne und schien das Gekreische des Publikums richtig zu genießen.

Ich nahm durch die Stimme aus den Lautsprechern wahr, dass bereits einige Teilnehmer raus waren, aufgrund verschiedenster Gründe. Mir war sofort klar, wer an dem ganzen nicht ganz unbeteiligt war.

>> Schneller! Der Typ hat mal dringend eine Niederlage verdient << rief ich meinem Pferd zu. Ich hatte die Hoffnung, dass er mich verstehen würde. Aufgrund dessen hörte ich gar nicht mehr auf Okapy zu motivieren. Dieser Schüttelte einmal seine Mähne und legte dann noch einen Gang zu. Ryan entdeckte uns, wie wir ihm dicht auf den Fersen waren.

Gekonnt wechselte er immer in die Richtung, in der ich gerade überholen wollte. Frustriert schrie ich einmal auf.

>> Du elendiger Mistkerl! << rief ich ihm hinterher und sah sein selbstsicheres grinsen. Nachdenklich kaute ich auf meiner Unterlippe, ritt in dem Moment an Kay vorbei, die sich nervös die Augen zu hielt. Pepper und Carla schwiegen und starrten gebannt auf die Ziellinie, die nicht mehr weit entfernt war.

Theo. Er krallte sich in den Holzzaun und zeigte mit einem Finger auf die Rechte Seite. Ich nickte sanft, deutete an links zu überholen, sodass Ryan erneut nach links ritt.

>> Los! << rief ich Okapy zu, zeigte an, dass er beschleunigen sollte und ritt, dann gekonnt auf die rechte Seite. Ryan konnte dies so schnell nicht realisieren, sodass ich bereits auf gleicher höhe mit ihm war und er nichts mehr tun konnte.

Ich würdigte ihn keines Blickes, wobei ich seinen Gesichtsausdruck gerade nur zu gerne sehen würde. Angespannt lehnte ich mich weiter vor und trieb mein Pferd weiter an, bis wir über die Ziellinie ritten und ein grässlicher Ton durch die Lautsprecher ertönte. Applaus, aber auch Buhlaute kamen aus dem Publikum. Ich sorgte dafür, dass wir anhielten und entdeckte dann Johanna, die auf die Kamera Leute zu lief und die Bilder einforderte.

>> Wir brauchen einige Sekunden, um uns zu besprechen << ertönte die Stimme aus dem Mikrofon.

Waren wir etwa zeitgleich?! 

𝐄𝐱𝐩𝐞𝐜𝐭𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧𝐬Where stories live. Discover now