Kapitel 30

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»Jasmin kommt mit.« Diese Worte waren das Einzige, was Tobias zu Nick und mir sagte, als wir uns nach der Schule auf dem Parkplatz trafen. Nick rempelte vor Überraschung ein Motorrad an, welches so aufgereiht neben Motorrollern und weiteren Motorräder stand, dass wir für den Bruchteil einer Sekunde dachten, gleich würden alle der Reihe nach wie Dominosteine umfallen.

Mir blieb der Mund offen stehen.

Eine Diskussion darüber, ob Jasmin nun mitkommen würde, schien zwecklos. Tobias war restlos überzeugt von ihrer Hilfe, und ich wollte ihm nicht völlig unvorbereitet vor den Kopf stoßen. Einverstanden war ich trotzdem nicht.

Die Vorstellung von Jasmin als Teil unserer Gruppe erschien mir wie pure Ironie. Sie war keine loyale Freundin, aber das konnte Tobias nicht wissen. Er wusste nicht, was Nick und ich wussten. Er hatte den merkwürdigen Mann nicht gesehen.

»Eigentlich gibt es in Gruppen Abstimmungen für sowas.« Ich verschränkte meine Arme vor der Brust.

Nick pflichtete mir bei. »Genau. Bist du jetzt der Anführer oder was?«

Tobias stieg die Hitze in die Wangen. Er sah aus, als hätte er sich gerade ganz heftig verschluckt. Seine Atmung ging stockend.

»Mir wird das echt zu blöd.«, murmelte Nick.

Obwohl ich die Stimme meiner Mutter in meinem Kopf hören konnte, wie sie mir zuflüsterte, Nick sei nicht dazu in der Lage, Dinge ohne seine Fäuste zu regeln, weil er aus dem anderen Viertel kam, hoffte ich, er würde bei uns bleiben. Hier auf dem Parkplatz, wenn wir das Haus von Elenas Tante betreten würden, und auch bis zum Schluss.

»Zu viert wird es bestimmt einfacher.« Tobias warf Jasmin einen flüchtigen Blick zu, der soviel verriet wie: Alles okay, das wird schon!

Nick verdrehte seine Augen und trat kopfschüttelnd einen Schritt zurück. Ihn schien der Gedanke daran, abzuhauen und uns anderen alleine zu lassen, sehr zu reizen. Ich konnte es verstehen und war mit einem Mal fest davon überzeugt, dass Nick uns im Stich lassen würde. Doch das tat er nicht. Nick blieb, und er bildete das Schlusslicht hinter Tobias, Jasmin und mir.

Der Waldweg war breit genug, als dass dort mühelos ein Trecker hätte entlangfahren können. Nach dem ersten Abzweig änderte sich dies schlagartig. Der Trampelpfad, den wir nun entlangliefen, ließ gerade einmal zu, dass Tobias und Jasmin nebeneinander gehen konnten.

»Komisch«, hörte ich Tobias sagen. »Ich glaube, Elena und ich sind damals von der anderen Seite des Waldes gekommen.«

»Das heißt, wir müssen wieder umkehren?« Genervt verlangsamte ich meinen Schritt und schaute mich um. Noch immer grüner Farn wuchs am Wegesrand, obwohl der Winter nahte. Die Wedel des Farns streiften meine Jeanshose und hinterließen dort feuchte Spuren.

»Wir müssen nur den See überqueren, wenn wir nicht zurück zur Hauptstraße oder durch das Gestrüpp dort drüben gehen wollen.« Tobias drehte sich zu mir um, »Am Ufer des Sees müsste ein kleines Ruderboot liegen. Elena hat es mal erwähnt. Ist das für euch in Ordnung, oder werdet ihr schnell seekrank?«

»Das ist in Ordnung.«, sagte ich.

Nick hatte ebenfalls keine Einwände.

Ich ließ mich ein paar Schritte zurückfallen, bis Nick aufgeholt hatte. Er stapfte mit besorgter Miene neben mir durch den Wald und schaute sich dabei regelmäßig um.

»Denkst du, Jasmin hält den Entführer auf dem Laufenden, und er ist hier irgendwo bei uns im Wald?«, flüsterte ich.

Nick sah fast ein bisschen geschockt zu mir.

Elena - Dem Bösen so nahWhere stories live. Discover now