22. ‚Date' mit Josh vs. Körperkontakt

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„Ein Freund von mir hatte Schwierigkeiten und dringend meine Hilfe gebraucht.", umschrieb ich schließlich.

„Oh, etwas Schlimmes?"

„Ziemlich, ja.", war alles was ich noch sagte. Ich würde ihm jetzt sicher nicht von Nates schwieriger Familiensituation erzählen. Dazu hatte ich kein Recht, außerdem würde Josh ohnehin nichts mit diesen Informationen anfangen können. Er kannte Nate schließlich nicht wirklich. Irgendwie fühlte es sich gut an, dass Nate mir diese Dinge anvertraut hatte. Auf eine absurde Art und Weise schien uns das noch mehr zu verbinden als ohnehin schon. Es war wie ein kleines Geheimnis zwischen uns, was nur uns gehörte. Mal von dem offensichtlichen Geheimnis, dass wir schon zwei Mal Sex hatten, abgesehen.

Josh entfloh ein verschmitztes Lächeln, indessen er die Speisekarte beiseite legte: „Du bist noch genauso hilfsbereit und fürsorglich wie früher. Ich kenne sonst niemanden, der für seine Freunde alles stehen und liegen lassen würde. Diese mühelose Selbstlosigkeit mochte ich schon immer an dir."

Perplex über sein aufrichtiges Kompliment bekam ich nur ein vorsichtiges: „Danke.", zustande, währenddessen sich meine Wangen leicht rosa färbten.

„Aber dann brauchst du ja trotzdem noch einen Praktikumsplatz, richtig?", resultierte er nachdenkend.

„Ja, darüber habe ich auch schon nachgedacht. Vielleicht...", setzte ich an, wurde allerdings durch das Auftauchen des Kellners unterbrochen: „Guten Abend und herzlich Willkommen in unserem Restaurant, haben Sie sich denn schon entschieden?"

Erschrocken fuhr ich zusammen. Das konnte doch nicht wirklich wahr sein!
Ich wandte meinen Blick versichernd zur Seite nur um Nate auszumachen. Was zur Hölle? Er war Kellner? Mal davon abgesehen, dass ich ihm einen Job, erst recht nicht diesen, zugetraut hätte arbeitete er ausgerechnet in dem Restaurant, in dem ich mit Josh essen ging? Und dann bediente er zu allem Überfluss auch noch unseren Tisch? Das war doch absurd. Die Welt übertrieb es allmählich mit den unnötigen Zufällen, die uns in Kontakt brachten.

Langsam wurde sein permanentes Erscheinen wirklich unheimlich.

Er schaute zunächst zu Josh, ehe sein Blick zu mir schwenkte und aprubt stehen und auf mir liegen blieb.

Er war von der Situation also mindestens genauso überrascht wie ich. Das war ein gutes Zeichen. Immerhin schien er kein Stalker zu sein, was mir ein erleichtertes, leises Ausatmen entlockte.

Blöderweise entstand dennoch sofort eine Spannung zwischen uns, gegen deren Offensichtlichkeit ich anzukämpfen versuchte. Wir sahen uns gegenseitig an, keiner wagte es den Blick abzuwenden. Wie erstarrte Statuen.
Und aus dem Nichts war es wieder da: Dieses aufregende Kribbeln, was sich seit dem zweiten Sex unwillkürlich in meine Brust drängte, sobald er auch nur in meiner Gegenwart auftauchte.

Scheiße, und wieso in Herr Gotts Namen sah er in der einheitlichen Kellnerkleidung so gut aus?
Er trug ein schwarzes Hemd, dessen Ärmel bis zum Ellbogen hochgeschoben waren und seine Unterarmen entblößten, so dass man freie Sicht auf seiner Tattoos hatte. Seine Beine umschlang eine schwarze Stoffhose, die von einem gleichfarbiger Ledergürtel auf seiner Hüfte gehalten wurde. Die dunkelblonden verwuschelten Haare bildeten einen harmonischen Kontrast zur dunklen Kleidung.
Im Prinzip hatte die Kleidung nichts Besonderes an sich. Gar nichts. Immerhin steckte jeder Kellner des Restaurants in demselben farblosen Aufzug. Doch aus irgendeinem, nicht rational erklärbaren, Grund sah Nate darin verboten gut aus. Würde mich kein bisschen wundern, wenn er reihenweise Nummern und Trinkgeld der weiblichen Kundschaft kassierte. Ob er wohl deshalb kellnerte? Wegen des guten Trinkgelds?

„Nate, richtig?", unterbrach Josh rätselnd unseren wortlosen Blickkontakt.

Augenblicklich wandte ich meinen Blick mit geröteten Wangen ab. Verdammt, ich hatte ihn wohl, mehr als offensichtlich, angestarrt. Dafür dürfte ich mir sicher die nächsten Male etwas anhören, in denen wir aufeinander trafen.

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