Kapitel 6

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Am nächsten Morgen wurde er sanft von seiner Mutter geweckt, die leise seinen Namen rief und es duftete nach Pfannkuchen. Für eine Sekunde glaubte er fast schon wieder seine eigene Mutter neben seinem Bett stehen zu sehen, doch dann schüttelte er den Kopf und setzte sich schnell auf. Ob es ihr gut ging? Vielleicht konnte Lucas sie ja besuchen ...

»Guten Morgen, Lucas«, sagte seine neue Mutter und lächelte ihn glücklich an. Wenn er daran dachte, dass auch sie zu dieser Gang dazugehörte, wurde ihm schlecht. Am liebsten wäre er einfach abgehauen, aber wohin denn? Außerdem – egal wie sehr er seinen Bruder auch für alles hasste – konnte er ihm das nicht antun. Wer wusste was man dort mit ihm machte ...

»Morgen«, antwortete er verschlafen und tappte hinter ihr her ins Esszimmer, wo es frische Pfannkuchen gab, die er in Sekundenschnelle verdrückte und dann wieder in sein Zimmer ging um sich umzuziehen und für die Schule fertig zu machen. Das nächste Mal sollte er sich vielleicht vorher umziehen. Sein Vater hatte ihm diesen missbilligenden Blick zugeworfen.

Seufzend packte er seine Schulsachen ein und wollte nicht an den Schultag denken, der vor ihm lag. Er würde am liebsten einfach zu Hause bleiben.

»Mister Andrews begleitet dich heute zur Schule«, berichtete seine Mutter, die gerade aus der Küche kam, als er die Treppen runterlief. Lucas seufzte innerlich. Na super. »Hat denn gestern alles geklappt? Habt ihr etwas zu Abend gegessen? Bist du pünktlich ins Bett? Du siehst so müde aus«, fing sie dann plötzlich an.

»Alles bestens«, grummelte er und zog sich seine Schuhe an. »Davon abgesehen dass Drew mich töten würde«, fügte er noch leiser hinzu, aber seine Mutter hörte ihn gar nicht mehr, war schon wieder in der Küche verschwunden.

Einige Minuten später kam Drew aus der Küche. »Guten Morgen«, sagte er tonlos, zog sich Schuhe und Mantel an und winkte ihn mit dem Kopf nach draußen.

»Morgen«, grummelte Lucas leise, war immer noch sauer. Hoffentlich ließ er ihn in der Schule wenigstens alleine.

Draußen öffnete Drew ihm die Tür zu einem schwarzen SUV. »Steig ein.« Als er ums Auto ging um einzusteigen, äffte Lucas ihn leise nach und fühlte sich ein bisschen zu gut dabei.

Drew warf sobald er eingestiegen war einen prüfenden Blick zu Lucas, ob dieser sich auch wirklich angeschnallt hatte, ehe er die Handbremse löste und losfuhr. Aus den Autolautsprechern dudelten Radiohits und Lucas ertrug es nur zwei Minuten. »Hörst du keine richtige Musik? Hast du so gar keinen eigenen Musikgeschmack? Kann ich vielleicht einfach Musik anmachen?«

»Ich mag Radiomusik«, sagte Drew schulterzuckend und ignorierte die letzte Frage.

»Oh mein Gott, du bist so ein Boomer«, ächzte Lucas und war drauf und dran wenigstens einen anderen Radiosender anzuschalten, hatte aber Angst, dass er Ärger von Drew bekommen würde.

Nach einigen weiteren quälenden Minuten hielt Drew vor der Schule, machte den Motor aus und stieg ohne Kontext aus dem Auto. Als Lucas ebenfalls ausstieg sah er, dass er rauchte und sich wartend an das Auto gelehnt hatte. »Willst du nicht zurück fahren?«

»Nachdem ich gesehen hab, wie du ins Gebäude rein bist.«

Lucas verdrehte die Augen. »Und wenn ich noch draußen bleiben will auf dem Schulhof? Beobachtest du mich dann aus der Ferne wie ein Stalker?«

»Dann warte ich bis es klingelt.«

»Du übertreibst«, sagte Lucas angepisst. »Ich hau nicht ab. Aber ich will auch meinen Freiraum. Ich bin kein Kind.«

»Ich tue nur das, was mir gesagt wird«, sagte Drew und zog wieder an seiner Zigarette. In Lucas blitzte der Gedanke auf, dass vielleicht auch er keine andere Wahl hat, als irgendwelchen Befehlen zu folgen, doch er warf ihn gleich wieder weg, hatte wirklich keine Lust das was er tat irgendwie nachzuvollziehen und war stattdessen einfach weiter sauer.

LuanWhere stories live. Discover now