24. Nächtliche Entführung

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Ich legte mein Handy beiseite und setzte mich auf. Vielleicht brauchte ich Bewegung, damit mein Körper die Müdigkeit bemerkte. Also beschloss ich mir auf dem Gang meiner Etage die Beine zu vertreten. Leise öffnete ich meine Zimmertür. Im Flur meiner Wohnung zog ich meine schwarzen Chucks an. Anschließend schnappte ich mir meinen Schlüsselbund und trat aus der Wohnung. Auf den Flur, auf dem noch Licht brannte. Immerhin war es Freitag. Die wenigsten Studenten schliefen schon. Einige waren bereits heute zu ihren Eltern gefahren. Der Rest läutete die semesterinternen Feiertage mit einer ordentlichem Partynacht ein.

Zwar hörte ich ein leises Murmeln aus den Wohnungen des Gangs, doch der Gang schien menschenleer zu sein.

Ich fuhr mir angestrengt durch das Nest an Haaren, was sich auf meinem Kopf befand. Gerade als ich um die Ecke bog, stieß ich gegen eine große Gestalt, so dass ich zwei Schritte zurücktaumelte. Hastig ruderte ich mit den Armen und versuchte mein Gleichgewicht zu halten, um nicht auf den Teppichboden zu krachen.

„Verdammte scheiße, pass doch auf!", fluchte ich reflexartig.

Ich brauchte einen Augenblick, um mich zu sammeln. Während ich mir die Stirn rieb, die gegen die —zugegebenermaßen trainierte — Brust geprallt war und nun etwas schmerzte, sah ich zum Übeltäter hinauf.

„Dito!"

Nate! War es eigentlich möglich nicht zufällig auf ihn zu treffen? Oder hatte sich das Schicksal einen Spaß daraus gemacht mich immer wieder mit ihm in Berührung zu bringen? Wenn ja, hatte der Scherz sein Amüsement längst verloren. Wenn das jemals lustig gewesen war. Mittlerweile konnte ich beinahe fest damit rechnen, dass ich Nate antraf sobald ich die Tür meiner Wohnung verließ.

Nate rieb sich kurz über die Stelle seines Brustkorbs, gegen die ich geprallt war: „Man hast du einen Dickschädel."

Er schien seine Bemerkung super witzig zu finden —zumindest seinen zuckenden Mundwinkeln nach zu urteilen.

Genervt legte ich den Kopf schief und hob die Augenbrauen an.

„Schon gut, war nicht einer meiner Besten.", wehrte er ab und strich über sein graues Shirt, in dem sein Oberkörper steckte.
Um seine Beine schlang sich eine schwarze Jogginghose, die, gemeinsam mit den zerzausten Haare, die definitiv verwuschelter als normalerweise waren, nahelegten, dass er ebenfalls drauf und dran war ins Bett zu gehen.

„Kannst du auch nicht schlafen?", fragte er schließlich und steckte seine Hände in die Hosentaschen, indessen er zu mir hinunter sah.

Wieso war er auch so ein Riese? Ich kam mir neben ihm wie ein Zwerg vor, obwohl ich nichtmal klein war.

„Nein, eigentlich schlafwandle ich gerade.", entgegnete ich ironisch und verschränkte die Arme. Könnte ich schlafen, wäre ich nicht gegen den Vollidioten geprallt. Dann würde ich jetzt nämlich träumend in meinem weichen Bett liegen. Der fehlende Schlaf war wohl auch für meine miserable Laune zuständig.

„Du bist definitiv wach. Außer du bist im Schlaf genauso ironisch wie im wahren Leben.", er kniff die Augen gespielt fragend zusammen.
Sein Blick, die zusammengekniffenen Augen und gekräuselte Stirn, lösten meine mürrische Haltung einen kurzen Moment auf. Für einen Augenblick entglitten mir meine Mundwinkel zu einem unbeabsichtigten Lächeln.

Man, ich verfluchte mich, dass ich seinem idiotischem Charme manchmal, wie jedes andere Mädchen, für einen kurzen Moment erlag.

„Witzig.", ich schlug ihm spielerisch gegen die Schulter. Zu spüren schien er das kaum, da er, bis auf ein zufriedenes Grinsen, nicht darauf reagierte. Er sollte lassen, was auch immer er mit mir anstellte: „Ich muss mir mal die Beine vertreten."

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