24. Nächtliche Entführung

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„Verstehe, ich auch.", erwiderte er. Kurz dachte er nach, ehe Nate, „Wenn du willst kann ich dir vielleicht etwas zeigen.", vorschlug.

Gekünstelt panisch hob ich die Hände hoch: „Bitte lass' deine Hose oben."

Das brachte ihn zum kurzen Auflachen, was seine geraden und weißen Zähne hervor brachte. Verflucht, vielleicht war es gut, dass ich ihn bisher selten lachen gesehen habe. Selbst das war nämlich verboten attraktiv und würde mich schneller um den Verstand bringen als dass ich wegschauen könnte.

„Wer von uns beiden denkt jetzt anzüglich? Ich oder du?", hob er belustigt die Augenbrauen.

Das quittierte ich nur mit einem amüsierten Augenrollen: „Du färbst anscheinend ein bisschen zu viel ab. Das ist definitiv ein Zeichen, dass wir uns zu oft über den Weg laufen."

Schließlich gab ich mich dennoch geschlagen. Ich hatte ohnehin nichts Besseres zu tun. Mitten in der Nacht. Wer weiß, vielleicht überraschte mich Nate ja wieder. Außerdem war ich auch etwas neugierig. Also stimmte ich ein und folgte Nate.

Gemeinsam fuhren wir mit dem Fahrstuhl nach unten. Von dort führte er mich aus dem Wohngebäude, auf den riesigen, dürftig beleuchteten und menschenleeren Campus. Eine kühle Briese wehte um meine Nase, die ich genießend in meine Lunge strömen ließ. Die frische Luft tat meinen erhitzen Gedanken gut. Sogleich fühlten sich mein Kopf leichter an.

„Du willst mich jetzt aber nicht in einen Hinterhalt locken, umbringen und meine Leiche dann zerstückeln?", ich hob eine Augenbraue.

„Was denkst du bloß von mir?!", er drehte sich im Laufen zu mir und griff sich betroffen ans Herz: „Außerdem bin ich schließlich noch auf Bewährung, schon vergessen?"

Bei der Anspielung auf unser Kennenlernen schlich sich erneut ein unwillkürliches, leichtes Lächeln auf meine Lippen. Schon komisch, dass er sich so gut an unser erstes Aufeinandertreffen erinnern konnte. So gut, dass es quasi zu einem Insider zwischen uns geworden ist. Obwohl er seit dieser Nacht vermutlich einige neue Bekanntschaften gemacht haben musste.

Wenn ich selbst darüber nachdachte, waren meine Erinnungen an die Abschlussparty ebenso klar und deutlich. Ich konnte mich an unsere Gespräche erinnern, meine Gedanken und Emotionen, die ich gespürt hatte, als wäre es erst gestern gewesen.

Ein merkwürdig warmes Gefühl schwappte für eine verstreichende Sekunde durch meinen Magen. So kurz, dass ich glaube mir das eingebildet zu haben.

„Achtung, hier entlang.", er bedeutete mir zu folgen.

Wir verließen den gepflasterten Weg, der durch den Campus führte. Stattdessen liefen wir quer über die dunkle Wiese. Hoffen wir mal, dass hier keine Steine oder Wurzeln liegen. Ich wäre die erste, die sich auf die Nase legen würde.

Darauf bedacht nicht zu stolpern, folgte ich ihm. Was wollte er mir bloß zeigen? Ich glaube, dass ich noch nie in dieser Ecke des Campus war. Auch wenn ich von mir selbst behaupten würde, dass ich mich mittlerweile ganz gut auskannte.

Interessiert sah ich mich um, was angesichts der Tatsache, dass es stockdunkel war, nicht wirklich viel brachte.

Also wandte ich mich stattdessen an Nate, um die Stille zwischen uns zu unterbrechen: „Wieso bist du eigentlich noch wach?"

Er zuckte mit den Schultern: „Der übliche Kram: Telefonate mit meinen Eltern."

Überrascht sah ich zu dem Blondschopf, der neben mir lief: „Du hast mit deinem Vater und deiner Mutter telefoniert?"

„Naja, wenn man es so nennen will. Meine Mutter war emotional nicht in der Lage sozial zu interagieren. Also habe ich stattdessen mit meinen Großeltern gesprochen. Sie meinten, dass sie bereits seit zwei Tagen kein Wort mehr von sich gegeben hat.", angestrengt strich er sich über seine Stirn: „Tja und mein allerliebster Vater hat auch noch angerufen, um mich von der Idee zu überzeugen über die Feiertage nach Hause zu kommen.", Nate setzte ‚nach Hause' mit seinen Fingern in symbolische Anführungszeichen: „Als ob ich mich im selben Haus, in dem mein narzisstischer Vater wohnt, entspannen könnte.", stieß er spöttisch aus. Nate wirkte so niedergeschmettert und bitter zugleich, dass ich mir gar nicht vorstellen wollte wie er sich im Inneren wirklich fühlte. Wenn eine Familiensituation die Bezeichnung katastrophal verdient hatte, dann seine. Und ich konnte ihn in jedem Punkt verstehen. Ich wäre vermutlich schon längst daran zerbrochen. In dieser Hinsicht hielt ich ihn für unfassbar stark.

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