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Irgendwann tauchte dann auch Robert auf, der offensichtlich schon gewaschen und normal angezogen war. Peinlich berührt schaute Christian auf und wusste nicht wirklich, wie er reagieren sollte. Dies nahm ihm Robert dann jedoch ab, indem er ihn einen Guten Morgen wünschte.

"Da vorne ist das Badezimmer, da kannst du gerne erstmal hingehen. Ich hab dir da Handtücher und Alles andere hingelegt. Und sonst würde ich erstmal dafür sorgen, dass es irgendwie was zum Frühstück gibt, damit wir heute überleben."

Dankend schaute Christian seinen Gegenüber an.

"Ehm Danke, Robert. Es tut mir Leid, dass das gestern so gelaufen ist und dass ich dir jetzt so nen Aufwand mache. Ich bin dir auf jeden Fall irgendwas schuldig."

"Alles gut, sieh es als kollegiale Hilfe an. Und sorg einfach dafür, dass wir hier nachher pünktlich weg kommen."

"Klar, ich beeile mich. Wobei ich wahrscheinlich trotzdem vorher noch nach Hause fahren muss, so wie ich aussehe, sollte ich nachher nicht aufkreuzen."

Robert lachte. Ja, Lindner sah schon etwas lustig aus mit dem zerknittertem Hemd. Es war wohl keine schlechte Idee, sich vorher noch etwas ordentliches zum Anziehen zu besorgen. Robert könnte ihm da zwar eventuell weiterhelfen, doch irgendwie wehrte er sich, Christian Klamotten von ihm anzubieten. Seiner Ansicht nach musste er nicht so weit gehen. Außerdem wäre es ihm höchst unangenehm, wenn jemand von seinen Kollegen mitbekommen würde, dass er Lindner geholfen hatte. Dementsprechend dachte er, dass es wohl die beste Lösung wäre, würde Christian sich noch selber Klamotten besorgen.

Dieser erhob sich dann auch endlich und begab sich in das Badezimmer, auf welches Robert eben gezeigt hatte. Es war hell, minimalistisch, aber trotzdem modern ausgestattet. Und tatsächlich lagen dort extra einige Handtücher, eine Zahnbürste und Duschgel. Etwas unschlüssig, was er tun sollte, stand er dort im Bad. Allerdings sah die Dusche so einladend aus, dass er sich in diese begab. Offensichtlich hatte Robert damit ja gerechnet. Relativ schnell war er dann auch fertig, zog sich wieder seine zerknitterten Klamotten an und trat mit noch nassen Haaren wieder aus dem Badezimmer heraus. Er zögerte jedoch, als er den Flur hinunter blickte. Am anderen Ende lag die offene Küche und in dieser saß der Chef der Grünen. Er saß an dem dunklen Holztisch, hatte seine runde Brille auf der Nase, war in das Tablet vor ihm vertieft und hatte ein weißes Hemd und darüber einen dunklen Pullover an. Irgendwas faszinierte Christian an diesem Anblick. Doch er wusste nicht so genau, was es war. Deshalb versuchte er schnell seinen Blick von ihm zu lösen und ging stattdessen auf die Küche zu. Dort bot ihm Robert auch einen Kaffee und Brötchen an, was er dankend annahm.

Glücklicherweise konnte Christian seine Verlobte Franca mit dem Handy von Robert erreichen, sein eigenes war ja immer noch nicht da. Sie war zum Glück bei ihnen zu Hause, sodass sie ihn reinlassen konnte. Zu Fuß machte er sich, nachdem er sich noch einige Male bei Robert bedankte, auf den Weg dorthin. Er entschloss sich dazu, da der Fußweg wirklich sehr kurz war. Außerdem war es noch so früh, dass kaum jemand schon auf der Straße war. Deshalb beeilte er sich, um endlich an ihrer Wohnung anzukommen.

Als er klingelte und seine Zukünftige vor sich stehen sah, merkte er, wie wütend sie war. Wahrscheinlich zu Recht. Immerhin hatte sie die ganze Nacht nichts von ihm gehört und jetzt stand er plötzlich so vor der Tür.

"Was soll das, Christian? Wo warst du?", stellte sie ihm vorwurfsvoll die Fragen. Ihm war ziemlich klar, dass sowas kommen musste.

"Ich erklär dir das gleich sofort, okay? Ich muss mich nur schnell umziehen, damit ich gleich auf jeden Fall pünktlich wegkomme."

"Ist das dein Ernst? Ich finde, ich hab eine Erklärung verdient. Immerhin hab ich mir die ganze Nacht Sorgen gemacht und hatte keine Ahnung, wo du warst. Und dann rufst du mich einfach von irgendeinem unbekannten Handy an. Was soll das?". Sie gestikulierte mittlerweile wild und ihre Stimme war auch schon deutlich lauter geworden.

"Okay, ich erkläre es dir. Aber lass mich jetzt wenigstens erstmal rein."

Tatsächlich trat sie einen Schritt zur Seite, sodass er reingehen konnte. Christian setzte sich an den Tisch im Wohnzimmer, Franca setzte sich ihm gegenüber. Abwartend funkelte sie ihn an.

"Also gestern Abend war nach den Verhandlungen noch ein Treffen, bei dem wir zusammen etwas Trinken wollten. Hatte ich ja noch von erzählt. Dann hab ich wohl etwas zu viel getrunken, du weißt ja, dass das bei mir schnell aus dem Ruder laufen kann. Robert war offenbar der Ansicht, dass ich es nicht mehr alleine nach Hause schaffen würde und blöderweise hatte ich meine ganzen Sachen im Gebäude, wo die Verhandlungen stattfinden, vergessen. Die sind da übrigens immer noch, deshalb konnte ich dich nicht anrufen. Und ja dann sah Robert es als einzige Lösung, dass ich mit zu ihm gehe und da bin ich bis eben gewesen. Bist du jetzt zufrieden?"

Immer noch wütend schaute die junge Frau Christian in die Augen. Sie glaubte ihm nicht. Irgendwas war an der ganzen Sache komisch. Aber was sollte sie dazu jetzt schon sagen?

"Und dann bist du einfach mit zu Habeck? Warum nicht zu Volker oder Marco [Buschmann]? Das wäre ja wenigstens naheliegend.", fragte sie ihn.

"Marco war gar nicht erst gekommen und Volker war schon relativ früh weg. Also blieb mir keine andere Wahl. Außerdem ist das doch ganz egal. Muss ich mich dafür jetzt ehrlich rechtfertigen?", fragte nun auch er vorwurfsvoll.

"Man Christian, du bist Schuld an der Situation. Dann sieh es wenigstens ein."

Er stand genervt auf, weil er genau wusste, dass es jetzt nichts half, mit ihr weiter zu diskutieren. Deshalb ging er mit schnellen Schritten in ihr Schlafzimmer und zog sich dort um. In wenigen Minuten würde er abgeholt, um zu besagten Gebäude zu fahren, in welchem sie momentan Alle sehr viel Zeit verbrachten. Genervt von dem Streit machte er sich dann also auf den Weg.

Robert machte sich etwas später auf den Weg und dachte über das nach, was gestern und am Morgen passiert war. Die Situation mit Christian war insgesamt sehr komisch gewesen. Immerhin hatten sie zumindest privat nie etwas miteinander zu tun gehabt. Und politisch gesehen waren sie auch absolut nicht auf einer Wellenlänge. Und doch hatten sie sich gut verstanden. Naja, er sollte es positiv sehen. Vielleicht würde es seinen Umgang in den Verhandlungen mit der FDP erleichtern. Auch wenn er weiterhin absolut nicht nachvollziehen konnte, wie diese Partei gewisse Forderungen aufstellen konnte. Naja, eigentlich verstand er generell nicht, wie man Mitglied dieser Partei sein konnte. Aber gut, das musste man nunmal akzeptieren. Auch wenn es schwer fiel.

Der ganze Lärm um uns Where stories live. Discover now