Spiel der Liebe

By Tyskerfie

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Annika wächst bei ihren Großeltern in London auf, die alles darauf setzen sie zu einer richtigen Dame zu erzi... More

Handball ist die Rettung - oder?
Die Spiele beginnen
Die erste Bewährungsprobe
Der Ball
Machtkampf oder Reiz?
Idioten
Lieber Stolz...
Nick vs. Annika
Mexican Beats und arrogante Vollidioten
"Aber heiß ist sie ja schon"
Immunität
Die Könige von Carmelot - oder so...
Gitarrenspiel und Eifersucht
Kaffee oder Arroganz?
Kennenlern-Schwierigkeiten
Und der Gewinner ist...
Kampf der Giganten
Ball Ball bald
Oh liebes London...
Keine Schlauheit
Kleider Koffer Kommunikation
Schnell erledigt
Überraaaschuuung!
Schottland und Orangenlikör
Familiärer Herbst
Champagner-Schock
Feuer und Fackel
Nächtliche Nässe
Kokosküche
Burgball
Kastanienkuss
Stille Stunden
Gefühlstraining
Wütende Würfe und anziehende Abwehr
Nicks Neue
St. Alberts Elefanten
Blutige Gefühle
Carmelot Künstler
Hornbrille und Handball
Lieblose Liebe
Verhaltenes Verhalten
Machtworte
Zwei Minuten
Bedeutungen und Ballanalyse
Bier und Barklay's
Winterball
Sekt und Schulden
Blickkontaktsromanze
Brennende Eiseskälte
Mondscheinmächte
Klammern
Verliebt
Verdammte Ehrlichkeit
Liebesdreher
Paddington-Bären
Verliebt und verarscht
Trübsal und Tränen
Weihnachtsferien und William
"Komm zurück..."
Cornwall-Charme
Hey
Egoistische Ereignisse
Glück und Geschichte
Lilien in London
Verächtliche Vergangenheit
Rosengarten-Romanze
Angriff
Qual der Wahl
Volle Kannen
Meistermanieren
Danksagung + Info <3

Neue Schule - Neues Leben?

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By Tyskerfie

Annika schaute aus dem Fenster des Schnellzuges. Die grünen Laubbäume huschten an ihr vorbei. Schon nach wenigen Sekunden lagen sie weit hinter ihr.

Seufzend wandte Annika sich vom Fenster weg und schaute auf die Uhr. Noch eine knappe Stunde, dann würde sie endlich da sein. Sie kramte in ihrer Tasche herum und holte ihr iPhone und ein Buch hervor. Sie drückte sich Stöpsel in die Ohren, machte Musik an und begann in ihrem Buch zu lesen. Unwillkürlich musste sie jedoch an den Tag denken, an dem ihre Oma ihr erzählt hatte, dass es mit dem Stadtleben vorbei war. Sie hatte in dem rosa Sofa ihrer Großmutter in demselben Buch gelesen, wie jetzt.

Es war ein schöner Nachmittag gewesen, goldene Sonnenstrahlen hatten das Wohnzimmer, in dem sie saß, durchflutet. Diana Cullum hatte lautlos das Zimmer betreten, kerzengerade im Türrahmen gestanden und Annika in ihrer gelangweilten Stellung, wie sie es interpretierte, betrachtet.

"Annika! Wie liegst du da? Das ist eine sehr unschickliche Haltung für eine junge Dame!" Dianas strenge Stimme schnitt durch die Luft.

"Oh, Großmama!" Annika schreckte hoch. "Entschuldige bitte, ich war so in mein Buch vertieft, ich habe gar nicht gemerkt, wie ich gelegen, äh, gesessen bin..." Als Annika sich aufrappelte und sich unter dem zufriedenen Blick ihrer Oma ordentlich hinsetzte, verdrehte sie unbemerkt ihre Augen, ohne dass ihre Großmutter es bemerkte. Sie hasste die Strenge ihrer Oma. Immer ging es darum, was für eine Frau schicklich war oder nicht. Das konnte doch egal sein, solange man alleine war! Außerdem interessierte sich im einundzwanzigsten Jahrhundert sowieso niemand dafür, außer, Annikas Meinung nach, ihre Oma.

"So ist es besser", sagte Diana, als Annika mit geradem Rücken und aneinander geschmiegten Beinen auf dem antiken Möbelstück saß. Ihre Großmutter ging mit kleinen Schritten zu einem der großen Fenster und betrachtete die vielen unter ihr vorbeifahrenden Autos.

"Ach, diese schreckliche Stadtluft! So unsauber und schädigend. Meinst du nicht auch, Annika, dass ein wenig Landluft keinem schaden würde?", fragte Diana, ohne ihren Blick von der Straße abzuwenden. Zu dem Zeitpunkt hatte Annika die Andeutung ihrer Oma noch nicht verstanden.

"Doch, sicherlich, Großmama", antwortete Annika, ohne dass sie aufhörte zu lesen.

"Ich habe etwas für dich, Annika." Diana drehte sich um und schaute ihr Enkelkind eindringlich an. Erst jetzt bemerkte Annika, dass ihre Großmutter etwas in der Hand hielt. Sie nahm das Faltblatt entgegen, als ihre Oma es ihr reichte. Schon als sie den Titel las, machten sich böse Vorahnungen in ihr breit.

"Die Carmelot Schule -Ein Internat für wohlerzogene junge Frauen"

Annika betrachtete kurz das Bild von dem Schulgebäude, blätterte dann um. Einige Sätze sprangen ihr sofort ins Gesicht.

...zu schicklichen Frauen erziehen... Manieren üben... besten Erziehungsmaßnahmen... richtige Ladies...

"Du willst mich in ein Erziehungsinternat stecken?", fragte Annika mit leicht zitternder Stimme. Das war doch nicht ihr Ernst!

"Nenne es wie du willst. Und ja, es ist mein größter Wunsch, dass du dort deinen Abschluss machst. Du wirst dort eine hervorragende Ausbildung genießen können und gleichzeitig lernen, dich wie eine schickliche junge Dame zu benehmen."

Annika konnte ihre Gefühle nicht beschreiben, die sich zu rühren begannen. "Aber Großmama, ich habe nur noch ein Jahr in der Schule hier in London übrig, wieso soll ich für mein letztes Schuljahr die Schule wechseln?" Annika schaute ihre Oma immer noch nicht an.

"Ach, Annika! Stell keine Fragen, bevor du dich nicht ausreichend informiert hast! Die Leute betrachten dich sonst als sehr wenig begabt!", tadelte Diana. Annika verstand den Wink und begann das Faltblatt sorgfältiger zu lesen. Ihre Hände zitterten leicht, als ihre Augen über die Buchstaben flogen.

Die Schulausbildung dauert sechs Jahre... Schüler werden im Alter von siebzehn Jahren angenommen...

Sie brauchte nichts mehr zu lesen.

"Sechs Jahre?" Annika schaute ihre Großmama entgeistert an.

"Annika, wie oft soll ich dir noch sagen, dass du deine Sätze ordentlich zu formulieren hast! Und nein, mein Liebes, du wirst nur fünf Jahre auf diese Schule gehen, du bist ja schon achtzehn Jahre alt."

Annika schaute nachdenklich auf das Faltblatt, während sie noch einmal alles durchging, was sie gerade erfahren hatte. Sie hob den Blick und schaute Diana an. "Ist es schon entschieden?" Annika wandte ihren Blick von ihrer Oma ab. Diese konnte ein breites Lächeln nicht unterdrücken.

"Heute ist die Bestätigung per Post angekommen, du bist angenommen worden!" Diana lächelte siegessicher, der Klang ihrer Stimme zeigte, dass alles schon geregelt war und es kein Zurück mehr gab. "Deine guten Noten haben sich wieder einmal gelohnt." Sie schaute Annika erwartungsvoll an, wartete auf eine Reaktion, die jedoch verzögert und nicht sehr überzeugend kam.

Annika lächelte gezwungen, während ihre Gefühle in ihrem Inneren wühlten. Hoffnungslosigkeit lag wie eine Maske auf ihrem Gesicht. Sie überlegte kurz zu rebellieren, sich gegen die Entscheidung zu sträuben, ihre Mündigkeit als entscheidendes Argument au nennen. Doch noch bevor sie den Gedankengang zu Ende geführt hatte, wusste sie, dass es eine Unmöglichkeit war, sich dem Willen ihrer Großmutter zu widersetzen.

Als sich ihre Gefühle in ihrem Inneren überschlugen, vermochte sie es endlich, diese genau zu deuten.

Es waren Entsetzen und Verzweiflung.


***


Nach einer Viertelstunde hielt der Zug an. Annika schaute von ihrem Buch auf und betrachtete mit einer gewissen Neugierde die Menschen, die in den Zug einstiegen. Eine schwangere Frau. Zwei jugendliche Mädchen, die kicherten und sich gegenseitig anscheinend spannende Sachen zuflüsterten. Ein älterer Herr mit großem Schnauzer. Ein junger Mann fiel ihr sofort auf. Er hatte unglaublich schwarze Haare, die ihm ein wenig ins Gesicht hingen und er trug einen drei Tage Bart. 

Es war jedoch nicht sein unverschämt gutes Aussehen, das Annika auffiel, sondern eher die Art und Weise, wie sich der Mann zu benehmen wusste. Gleich als er zu seinem Platz ging, meinte Annika einen arroganten Unterton in seinem Wesen zu spüren. Er setzte sich hin und holte sofort seinen MacBook aus seiner Umhängetasche heraus. Als das Kind, das ihm gegenübersaß, zu quengeln anfing, sandte der Mann dem kleinen Jungen einen genervten Blick. Annika schüttelte leicht den Kopf. Solche Menschen kannte sie nur allzu gut. Die meisten Bekannten ihrer Großmutter führten sich so auf. Anscheinend konnte man diesen Leuten nicht aus dem Weg gehen. Um nicht an ihre Oma denken zu müssen, versuchte sie sich auf das Buch zu konzentrieren.

Nach wenigen Minuten schwirrten Annikas Gedanken jedoch davon und sie beschloss mit dem Lesen ein anderes Mal fortzufahren. Sie packte das Buch in ihre Tasche und lehnte sich gemütlich in ihrem Sessel zurück. Ihr Blick fiel wieder auf den unsympathischen Herren, der reichlich beschäftigt mit seinem PC war.

Um Himmels Willen, dachte Annika. Hoffentlich würden sich auf der Carmelot Schule nicht alle so aufführen. Wieso saß sie eigentlich in diesem Zug? Wieder einmal fragte sie sich, ob sie sich nicht gegen ihre Oma hatte wehren können. 

Annika kannte die Antwort. Natürlich konnte sie sich nicht gegen Diana Cullum wehren. Familienoberhaupt und Erziehungsberechtigte zugleich. Keine Chance. Auch wenn das hieß, dass sie 250 Kilometer entfernt eine Schule besuchen musste, auf die sie überhaupt keine Lust hatte! Sie musste aus der Situation einfach das Beste machen, eine andere Wahl hatte sie nämlich nicht.

Annika stellte schnell fest, dass sie jeden Moment einschlafen könnte und beschloss deswegen, sich einen Kaffee zu kaufen. Sie richtete sich auf und nahm ihre Tasche in die Hand.

Auf dem Weg zum Speisewaggon suchte sie darin nach ihrem Geldbeutel. Sie atmete erleichtert auf, als sie endlich das braune Leder in der Hand hielt. Kurz hatte sie befürchtet, sie hätte ihr Portemonnaie aus der Tasche verloren.

Annika kaufte einen schwarzen Kaffee und ging vorsichtig, den Blick auf den heißen Kaffee gerichtet, zurück zu ihrem Waggon. Dabei bemerkte sie jedoch nicht, dass der Mann aus ihrem Abteil auf sie zukam. Als der Zug ein wenig ins Schlingern geriet und sie in dem Moment aneinander vorbeigingen, rammte er sie aus Versehen unsanft an der Schulter und nur mit Mühe gelang es Annika den Kaffee nicht zu verschütten. Sie schaute erschrocken zu ihm auf, er jedoch würdigte sie keines Blickes und ging einfach weiter. Annika konnte vor lauter Erstaunen nicht einmal eine Entschuldigung hervorbringen, aber das tat ihr in dem Augenblick auch gar nicht leid. Selbst wenn ihre Großmutter die Situation mitbekommen hätte, wäre es ihr egal gewesen. Wie konnte man nur so unfreundlich sein?


***


Annika hatte ihren Kaffee ausgetrunken und noch in ihrem 'Reiseführer' über die Carmelot-Schule geschmökert, als ihre Haltestelle über die Lautsprecher angesagt wurde. Sie packte ihre Sachen zusammen und zog ihre Jacke an.

Kurz bevor der Zug in den Bahnhof einrollte, ging Annika auf den Flur hinaus. Sie hatte ihren Koffer hinter ihrem Sitz verstaut und so konnte sie ihn einigermaßen mühelos wieder hervorholen. Sie stand schon bei der Tür ihres Waggons, als der Zug endlich ganz anhielt. Mit leicht zitternden Händen drückte sie auf einen grünen Knopf und der Öffnungsmechanismus der Tür wurde in Gang gesetzt. Mit steigender Nervosität stieg sie aus dem Zug und schaute den kleinen Bahnhof entlang. Weiter unten am Bahnsteig erkannte Annika eine Gruppe aussteigender Mädchen, die sich lebhaft unterhielten. Ob sie wohl auch auf die Carmelot-Schule gingen?

Sie begann mit langsamen Schritten den Bahnsteig entlang zu gehen. Ein pfeifender Ton machte auf die Abfahrt des Zuges aufmerksam. Sie schaute den Zug fast desperat an, ein letzter Blick, und ihr altes Leben war vorbei. Ein Blick in den Waggon, zum Abschied einer anderen Welt.

Annika merkte plötzlich, dass sie den unfreundlichen Mann anschaute. Er erwiderte ihren Blick, hielt ihn mit einer Stärke fest, gegen der sie nichts machen konnte. Erst als er wegschaute, war sie von dem scheinbaren Bann gelöst. Der Zug entfernte sich allmählich mehr und mehr und Annika schaute dem Zug nach. Als er außer Sichtweite war, wusste sie, dass sie immer den unfreundlichen Mann mit dem Abschied ihres früheren Lebens in Verbindung bringen würde. Und mit dem Anfang eines ganz neuen Abschnittes.

Sie schaute kurz auf ihre Uhr. Der Zug war ein wenig verspätet gewesen, hoffentlich hatte die Frau, die sie abholen musste, nicht lange gewartet. Bei dem Gedanken musste Annika grinsen. Diana hatte bestimmt den ganzen Tag ihren Opa angemeckert. Es war seine Schuld, dass Annika nicht mit einer privaten Limousine zur Schule gebracht worden war.

"Ich habe Jeffrey Bescheid gegeben, er holt dich Sonntag pünktlich um acht Uhr ab", hatte Diana beim Abendessen einige Tage zuvor erwähnt. Annika hatte die ganze Sache eigentlich schon mit ihrem Opa geregelt. Sie würde Sonntagnachmittag den Zug nehmen, das war Annikas Wunsch gewesen. Sie hatte verstohlen zu ihrem Großpapa hinüber gesehen, der kaum merklich lächelte, er wusste welche Szene jetzt folgen würde.

"Nicht nötig, Darling", hatte er ruhig erwidert. "Annika wird den Zug nehmen. Ich habe ihr schon die Fahrkarte gekauft." Diana hätte beinahe ihre Gabel fallen gelassen. Sie schaute ihren Mann erschrocken an.

"Zug?"

'Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du deine Sätze ordentlich zu formulieren hast!' Annika gab sich alle Mühe, den Mund zu halten. Vorlaut zu sein würde gar nichts bringen.

"Ja, du hast mich verstanden." Dianas Mann war die Ruhe in Person, als er langsam ein Stück von seinem Kalbsmedaillon abtrennte und zum Mund führte.

"William! Kannst du mir bitte einmal erklären, was das soll? Annika wird nie im Leben mit dem Zug fahren!" Annika bewunderte in gewisser Weise ihre Oma. Sie schaffte es immer wieder über Annika in dritter Person zu sprechen, obwohl sie direkt daneben saß.

"Schätzchen, Annika hat es sich so gewünscht, nicht wahr?" William schaute Annika an und zwinkerte ihr kurz zu. Dianas Aufmerksamkeit galt jetzt auch ihrem Enkelkind.

"Wie kannst du es wagen meinen Wünschen entgegen zu gehen?" Dianas Stimme hatte einen schrillen Ton angenommen.

"Großmama, also bitte." Annika konnte nicht anders, jetzt musste sie ihrer Oma widersprechen. "Opa und ich haben alles schon vor einer Woche geregelt. Du hast uns ja erst jetzt davon erzählt, dass du vorhast, mich von Jeffrey fahren zu lassen." Bevor Annikas Oma es schaffte einen Vortrag darüber zu beginnen, dass eine schickliche Dame nie widerspricht, ergriff William das Wort.

"Diana, Liebes, reg dich nicht so auf. Wir haben schon alles vor dir geregelt, nur auf eine andere Weise, als du es gemacht hättest. Daran kannst du jetzt auch nichts mehr ändern." William füllte sein Glas mit Rotwein nach.

"William, es ist sehr unpassend für eine Dame, die einen Chauffeur zur Verfügung hat, mit öffentlichen Transportmitteln zu fahren. Und dann an ihrem ersten Tag in ihrer neuen Schule! Und was ist mit ihrem Gepäck?"

'Hättest du mich nicht an dem Internat angemeldet, würden wir dieses Problem jetzt gar nicht haben.'

"Diana, sei bitte nicht lächerlich. Annika ist keine zehn mehr. Sie ist eine erwachsene Frau, sie kann doch wohl mit einem Koffer hantieren. Außerdem ist es ihr gutes Recht mit zu entscheiden, wie sie zu der Schule gelangen möchte. Bei der Wahl und Anmeldung der Schule hatte sie ja meines Wissens kein Wörtchen mitzureden." William warf seiner Frau einen strengen Blick über den Mahagonitisch zu. Selbst ihm gegenüber hatte seine Frau nichts von der Schule erwähnt. Er war genauso überrascht gewesen wie Annika.

Auf Dianas Wangen zeichneten sich rote Flecken ab. Sie war mit der Situation alles andere als zufrieden, musste aber einsehen, dass sie die Diskussion nicht gewinnen konnte. Sie musste sich geschlagen geben - bis zu einem gewissen Grad.


***


"Annika Cullum?" Annika drehte sich um und blickte in das freundliche Gesicht einer Frau mittleren Alters.

"Ja, das bin ich", entgegnete sie und reichte ihr die Hand. Sie nahm sie entgegen.

"Ich bin Susan Miller, Ihre Klassenlehrerin in diesem Schuljahr. Ihre Großmutter hat Ihnen bestimmt berichtet, dass ich Sie hier abholen würde?" Annika nickte. Diana hatte gleich am Abend der Diskussion bei der Schule angerufen und dafür gesorgt, dass Annika persönlich von einer Lehrerin des Internats abgeholt wurde. So musste sowohl die Würde von Annika als auch von Diana keinen Schaden erleiden.

"Gut. Dann kommen Sie doch bitte mit, ich habe den Wagen auf dem Parkplatz abgestellt."

Während Annika Mrs. Miller folgte, lächelte sie vor sich hin. Ihre Oma hatte ihr Niveau nicht verlassen. Selbst hier auf dem Internat wurde mit der Höflichkeit nicht gespart.

"Verlief die Anreise ohne Schwierigkeiten?", fragte Mrs. Miller, als sie gerade eine steinerne Treppe hinunter gingen, die zu einem kleinen Parkplatz führte. Mrs. Miller warf Annika einen kurzen Blick von der Seite zu.

"Ja, es war alles in Ordnung. Der Zug kam nur leider verspätet an. Ich hoffe nicht, dass Sie zu lange gewartet haben?"

Mrs. Miller lächelte. "Nein, ich war selber zu spät dran, ich bin gerade eben gekommen." Mrs. Miller ging voraus zu einem schwarzen Porsche Cayenne und machte den Kofferraum auf.

"Schmeißen Sie Ihre Sachen einfach hier rein!" Annika bugsierte schmunzelnd über Mrs. Millers umgangssprachliche Ausdrucksweise ihren Koffer hinein und setzte sich auf den Beifahrersitz. Mrs. Miller machte den Kofferraum zu, setzte sich hinter das Steuer und drehte den Zündschlüssel um. Sie fuhr aus der Parklücke heraus auf eine schmale Straße.

"Sind Sie aufgeregt?", fragte Mrs. Miller, nachdem eine Weile Stille geherrscht hatte.

Annika überlegte kurz. "Ein bisschen. Es ist ja alles ganz neu für mich", sagte sie schließlich, während sie neugierig aus dem Fenster schaute. Am liebsten hätte sie gesagt, sie sei nicht aufgeregt, sondern wütend und dass sie am liebsten sofort wieder nach Hause fahren würde. Aber so etwas wäre überhaupt nicht schicklich, dachte Annika bitter.

"So ging es bis jetzt allen Mädchen hier an der Schule. Aber glauben Sie mir, Sie werden sich schnell an alles gewöhnen." Annika nickte nur. Das sagten sie alle. Dabei wusste doch keiner wirklich wie schwer eine solche Situation zu bewältigen war. Völlig neue Umgebungen, völlig neue Mitmenschen und dazu noch der Druck, sein Können unter Beweis stellen zu müssen. Deshalb beobachtete Annika die kleinen Boutiquen der Stadt, durch die sie gerade hindurch fuhren, anstatt zu antworten. Mrs. Miller bemerkte Annikas Interesse.

"Dieses kleine Städtchen wird bald wie Ihr zweites Zuhause, glauben Sie mir. Die meisten Schüler verbringen hier viel ihrer Freizeit. Bei Ihnen wird es wahrscheinlich nicht anders werden."

Sie waren an einer Kreuzung angelangt und hielten bei rot. Da Annika nicht wusste, was sie sagen sollte, begutachtete sie einfach das Café an der Ecke eines mehrstöckigen alten Gebäudes. Sie war froh, als die Ampel auf grün schaltete und die Fahrt weiter ging. Es dauerte auch nicht lange, da hatten sie das kleine Dorf hinter sich gelassen und fuhren auf einer Landstraße, die zwischen einem großen Feld und einem dichten Wald verlief. Wie aus dem Nichts tauchte im Wald plötzlich ein großes eisernes Tor auf. Mrs. Miller bog von der Straße ab und fuhr hindurch. Annika bemerkte zwischen einigen Büschen abseits der Straße ein großes Schild. 'Privatgrundstück der Carmelot-Schule - Unbefugten ist der Zutritt verboten', stand darauf. Sie waren also fast da.

Mrs. Miller fuhr nur noch im Schritttempo durch das waldige Stück Land. Der Weg bog leicht nach links und plötzlich konnte man zwischen all den Bäumen helle Sonnenstrahlen erkennen.

"Nur noch um die Ecke, dann sind wir da!", hörte Annika Mrs. Miller sagen. Gespannt auf den Anblick, der sich ihr jetzt bieten würde, hielt sie den Atem an.

"Herzlich Willkommen, Annika!"

Hinter den letzten Bäumen kam ein riesiges, altes, schlossähnliches Backsteingebäude zum Vorschein. Mrs. Miller führte den Wagen um einen großen Springbrunnen herum und hielt den Wagen vor einer großen Treppe an. Annika stieg langsam aus dem Auto und schaute mit großen Augen das altertümliche Gebäude an.

"Dies ist das Hauptgebäude", erklärte Mrs. Miller, während sie Annikas Koffer aus dem Auto holte. Annika bedankte sich kurz, nahm den Koffer in die Hand und bestaunte weiter ihr neues Zuhause. Es war viel größer, als es auf dem Foto, das im Faltblatt abgedruckt war, ausgesehen hatte. Mrs. Miller begann die steinerne Treppe, die zum Eingang führte, hinaufzugehen, aber Annika blieb noch kurz stehen und warf vorläufig einen letzten Blick auf das imposante Gebäude. Mit den großen Fenstern und Verzierungen an den Außenwänden sah es wirklich fast wie ein Schloss aus.

"Kommen Sie, Annika! Wir werden Sie jetzt einlogieren!", ertönte Mrs. Millers Stimme vom obersten Treppenabsatz. Sie hielt Annika die Tür auf, als sie die Eingangshalle betrat. Annika stockte der Atem, als sie diesen kleinen Teil des Gebäudes von innen sah. Sie stand auf einem schwarz-weiß gekachelten Marmorboden und blickte in einen Raum, der so hoch war wie ein zweistöckiges Gebäude.

"Von hier aus gelangt man in die beiden Flügel, die nach Osten und Westen gehen."

Annika schaute nach oben und erkannte zwei Brücken, die von dem einen Flügel zum anderen mitten durch die Eingangshalle verliefen. Sie schaute sie verdutzt an.

"Diese 'Brücken' dienen als Verbindung zwischen den beiden Flügeln bis zum zweiten Stockwerk", erklärte Mrs. Miller, der Annikas Blick nicht entgangen war. „Ab dem dritten Stockwerk dienen ganz normale Flure zur Überquerung, aber da die Eingangshalle so hoch ist, musste man diese 'Brücken' bauen, um zu vermeiden, dass die Schüler immer über die Eingangshalle in den jeweils anderen Flügel gehen müssen." Mrs. Miller ließ Annika noch kurz den Rest der Eingangshalle bestaunen. Vor allem der riesige Kronleuchter, der dem ganzen Raum Licht spendete, fing Annikas Aufmerksamkeit ein.

"Aber kommen Sie, wir müssen ihre Ankunft melden." Mrs. Miller führte Annika zu einem großen Tresen aus Mahagoniholz, der sich am Ende der Eingangshalle befand. Eine kleine blonde Frau, die wahrscheinlich kurz vor der Rente stand, begrüßte sie herzlich.

"Ich darf Sie im Namen der Schule recht herzlich willkommen heißen, Miss ...?"

"Cullum. Annika Cullum."

Die Empfangsdame tippte ihren Namen in ihren Computer ein und überprüfte ihn. Sie holte aus einer Schublade danach eine elektronische Karte hervor und überreichte sie Annika.

"Dies ist Ihre persönliche Karte, die Sie bitte nicht verlieren dürfen! Diese Karte kann, wenn erforderlich, alle Ihre persönlichen Daten aufweisen und dient zudem als Schlüssel für abgeschlossen Räume und Gebäude. Sollten Sie die Karte verlieren, bitte ich Sie, dies sofort zu melden!" Die Rezeptionistin hatte diese Anweisungen schon oft gegeben, sie ratterte sie förmlich herunter.

"Sie müssen dann bitte hier unterschreiben..."

Annika unterschrieb zügig auf einem Zettel, um ihre Ankunft und die Entgegennahme ihrer Karte zu bestätigen.

"Mit dieser Karte sperren Sie natürlich auch Ihr Zimmer auf. Das befindet sich im zweiten Stockwerk mit der Nummer 27." Annika nickte, sie hatte verstanden.

"Dann gibt es meinerseits nichts mehr zu erklären. Wie gesagt: Herzlich willkommen!"   

Annika bedankte sich und folgte Mrs. Miller zum Treppenhaus des einen Flügels. Im zweiten Stock angekommen, hielt Annika Ausschau nach dem Zimmer Nummer 27. Sie fanden es und Annika öffnete die Tür des Zimmers mit Hilfe ihrer Karte, die sie durch einen Schlitz im elektronischen Türschloss ziehen musste. Sie trat in das Zimmer ein, dicht gefolgt von Mrs. Miller. Annika erblickte vier Betten im Raum verteilt, doch es war niemand im Zimmer zu sehen. Sie war erleichtert und enttäuscht zugleich. Sie wollte zwar gerne ein wenig alleine sein, gleichzeitig verlangte ihre Neugierde aber auch gestillt zu werden.

Kurz darauf hörten sie jedoch Geräusche aus dem Badezimmer, die Tür ging auf und ein Mädchen kam heraus. Sie schaute Mrs. Miller und Annika verdutzt an.

"Äh, hallo!", brach es dann plötzlich aus ihr hinaus. Sie legte schnell etwas auf ihrem Bett ab und ging dann mit einem herzhaften Lächeln auf Annika zu und reichte ihr die Hand.

"Rebecca, das ist Annika Cullum, sie wurde Ihrem Zimmer zugeteilt. Ich hoffe, Sie werden sich gut um Annika kümmern!" Mrs. Miller wandte ihren Blick Annika zu. "Annika, ich wünsche Ihnen viel Erfolg in Ihren kommenden Jahren hier an diesem Internat und hoffe, Sie dabei unterstützen zu können. Ich muss jetzt meinen anderen Pflichten nachkommen, wenn Sie mich also bitte entschuldigen würden? Und Rebecca, wenn Sie sich dann bitte um alles Nötige kümmern würden? Ich danke Ihnen." Mrs. Miller lächelte Annika an und verließ das Zimmer.

Rebecca musterte Annika mit einer gewissen Neugierde. "Wie schon erwähnt, ich bin Rebecca. Rebecca Buchanan um genau zu sein. Es freut mich wirklich dich zu treffen! Ich hoffe es wird dir hier gefallen." Ihre Augen spiegelten die Ehrlichkeit wieder, die auch ihre Stimme preisgegeben hatte. Annika konnte nicht anders, als bis über beide Ohren zu lächeln.

"Ich würde sagen, du suchst dir erst einmal ein Bett aus. Bis jetzt sind nur zwei Betten belegt, also bis auf die beiden in der Ecke hast du freie Wahl!" Rebecca schaute Annika abwartend an.

"Soll ich einen Duft versprühen, um mein Revier bekannt zu geben, oder kann ich auch einfach irgendetwas aufs Bett legen?" Annika wusste nicht recht, was sie machen sollte. Unwitzige Bemerkungen halfen da zwar auch nicht, aber sie wusste nichts über die ungeschriebenen Regeln in einem Internat. Als Rebeccas herzhaftes Lachen den Raum erfüllte, war Annika schon viel wohler zumute.

"Du gefällst mir! Nein, leg fürs erste einfach mal deinen Koffer aufs Bett. Dann müssten die anderen Mädels eigentlich verstehen, dass das Bett nicht mehr zu haben ist."

Annika legte ihre Tasche und ihren Koffer auf ein Bett, das gegenüber der Tür stand. Das Fenster über dem Bett ließ warme Sonnenstrahlen darauf fallen. Es wirkte ungemein gemütlich.

"Möchtest du jetzt erst einmal auspacken, oder soll ich dich gleich ein wenig herumführen?", fragte Rebecca kurz darauf. Annika überlegte kurz. Eigentlich sollte sie noch Diana anrufen und Bescheid sagen, dass sie gut angekommen war... Aber das konnte warten!

"Hm... Auspacken kann ich auch später, ich würde gerne ein wenig von der Schule sehen. Jetzt ist es noch hell, dann sehe ich auch alles!" Rebecca lachte kurz auf.

"Okay, dann würde ich sagen, fangen wir gleich in der Eingangshalle an. Die Halle ist echt ein wunderschöner Raum!"

Ja, schön war sie allemal. Annika stand mit Rebecca auf der einen Brücke, die durch die Halle verlief. Von dort oben hatte sie einen wunderbaren Ausblick. Sie lehnte sich ein wenig über das Geländer und betrachtete den schwarz und weiß gekachelten Marmorboden. Wie ein riesiges Schachbrett, dachte sie. Sie überflog die Halle, ihr Blick blieb bei den Holzvertäfelungen der Wände hängen. Das dunkle Holz war wunderschön verziert. Das sollte sie sich mal aus der Nähe anschauen. Genau wie die vielen Portraits, die an den meterhohen Wandvertäfelungen befestigt waren.

"Von wem sind denn die Gemälde?", fragte Annika und deutete auf die Portraits.

"Die sind von den 'wichtigen' Persönlichkeiten der Schule, sprich den Schulleitern im Laufe der Jahre. Das sind immerhin fast 200 Jahre Geschichte."

"Wow..."

Annika legte den Kopf in den Nacken um den großen Kronleuchter zu studieren. Er war ein atemberaubender Lichtspender! Er war mit tausenden von Edelsteinen verziert, das Licht wurde dadurch in alle Richtung widergespiegelt. Dieser Raum war mit seinen Einrichtungsgegenständen wahrhaftig atemberaubend!

"Wenn du mal im Hauptgebäude nicht herum findest, dann geh im Kopf immer von der Eingangshalle aus. Sie ist sozusagen das Zentrum in diesem Bau." Rebecca gestikulierte wild, als sie erklärte, wie das Gebäude aufgebaut war "Von hier gehen jeweils ein Flügel nach Osten und nach Westen. Im rechten Flügel - von dem Eingang aus - befinden sich die Schlafsäle. Das ist also der eher uninteressante Teil des Hauptgebäudes. Es sei denn, du bist todmüde..." Annika lächelte bei dem Gedanken.

"Im linken Flügel liegen die interessanten und wichtigeren Räume: die Wohnzimmer, Lernräume, Nachhilferäume, Musikzimmer... Das Beste von allen kommt aber noch: Es zieht sich eine Bibliothek vom ersten bis zum sechsten Stockwerk durch das gesamte Gebäude. Komm mit, ich zeig dir mal gleich alles." Annika folgte Rebecca über die Brücke in den anderen Flügel.

"Jeder Jahrgang hat sein eigenes Stockwerk. Dementsprechend sind im zweiten Stockwerk die Räume, die für uns zur Verfügung gestellt worden sind. Hier, das ist unser Wohnzimmer."

Rebecca öffnete eine Tür aus schwerem Holz und trat einen Schritt in den Raum hinein. Annika steckte ihren Kopf durch den freien Platz in der Tür und schaute sich interessiert den Raum an. Er war gemütlich eingerichtet, die Tapete an der Wand leuchtete in einer warmen Farbe. Ein Fernseher lief und der herrliche Duft von Kaffee erfüllte den Raum.

"Ah, hier duftet es ja wunderbar!"

"Wir haben zum Glück eine kleine Teeküche! Ich sag dir Annika, eine Tasse Kaffee ist manchmal echt unsere Rettung, wenn wir mal gemeinsam für eine Prüfung lernen. Ohne Kaffee oder Tee läuft bei uns rein gar nichts!"

Ein paar Mädchen, die sich in der Sofaecke lebhaft unterhielten, bemerkten Annika und Rebecca.

"Hey, Buchanan! Wen hast du uns denn da mitgebracht?", rief ein dunkelhaariges Mädchen quer durch das Zimmer. Sie stellte eine Tasse auf den Sofatisch ab und erhob sich. Lächelnd ging sie auf Annika zu.

"Hallo! Ich bin Nora Fitzgerald. Herzlich willkommen!"

"Danke. Ich bin Annika Cullum."

"Wie ich vermute zeigt Rebecca dir gerade die Schule, oder?" Es war eher eine Feststellung, als eine Frage. Annika nickte.

"Dann will ich euch auch nicht weiter stören. Ich hoffe du lebst dich gut ein! Ich weiß, das klingt jetzt ein wenig kitschig, aber wenn mal irgendetwas ist, oder du eine Frage hast, dann kannst du immer zu mir kommen!" Nora lächelte freundlich und ging dann zu den anderen Mädchen zurück. Rebecca zog Annika aus dem Zimmer raus.

Rebecca zeigte Annika kurz die anderen Räume, nur bei dem Musikzimmer hielten sie sich länger auf. Es war ein gemütlicher Raum, dessen Mittelpunkt der riesige schwarze Flügel war. Sie waren alleine im Zimmer, deswegen setzte Rebecca sich auf den Klavierhocker und spielte einige Töne.

"Du spielst Klavier?", fragte Annika sie voller Begeisterung.

"Ja. Seit ich fünf bin. Mein Vater war früher Konzertpianist, es wurde mir also sozusagen in die Wiege gelegt. Aber es macht mir Spaß!" Sie spielte eine Tonleiter.

"Willst du mir was vorspielen?" Annika hatte sich auf eine Bank an der Wand hingesetzt.

"Wir haben nicht so viel Zeit, ich muss dir ja noch die Schule zeigen...", wollte Rebecca sich herausreden.

"Ach was! Die kann ich auch wann anders sehen. Es muss ja kein langes Stück sein", bettelte Annika.

"Also gut, nur ein kurzes Stück." Rebecca setzte sich auf dem Hocker zurecht und legte ihre Finger auf die Tasten, hielt einen Moment inne. Es war, als wolle sie diesen Augenblick noch festhalten, bevor sie anfing zu spielen. Annika fand, der Moment zögerte sich ins Unerträgliche heraus, vielleicht hatte Rebecca es sich doch anders überlegt, vielleicht wollte sie gar nicht spielen. Doch plötzlich erwachte Rebecca aus ihrer Starre und ihre Finger schossen über die weißen und schwarzen Tasten. Sie beherrschte das Klavier, bestimmte welche Töne es von sich geben sollte und machte das mit so viel Gefühl, wie Annika es nur selten erlebt hatte. Eine wunderbare Melodie erfüllte den Raum. Alles schien wie verzaubert von der dramatischen Musik, die von den Saiten des Klaviers kam. Annika starrte auf Rebeccas Finger, die sich auf den Tasten hin und her bewegten, ohne auch nur ein Mal einen falschen Ton zu treffen. Sie spielten wie von alleine. Es war als führten die Finger Rebeccas Hände und nicht umgekehrt. Rebecca spielte in einem Rausch von Klängen. Sie steigerte sich hinein, ihr ganzer Körper bewegte sich mit ihren Armen. Ihre Gesichtszüge waren angespannt, ihr Fuß ging auf und ab, um das Pedal zu steuern. Es schien so, als sei Rebecca für das Klavierspielen gemacht. Sie passte einfach ins Bild hinein. Würde man sie malen, würde es ein perfekt harmonisches Portrait ergeben.

Aber dann war es vorbei. Der Moment war vorüber. Rebecca saß kerzengerade auf dem Hocker, die Hände in den Schoß gelegt. Annika konnte keinen Laut von sich geben, so wunderbar war es gewesen.

"Okay, jetzt zeig ich dir noch den Rest der Schule", sagte Rebecca schließlich und erhob sich. Annika rappelte sich auf und folgte ihr.

"Rebecca, meine Güte! Das war wunderbar! So etwas habe ich ja noch nie erlebt! Du hast so schön gespielt, mit so viel Gefühl!" Die Worte sprudelten plötzlich aus Annika heraus.

"Ach was, das war doch nichts." Rebecca wollte Annikas Bemerkung ausweichen.

"Ach nein? Rebecca, ich hätte dir stundenlang zuhören können! Du bist begabt!" Annika ließ nicht locker. Wenn sie schon einmal jemanden traf, der so wunderbar ein Instrument spielen konnte, dann wollte sie es die Person auch wissen lassen.

"Danke, Annika. Das ist echt nett von dir." Rebecca blieb kurz stehen und lächelte Annika sanft an. "Aber jetzt muss ich dir wirklich noch den Rest des Internats zeigen, das Abendessen fängt in einer halben Stunde an und das möchte ich auf keinen Fall verpassen!" Sie lachte kurz auf, während sie eine Hand auf ihren Bauch legte. Erst jetzt bemerkte Annika, dass Rebecca um den Bauch herum ein wenig pummelig war.

"Ich esse auch unglaublich gern! Ich habe eigentlich auch permanent Hunger, vielleicht weil ich so viel Sport treibe."  

"Oh, dann zeig ich dir gleich mal die Sportanlagen!"

Sie gingen in Stille die Treppen zur Eingangshalle hinunter und zum Haupteingang heraus. Die Sonne war nicht mehr zu sehen. Sie hatte sich demütig hinter einer riesigen Wolkendecke versteckt. Rebecca führte Annika um das Hauptgebäude herum und in einen Rosengarten hinein. Annika musste stehen bleiben. Es war wunderschön!

"Du meine Güte!" Mehr konnte sie dazu nicht sagen, als sie die schönen roten, weißen und rosa Rosen betrachtete.

"Ich weiß, es ist unglaublich beeindruckend! Schau dir den Garten mal in Ruhe an, dann kannst du alles genießen. Wir haben dazu jetzt leider keine Zeit, wir müssten hindurch hetzen und das wäre schade. Also komm!" Rebecca ging wieder voran. Der Garten war groß, aber sie hatte nicht die Absicht noch länger in diesem Paradies auf Erden zu bleiben. Sie gingen durch einen Bogen, der als Ausgang des Gartens diente.

"Wenn man noch weiter in den Garten reingeht, betritt man den Irrgarten. Ich würde dir raten nur mit Begleitung in das Gartenlabyrinth zu gehen, es ist gar nicht so einfach dort heraus zu finden! Natürlich, wenn du es kennst, findest du auch locker wieder raus." Rebecca und Annika gingen über einen frisch gemähten Rasen auf ein großes dunkles Gebäude zu, während Annika versuchte einen Blick von dem Irrgarten zu erhaschen.

"Unsere Sporthallen wurden ganz neu gebaut. Die alten Gebäude wurden abgerissen, die waren schon zu abgenutzt und sowieso überall kaputt. Hier auf der linken Seite ist der Sportplatz, das kennst du ja. An die Halle angeknüpft ist auch ein Hallenbad. Die Räume kriegst du alle mit deiner Karte auf. Zum Unterrichtsbeginn werden tausend Formulare ausgeteilt, unter anderem auch die Bewerbungen für die verschiedenen Sportvereine der Schule. So, jetzt sind wir da." 

"Welche Sportarten kann man hier betreiben?"

"Oh, da gibt es viele! Lass mich mal überlegen... Fußball, Badminton, Basketball, Handball..."

"Handball!", rief Annika erfreut! "Mehr brauchst du gar nicht zu sagen! Ich war früher im Handballverein, alle anderen Sportarten sind mir im Vergleich relativ egal!" Sie blieb kurz stehen und erstaunt stellte sie fest, dass sie die letzte halbe Stunde kein einziges Mal an London gedacht hatte.

"Perfekt, dann meld dich gleich mal an. Unsere Mädchenmannschaft braucht dringend Verstärkung! Unsere Herrenmannschaft macht sich schon über uns lustig... Im Kellergeschoss befindet sich übrigens der Eingang zum Schwimmbecken. Ab sechs Uhr abends ist da freier Eintritt für jeden, ob im Verein oder nicht, es sei denn natürlich, unsere Mannschaft trainiert. Hier, das sind die Umkleidekabinen und Trainingsräume. Diese hier ", Rebecca zeigte auf zwei graue Türen, "ist für die Jungs und der Räume nebenan sind dann für unseren Gebrauch. Weiter kommen..."

"Warte mal! Jungs?" Annika hatte schon bei der erwähnten 'Herrenmannschaft' irgendetwas nicht verstanden. Und jetzt noch Umkleidekabinen für Männer? „Ich dachte wir wären eine Mädchenschule?" Annika schaute Rebecca verwirrt an. Rebecca lachte kurz auf.

"Oh, da hast du wohl was nicht mitgekriegt. Ich zeig dir noch den Rest und dann erklär ich dir alles." Rebecca klärte Annika bezüglich des restlichen Gebäudes auf, während sie über eine Treppe wieder an die freie Luft gelangten. Sie blickten auf eine große Parkanlage.

"Das hier ist unser Park. Ein wunderschöner Erholungsort, wenn mal grad die Jahresprüfungen anstehen. Dieser Park ist für alle zugänglich, auch für alle Kerle. Und jetzt löse ich das Rätsel auf: Mrs. Carmelot ist die Leiterin unserer Schule. Sie ist auch verheiratet - mit Mr. Carmelot. Er ist der Leiter der männlichen Abteilung der Schule. Der Bau befindet sich auf der anderen Seite des Parks. Die Schulen haben aber im Grunde genommen überhaupt nichts miteinander zu tun. Wir haben keinen gemeinsamen Unterricht und ohne wichtigen Grund dürfen wir auch nicht die jeweils andere Schule betreten." Rebecca blieb stehen und schaute Annika eindringlich an. "Ich warne dich! Versuch erst gar nicht in die andere Schule zu kommen! Man bekommt riesengroßen Ärger!" Rebecca schaute auf ihre Uhr und lächelte auf. "Oh, es ist Zeit für das Abendessen!"

Rebecca beschleunigte ihr Tempo, als sie Annika zum Nebengebäude führte. Diese musste die Neuigkeit erst einmal verdauen, konnte sich dabei aber auch ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Ob ihre Oma von der Herrenabteilung wusste? 

Das Nebengebäude sah dem Hauptgebäude sehr ähnlich, aber es war offensichtlich, dass es erst im Nachhinein gebaut worden war.

"Im Erdgeschoss befindet sich der Speisesaal. Siehst du die Außenterrasse? Ab Frühling bis Herbst hat das Café, das auch im Erdgeschoss ist, Tische und Stühle auf der Terrasse stehen. Das Café erhält ihr Gebäck übrigens von unserer hauseigenen Konditorei. Die befindet sich im Keller." Annika war bis jetzt nicht schlecht beeindruckt. Die Schule hatte bisher alle Erwartungen übertroffen.

Der Speisesaal war nur bis zur Hälfte gefüllt. Dennoch lag der Lärmpegel relativ hoch.

"Jedes Zimmer hat seinen eigenen Tisch. So vermeidet man, dass es Mädchen gibt, die immer alleine sitzen. Außenseiter gibt es hier zwar nicht wirklich, aber man kann ja nie wissen." Rebecca und Annika gingen zu einem leeren Tisch, der an einer Wand stand. Auf einem Kärtchen waren die Zahlen 2/27 aufgedruckt. Annika wusste was das bedeutete: Zweites Obergeschoss, Zimmer 27.

"Hier..." Rebecca reichte Annika eine Speisekarte. "Du kannst zwischen zwei Menüs wählen. Die Bedienung bringt dir das nächste Gericht, wenn du den jeweiligen Gang gegessen hast. Getränke musst du selber dort hinten holen." Annika fragte sich, wie viel es eigentlich kostete, diese Schule zu besuchen. Ihre Oma musste es mit ihrer Erziehung und ihrem Renommee wirklich ernst meinen.

Annika löffelte gerade ihre Kürbiscremesuppe in sich hinein, als Rebecca einen freudigen Schrei von sich gab. Sie schaute an Annika vorbei und winkte eine Person hinter ihr zu. Schnell stieß sie ihren Stuhl zurück und rannte an Annika vorbei Richtung Eingang. Annika blickte kurz über die Schulter und sah, wie Rebecca einem Mädchen um den Hals fiel. Zusammen mit einem weiteren Mädchen kamen sie auf den Tisch zu. Annika wandte sich schnell ihrer Suppe zu. Sie wollte nicht gleich als zu neugierig, ja vielleicht sogar als unverschämt abgestempelt werden.  

"Annika, darf ich vorstellen, dies ist Caroline Parker", sagte Rebecca in gespielt feierlichem Ton. "Sie wird auch bei uns im Zimmer wohnen. Und das wunderhübsche Mädchen hier ist Verity Thomson. Auch eine Zimmergenossin."

Annika betrachtete vor allem Caroline neugierig, als sie sich ihr gegenüber hinsetzte. Sie hatte honigfarbene Engelslocken, die ihr bis zur Mitte des Rückens gingen. Sie hatte wunderschöne Augen und volle Lippen. Ihr Gesicht strahlte, als sie sich aufgeregt mit Rebecca zu unterhalten anfing. Annika betrachtete vergnügt, wie lebhaft Caroline erzählte. Sie gestikulierte wild mit ihren Händen, als sie von ihrem Ferienaufenthalt in Norwegen berichtete. Verity, deren hübsches Gesicht von dunklen Haaren eingerahmt war, wandte sich lächelnd Annika zu, als sie ihre leere Suppenschüssel von sich wegschob.

"Also, Annika, wie ist dein Eindruck von der Schule bis jetzt?" Annika überlegt kurz.

"Sie ist auf jeden Fall ganz anders, als ich sie mir vorgestellt habe. Und das heißt nichts Negatives, ich war nämlich von der Idee hier auf die Schule gehen zu müssen alles andere als begeistert!" Rebecca und Caroline hatten aufgehört, sich zu unterhalten und schauten Annika neugierig an.

"Annika, erzähl doch mal, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass du zu uns gekommen bist", bat Caroline, die gerade ihr Essen bestellt hatte.

"Naja, da gibt es eigentlich nicht so viel zu erzählen. Meine Oma hat mich einfach hier angemeldet und erst als ich angenommen wurde, hat sie es mir erzählt. Das ist jetzt vier Wochen her." Rebecca schaute Annika bestürzt an.

"Deine Großmutter hat dich einfach hier angemeldet? Wieso hat sie, und nicht deine Eltern, das zu bestimmen?"

"Das liegt daran, dass meine Großmutter das Sorgerecht über mich hat, bis ich einundzwanzig bin." Annika schaute entschuldigend in die Runde.

"Aber du hast doch bestimmt ein Wörtchen mitzureden?", fragte Verity verwundert.

"Theoretisch schon... Ich weiß ja nicht, wie es so bei euch läuft, aber meine Oma legt sehr viel Wert darauf, dass eine Frau sich schicklich benimmt, eine gute Ausbildung und Erziehung bekommt, und da gehört es sich nicht den Erziehungsberechtigten zu widersprechen, geschweige denn sich gegen etwas, das bestimmt und geregelt worden ist, zu wehren. Ich konnte leider nichts machen."

"Ach, uns geht's hier nicht viel anders", beruhigte Caroline Annika. "Meine Eltern haben mir drei Internate zur Auswahl gestellt. Ich war zu dem Zeitpunkt nicht einmal volljährig! Ich konnte also nichts anderes machen, als mir eine Schule auszuwählen. Gut, die Wahl fiel mir nicht besonders schwer, die anderen beiden Schulen liegen nämlich in der Schweiz. Aber ich muss sagen, ich habe es nicht bereut diese Schule gewählt zu haben." Sie lächelte und schaute dabei Rebecca und Verity liebevoll an.

"Wir drei waren letztes Jahr schon zusammen in einem Zimmer. Wir haben uns sehr schnell angefreundet, da wie keinen hier an der Schule gekannt haben, als wie hier ankamen", erklärte Verity. "Nun ja, seitdem sind wir unzertrennlich!" 

Annika spürte plötzlich, wie sich eine gewisse Nervosität in ihr ausbreitete. Sie war wirklich dankbar dafür, dass sie so freundlich zu ihr waren, aber sie wollte nicht die Freundschaft der drei jungen Frauen auseinanderbrechen. Bis zu einem gewissen Grad fühlte sie sich wie ein Eindringling. Und sie fühlte sich ein wenig alleine. Caroline, Rebecca und Verity waren schließlich jetzt nicht mehr darauf angewiesen neue Freundschaften zu schließen, sie hatten schon einen engeren Umgangskreis. Aber sie kannte hier keinen, ihr fehlte ein Jahr mit den anderen Mädchen. Sie konnte nur hoffen, dass sich ihre Zimmergenossinnen ein wenig um sie kümmern würden.


***


Annika rann der Schweiß runter. Sie biss die Zähne zusammen, als sie die zehn Kilogramm Hanteln nach unten senkte und wieder zu sich zog. Sie zählte leise, wie oft sie diese Prozedur durchführte. Nach ungefähr einer Minute ließ sie die Hanteln auf die unter ihr liegende Matte fallen. Sie dehnte sich einige Minuten lang und versuchte, ihren Puls zu beruhigen. Mit rotem Gesicht nahm sie ihre Flasche und ihr Handtuch und verließ den Trainingsraum.

Die kühle Nachtluft schlug ihr ins Gesicht, als sie die Tür nach draußen öffnete. Sie ging mit schnellen Schritten über den Rasen. Als sie an dem Rosengarten vorbeikam, war sie für einen Moment gereizt, sich eine von ihnen zu pflücken. Sie entschloss sich aber dagegen, wer wusste schon, welche Konsequenzen das für sie haben würde. Noch kannte sie nicht die Lehrer im Allgemeinen, und sie wollte ihre erste unangenehme Begegnung mit ihnen möglichst weit hinausschieben.

Als Annika vor dem Hauptgebäude ankam, nahm sie ihr iPhone zur Hand und ließ ihr Handtuch auf ihrer Schulter ruhen. Sie setzte sich auf eine Bank neben der Treppe, die zum Eingang führte, und wählte die Nummer ihrer Großeltern. Während sie dem Wartezeichen lauschte, stellte sie ihre Wasserflache neben sich auf dem weißgestrichenen Holz ab.

"Cullum?" Die vertraute Stimme ihres Großpapas klang merkwürdig verschwommen.

"Hallo, Opa! Ich bin's, Annika." Annika konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als sie am anderen Ende der Leitung ein freudiges Lachen hörte.

"Ah, wie schön, dass du dich meldest. Ich hatte mich schon gefragt, wann du endlich anrufst!" Annika wusste, dass ihr Opa diesen Vorwurf nicht ernst meinte.

"Ich weiß, tut mir sehr leid", sagte sie trotzdem, "aber ich war gerade trainieren, da hatte ich es glatt vergessen. Aber Opa, weißt du was? Ich bin in siebzehn Minuten vier Kilometer gelaufen! Das habe ich vorher noch nie geschafft!" William Cullum lachte kurz auf.

"Du warst wohl heute extra motiviert! Aber erzähl, mein Mädchen, wie ist es dir bis jetzt ergangen?"

"Sehr gut! Die Fahrt verlief ohne Probleme, Mrs. Miller hat mich wie verabredet abgeholt und meine Zimmergenossin hat mir die Schule gezeigt. Sie ist übrigens viel schöner als erwartet!"

"Deine Zimmergenossin oder die Schule?", scherzte er, wurde aber schnell wieder ernst. "Das freut mich aber, Kleines!" Annika vernahm im Hörer lärmende Hintergrundgeräusche.

"Wann kommst du nach Hause?", fragte William. Diese Ungeduld war für ihn typisch, er wusste ganz genau, wann sie wieder nach London kommen würde.

"Erst in den Herbstferien, ich weiß aber noch nicht genau wann die sind. Das erfahr ich alles erst morgen. Oh Opa, das Essen hier ist übrigens unglaublich lecker! Das Rinderfilet, das ich heute gegessen habe, war perfekt gebraten. Es wäre genau was für dich gewesen." William lachte vergnügt und wollte gerade etwas erwidern, als die Geräusche im Hintergrund noch lauter wurden.

"Annika, deine Oma scheucht mich vom Telefon weg. Sie möchte unbedingt mit dir reden. Mach's gut, ja?" Annika bekam einen Kloß im Hals.

"Ich vermisse dich jetzt schon, Opa. Ich habe dich lieb. Pass auf dich auf!"

"Das macht Diana schon für mich. Ich habe dich auch lieb, mein Schatz. Tschüss!" Annika hörte ein Rascheln. Sie stellte sich vor, wie ihr Opa förmlich von ihrer Oma weggeschubst wurde, sich aber nur schmunzelnd mit einem Glas Portwein und der Tageszeitung in seinen Lieblingssessel setzte.

"Annika! Was bildest du dir eigentlich ein, erst jetzt anzurufen? Ich hatte mich schon fast dazu entschieden, Mrs. Carmelot anzurufen, um zu hören, ob du überhaupt schon angekommen bist!", regte sich Diana gleich schon einmal auf. Annika schüttelte den Kopf. Diana hätte ihr ja auch einfach ein SMS schreiben oder sie anrufen können, aber sie weigerte sich strikt zu lernen, wie man ein Handy bediente. Und eines anrufen wollte sie erst recht nicht, das war viel zu modern.

"Was hattest du denn erwartet? Es gab viel zu tun", erwiderte sie vergnügt.

"Hast du denn wenigstens schon deinen Koffer ausgepackt?" Annika biss sich auf die Lippe. Ihre Oma würde sie umbringen.

"Äh, Großmutter... Es tut mir schrecklich leid, aber ich muss los... Ich habe noch einiges zu erledigen..."

"Unter anderem deinen Koffer auszupacken, stimmt's?" Dumm war sie nicht.

"Äh, so habe ich das nicht gemeint...", gab Annika lachend zurück.

"Dann geh mal los, Annika. Viel Erfolg und wehe, du kommst zur ersten Unterrichtsstunde zu spät!"

"Das wird wohl schwer möglich sein, keine Sorge, Großmama. Mach's gut!"

"Pass auf dich auf, Annika. Melde dich, so bald wie möglich wieder. Gute Nacht!"

"Gute Nacht." Annika legte auf. Sie atmete langsam aus. Diana hatte zum Ende des Gesprächs zur Abwechslung einmal ja fast gut gelaunt geklungen. Das war in letzter Zeit eher selten der Fall gewesen. Vielleicht lag das ja daran, dass sie endlich aus dem Haus war, fragte Annika sich selber schmunzelnd.

Sie nahm ihre Wasserflasche und mit müden Schritten ging Annika zu den Schlafsälen hoch.

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ich schreibe aus spaß und weiß nicht worauf das hinauslaufen wird aber nix mit diese trauma mauma geschichten #ozfauf1🏴‍☠️