47

173 18 6
                                    

Christian musste sich dann abends wieder von Robert trennen, was beiden unfassbar schwer fiel. Aber Robert musste am nächsten Morgen noch zu einem Termin, weshalb es besser war, dass sie die Nacht nicht zusammen bei ihm verbrachten. Auch wenn Christians Motivation nicht wirklich groß war, sich wieder von Robert zu trennen. Nachdem sie sich an diesem Abend endlich wieder so nah sein konnten. Aber es half leider alles nichts und deshalb war Christian wieder auf den Weg in das Hotel. Hoffentlich war das einfach bald vorbei.

Da er eben, als er bei Robert war, ihre gemeinsame Zeit genießen wollte, hatte er sein Handy vollständig ausgeschaltet. Als er es anmachte, konnte er direkt viele Nachrichten auf dem Bildschirm sehen. Bilder, die ihm geschickt wurden, von Schlagzeilen über ihn und Robert. Marco, der sich erkundigte, was da denn bei ihnen passiert war. Seine Mutter, die ihn auch ganz verwundert nach dem Interview fragte. Sein Mitarbeiter, der wahrscheinlich auch mit all den Artikeln voll geschüttet wurde und nun wissen wollte, was sie machen sollten.

Am liebsten hätte er sein Handy gegen die nächste Wand geworfen. Wobei, sein armes Handy. Das wäre wahrscheinlich dann doch nicht so eine gute Idee. Aber konnte er nicht einmal seine Ruhe haben? Ohne diese ganzen Nachrichten? Er legte sich auf sein Bett und antwortete zumindest auf die wichtigsten Nachrichten.

Seinem Mitarbeiter schrieb er, dass sie das Ganze erstmal ignorieren würden. Marco schrieb er, dass sie sich da wenn überhaupt mal drüber unterhalten konnten. Und seiner Mutter schrieb er, dass sie sich keine Sorgen machen solle und falls etwas Relevantes passieren würde, dann würde er ihr das schon erzählen.

Eigentlich wollte Christian das nicht schreiben. Er wollte sie nicht anlügen. Aber er hatte momentan einfach keine andere Möglichkeit. Er konnte ihr die Wahrheit einfach nicht erzählen. Abgesehen davon war es schon unfassbar schwer gewesen, ihr von der Trennung von Franca zu berichten, da sie Franca doch schon sehr ins Herz geschlossen hatte. Und er wollte nicht wissen, wie sie reagieren würde, wenn er das mit Robert erzählte. Immerhin hatte er sich nie wirklich vor seinen Eltern geoutet. Er dachte sich zwar, dass es zumindest für seine Mutter nicht vollkommen überraschend käme, aber es gab in der Vergangenheit einfach nie einen Grund dazu. Er war immerhin immer nur mit Frauen zusammen gewesen. Außerdem war es so doch deutlich bequemer gewesen. Das würde sich dann wohl in absehbarer Zeit ändern.

Zuletzt las sich Christian noch einige der Schlagzeilen durch, die ihm geschickt wurden. Sein Mitarbeiter hatte da wohl eine ganz gute Auswahl getroffen, dachte er sich.

"Lindner äußert sich zur zukünftigen Koalition und Robert Habeck."

"FDP Chef Lindner: Verhältnis zu den Beteiligten der Koalition kollegial und konstruktiv. Auf Habeck möchte er allerdings nicht eingehen."

"Christian Lindner im Interview über die Koalition und über seine Kollegen"

"Habeck und Lindner: FDP Chef äußert sich nicht zum Verhältnis, wirkt viel mehr kühl und distanziert"

Er hatte deutlich schlimmeres befürchtet. Die meisten Schlagzeilen gingen nicht so weit, wie er befürchtet hatte. Es wurde zwar spekuliert, aber kaum jemand ging so weit, über eine mögliche Beziehung zwischen den beiden zu schreiben. Trotzdem war das natürlich alles sehr viel. Etwas beruhigt konnte Christian dann sein Handy zur Seite legen. Und da es schon spät war, wollte er auch nicht mehr allzu lange wach bleiben. Doch immer wenn er seine Augen schloss, dann sah er wieder Robert vor sich und er spürte selbst bei diesem Bild, dass eine Hitze in ihm aufkam. Was machte Robert nur mit ihm? Er brachte ihn dazu, Dinge zu fühlen, die er so lange nicht mehr gefühlt hatte. Nichtmal mit Franca. Wobei, er sollte sowieso aufhören, Franca immer in einen Vergleich zu ziehen. Das war allen Beteiligten nicht fair gegenüber.

Robert hingegen saß noch etwas länger vor seinem Tablet und las ebenfalls einige Artikel. Abgesehen davon musste er sich noch etwas auf den morgigen Tag vorbereiten. Sie würden morgen das Thema Finanzministerium endgültig abschließen und wahrscheinlich musste auch Robert damit abschließen. Aber wie konnte er Christian das übel nehmen, wenn er ihm sonst gerade so viel gab? Dementsprechend würde er akzeptieren, was am nächsten Tag passieren wird.

Abgesehen davon hatte sich noch sein ältester Sohn gemeldet. Er hatte direkt ein schlechtes Gewissen bekommen. Mal wieder. Andrea und er hatten ihnen nach wie vor nichts erzählt und das sollte erstmal noch so bleiben. Also mussten sie sie anlügen. Und wenn Robert irgendetwas nicht mochte, dann war es zu lügen. Und schon gar nicht seinen Söhne gegenüber. Denn auch sie hatten das nicht verdient. Um die Situation nicht noch weiter zu verschlimmern, versuchte er einfach sich so normal wie möglich zu verhalten. Aber sein Sohn erzählte sowieso mehr aus seinem Leben, als dass er etwas von ihm selber hören wollte. Das war Robert dann doch ganz Recht. Und bald würden sie es ihnen dann endlich erzählen. Bevor er dann auch schlafen ging, schrieb er Christian noch eine Nachricht. Auch wenn er wusste, dass er bestimmt schon schlief. Oder nicht mehr am Handy war.

"Gute Nacht, Christian. Es war schön, dass du heute Abend noch da warst. Nur weiß ich absolut nicht, wie ich morgen überleben soll, wenn ich dich die ganze Zeit sehe, dir aber nicht nahe sein darf. Ich vermisse es definitiv jetzt schon..."

Dann konnte auch Robert mehr oder weniger beruhigt mit dem Tag abschließen. Und hoffte einfach, dass der kommende Tag gut verlaufen würde.

Diese Hoffnung hatte auch Christian, als er sich am frühen Morgen für die Verhandlungen fertig machte. Ihm war natürlich auch bewusst, was inhaltlich heute anstehen würde. Dementsprechend versuchte er sich jetzt schon zu konzentrieren, damit Robert ihn nicht allzu sehr aus der Fassung brachte. Wobei, tat er das nicht sowieso? Naja, Christian wollte zumindest sein Bestes versuchen.

Und als er das Gebäude betrat, zog Marco ihn direkt zur Seite. Überrumpelt ließ er sich mitschleifen und wartete darauf, dass Marco stehen blieb. Das tat er dann auch in irgendeinem kleinen Büro. Christian wusste genau, was er von ihm wollte. Aber er wollte ihm nicht den Gefallen tun, ihm bereitwillig alles zu erzählen. Also wartete er ab, was Marco sagte.

"Christian, was zur Hölle ist bei euch passiert? Dieses Interview gestern kam ja wie aus dem Nichts und hat die Gerüchte durchaus angeheizt. Und offensichtlich scheint es keine Probleme mehr zwischen dir und Habeck zu geben, oder liege ich da falsch?"

Marco klang etwas verärgert. Christian konnte sich selber nicht erklären, was ihn dazu brachte. Immerhin war er nicht in all die Probleme involviert.

"Wow Marco, komm mal wieder runter. Ich hab in dem Interview nichts verwerfliches gesagt. Dass da Dinge interpretiert werden, kann ich auch nicht ändern. Also das hätte bei weitem schlimmer sein können. Und alles andere lass mal meine Sorge sein."

"Nein das ist eben nicht nur deine Sorge. Es geht hier auch um das große Ganze. Stell dir vor, es kommt tatsächlich etwas raus und die Koalition kommt nicht zu Stande. Und was das mit deiner Karriere erst machen würde. Und mit unserer ganzen Partei. Das muss dir doch auch bewusst sein. "

"Es kommt nichts raus. Wir passen in allen Dingen auf, die wir machen. Aber dann sorg du auch dafür, dass nichts raus kommt. Ich dachte die ganze Zeit, dass ich dir vollkommen Vertrauen kann. Aber so wie du hier jetzt auftritst, weiß ich auch nicht was ich davon noch halten soll."

Verärgert schaute Christian zu Marco. Dieser seufzte auf und merkte wohl, dass er da einen wunden Punkt bei Christian getroffen hatte.

"So meinte ich das nicht, Christian. Ich werde nichts verraten. Niemandem. Nur bekomme ich ja mit, was alles geschrieben und gesagt wird. Vielleicht sogar mehr als ihr. Oder bekommst du mit, was deine eigenen Partei Kollegen reden? Über euch beide? Das besorgt mich doch auch einfach nur. "

"Was? Wer redet hinter meinem Rücken? Und was?", fragte Christian schockiert. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet.

"Kubicki beispielsweise. Er hat auch mit anderen darüber spekuliert, wie ihr beide zueinander steht. Und typische Altherrenwitze gerissen."

"Verdammt. Das kann doch nicht sein. Nichtmal Rückhalt aus den eigenen Reihen. Es wird ja immer besser."

Entschuldigend schaute Marco Christian an. Dieser war jedoch unfassbar wütend und seine Konzentration, die er eigentlich heute an den Tag legen wollte, war wie weggeblasen.

Der ganze Lärm um uns Where stories live. Discover now