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"Du hast mich doch einmal gefragt, ob die Gerüchte zu Christian und mir wirklich haltlos sind. Und ich habe dir da nicht die Wahrheit gesagt. Nein, sie sind und waren nicht haltlos. Das ist der Grund, warum Andrea und ich uns trennen mussten. Ich kann nichtmal sagen was genau das zwischen Christian und mir ist, wir haben nie wirklich darüber gesprochen, aber es ist auf jeden Fall kein normales Verhältnis. Wir empfinden beide etwas für den jeweils anderen und versuchen irgendwie damit umzugehen. Ich hab mich da wirklich eine längere Zeit gegen gewehrt, weil ich meine Ehe nicht aufgeben wollte. Aber alles andere wäre einfach falsch gewesen. Und das mit Christian fühlt sich einfach unfassbar richtig an. Ich hoffe du bist jetzt nicht vollständig verstört. Aber ich musste das einfach mal loswerden."

Annalena hörte ihm aufmerksam zu. Sie schien noch immer in einer Schockstarre zu sein, doch dann bildete sich langsam ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Dies verwunderte dann wiederum Robert.

"Dann hatte ich also doch Recht. Ich hätte zwar nicht gedacht, dass es so ernsthaft ist, aber ich hatte doch irgendwie so ein Gefühl. Und nein, keine Sorge, ich verurteile dich beziehungsweise euch da nicht für. Was kann man schon gegen die Gefühle machen? Richtig, in der Regel nicht wirklich viel. Also von mir kannst du Unterstützung erwarten. Wobei ihr euch natürlich im Klaren darüber sein müsst, was passieren kann. Aber wahrscheinlich habt ihr da nicht nur einmal drüber nachgedacht, so wie ich dich kenne. Wer weiß es denn eigentlich sonst noch?"

Robert war unfassbar erleichtert, als er diese Worte hörte. Auf Annalena war tatsächlich Verlass.

"Abgesehen von dir weiß es Buschmann, der ist ja auch ziemlich gut mit Christian privat befreundet. Und sonst natürlich Andrea und Franca, da war es natürlich notwendig, reinen Tisch zu machen. Aber du kannst dir nicht vorstellen, wie erleichtert ich gerade bin."

"Oh, das sind ja wirklich nicht viele. Von mir wird es auf jeden Fall niemand erfahren. Aber die Frage muss ich dir jetzt trotzdem noch stellen, wieso Christian Lindner? Immerhin seid ihr doch wirklich verschieden, er ist ja nicht grundlos Liberalo und du in der einzig richtigen Partei." Annalena musste grinsen, als sie das aussprach.

"Wenn ich das wüsste. Es passt einfach, dass hätte ich mir ehrlich gesagt auch nie ausdenken können. Aber du hast es eben ganz passend gesagt, was kann man schon gegen die Gefühle machen? Aber glaub mir, wir geben wirklich alles, um möglichst professionell zu sein. Gerade in dieser Situation, in der wir gerade sind. "

Annalena nickte einfach nur und Robert sah dies als Zustimmung. Er hätte sich wirklich nicht erhofft, dass sie so positiv reagieren würde. Aber es erleichterte ihn wirklich. Zumindest mal eine Person, die hinter den beiden stand.

Christian saß wieder in seinem Hotelzimmer. Es war Nachmittags und er wusste, dass er noch nicht zu Robert fahren könnte. Annalena war sicherlich noch bei ihm und es war auch noch viel zu hell. Er könnte ziemlich schnell auffallen. Deshalb verharrte er noch in dem Hotel. Doch er war ziemlich ungeduldig und wusste nicht, was er in der Zeit tun sollte. Vielleicht sollte er mal den Wellness Bereich des Hotels aufsuchen, um sich irgendwie entspannen zu können. Das konnte er in letzter Zeit viel zu selten und heute hatte er einfach mal keine Verpflichtungen. Er schrieb Robert allerdings schnell noch eine Nachricht.

"Ich hoffe, bei euch läuft alles gut. Sag mir Bescheid, wenn ich kommen kann. Dann werde ich mich beeilen ;)"

Also lief Christian in den oberen Bereich des Hotels. Um diese Zeit war dort absolut nichts los und er hatte den ganzen Bereich für sich alleine. Vor ihm erstreckte sich ein Schwimmbecken, mehrere Whirlpools und eine Sauna. Warum war er nicht früher schonmal hergegangen? Naja, es war schon selten, dass er mal Zeit für sowas hatte. Und Zeit hatte er auch nicht wirklich für Sport, deshalb wollte er sein schlechtes Gewissen etwas ausgleichen und zog erstmal ein paar Bahnen in dem Schwimmbecken, bevor er sich in den Whirlpool setzte.

Wie gerne säße er dort nun mit Robert und nicht alleine. Wie gerne würde er ganz generell mehr Zeit mit ihm verbringen und das nicht nur versteckt. Aber diese Idee, dieser Gedanke war wohl eine Utopie. Warum konnte er nicht auch einfach mal glücklich und zufrieden damit sein, was sie nun hatten? Immerhin hatte er vor etwas mehr als einer Woche sich nicht erdenken können, dass es überhaupt eine Chance für sie beide gab. Und jetzt hatten sie diese Chance, aber er wollte schon wieder mehr.

Etwas verärgert über sich selbst schaute Christian wieder auf sein Handy. Robert hatte noch nicht geantwortet. Er hoffte einfach, dass das Gespräch mit Annalena gut verlief. Er konnte sie wirklich nicht einschätzen. Was, wenn sie es absolut nicht gut hieß, was er und Robert machten? Könnte sie Robert so sehr ins Gedächtnis reden, dass er seine Entscheidung nochmal überdachte? Wie großen Einfluss hatte sie auf ihn? Er konnte es überhaupt nicht einschätzen. Und mit jeder Minute, die ohne eine Nachricht von Robert verging, wurde er nervöser. Er kannte ihn und sein Umfeld einfach noch nicht gut genug.

Anstatt sich also zu entspannen, saß er sehr angespannt in dem Wasser. Genervt seufzte er auf, seit wann hatte er eigentlich solche Stimmungsschwankungen? Vor einer Stunde war er noch richtig gut gelaunt, nach dem Erfolg mit der Wohnung und der Aussicht, dass er Robert heute noch sehen würde. Und jetzt? Jetzt zweifelte er schon wieder. Anstatt dass er Robert einfach mal vertraute. Erst als Robert ihm eine Nachricht schrieb, dass es sehr gut gelaufen war, konnte Christian wieder etwas klarer denken. Erleichterung machte sich in ihm breit. Dann konnte einem schönen Abend mit Robert tatsächlich nichts mehr im Weg stehen. Und er sehnte sich wirklich sehr danach. Immerhin hatten sie sich jetzt einige Tage nicht treffen können.

Da er trotzdem noch Zeit überbrücken musste, bis er tatsächlich zu Robert fahren konnte, ließ er sich viel Zeit dabei sich wieder frisch zu machen. Und er telefonierte noch kurz mit seiner Mutter, die irgendein technisches Problem mit ihrem Handy hatte. Aber aus der Ferne konnte auch Christian dies nicht lösen, so versiert er auch eigentlich auf diesem Gebiet war. Mit einem etwas schlechten Gewissen, da er immer noch nicht in seine Heimat gefahren war, verabschiedete er sich dann auch wieder von seiner Mutter. Wahrscheinlich sollte er es nicht mehr allzu lange verschieben, bis er mal wieder dorthin fuhr. Aber gerade war es doch deutlich angenehmer die Zeit mit Robert zu verbringen. Und weniger Stress war es auch definitiv.

Abends machte sich Christian dann auf dem Weg zu Robert. Das gute am Winter war ja, dass es schon so früh dunkel war. Dementsprechend hatten sie dann auch mehr Zeit, die sie zusammen verbringen konnten. Bevor er jedoch ausstieg, wartete Christian, da in der Straße ein Auto langsam entgegen kam. Er hoffte einfach, dass er nicht bemerkt wurde. Wobei, eigentlich konnte er gar nicht bemerkt werden, denn er hatte jegliches Licht am und im Auto ausgeschaltet. Im anderen Auto saß tatsächlich einfach eine ältere Frau, die dann langsam aber sicher an ihm vorbei fuhr und ihm keine weitere Aufmerksamkeit schenkte. Als Christian sie nicht mehr sehen konnte, stieg er endlich aus dem Porsche aus und klingelte ungeduldig bei Roberts Namensschild.

Für Christian dauerte es viel zu lange, bis die Tür dann endlich aufging. Schnell lief er die wenigen Treppenstufen hoch, bis er endlich Robert sah, der am Türrahmen angelehnt stand. Es erinnerte ihn sehr an die Situation in Dänemark. Da stand Robert auch so vor der Hütte, als Christian ankam. Und Christian tat genau das, was er auch in Dänemark getan hatte. Er umfasste Roberts Gesicht und legte endlich seine Lippen auf die seines Gegenübers. Endlich war dies wieder möglich, nach einigen Tagen, in denen sich beide unfassbar zusammen reißen mussten. Und diese Zärtlichkeiten nicht austauschen konnten. Robert zog Christian in die Wohnung, ohne sich allerdings von ihm zu trennen. Denn das war das letzte, was sie beide wollten. Sie wollten sich vielmehr endlich wieder so nah sein, wie sie es erstmals in Dänemark waren. Deshalb verschwanden sie auch relativ schnell in Roberts Schlafzimmer, ohne auch nur ein Wort gesprochen zu haben. Denn ihre Gefühle sprachen für sich.

Der ganze Lärm um uns Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt