Attraction

By bookdream16

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Stell dir vor, dein One-Night-Stand ist plötzlich dein Zimmernachbar im Studentenwohnheim. Schöne Scheiße? J... More

Vorwort
*Aesthetics*
Playlist
1. „Let's Start the Party"
2. Kriminelle Partybekanntschaft
3. Wenn ich du wäre...
4. „Glowing in the Dark"
5. One-Night-Stand
6. Der Tag danach
7. Umzug
8. Bekannte Unbekannte
9. x-beliebiger Sex mit x-beliebigen Mädchen
10. Attraktive Mitfahrgelegenheit
11. Willkommen Chiara
12. Semesteropening-Party
14. Alte Lieben
15. Flashback
16. Makelloser Lebenslauf
17. Bewerbungsgespräch und Wutausbruch
18. Nates Last
19. „Ich bin froh, dass du hier bist"
20. Dornröschen und der Prinz ohne Krone
21. Netflix and Chill
22. ‚Date' mit Josh vs. Körperkontakt
23. Herzensbrecherin
24. Nächtliche Entführung
25. Brennendes Kribbeln
26. Bildungslücken
27. Mutterinstinkte und Vergangenes
28. Nate aka das Vorbild
29. „Mädchen, an deiner Stelle würde ich rennen."
30. Theo Clark
31. Breaking Free
32. Nächtliche Schmetterlinge
33. Undercover Plan
34. Gespräche über Gefühle
35. „Du bist definitiv alles andere als ein x-beliebiges Mädchen."
36. Mister Brown
37. Unterschwellige Machtdemonstration
38. Der Brief
39. Eine schlüpfrige Entdeckung
40. Fallen lassen
41. Die ganze Wahrheit
42. „Wir sind doch eine Familie, da vertraut man sich."
43. Zerschmettertes Herz
44. Alles vorbei?
45. Die letzten zwei Minuten
Epilog
Informationen + Abstimmung
WICHTIGES UPDATE! Neue Story

13. Absturz

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By bookdream16

Es waren einige Stunden vergangen, dennoch schien die Partylust der Studierenden nicht abzuebben. Der Campus war fast immer noch so voll wie vor vier Stunden.

Leider gehörte ich, im Gegensatz zu Chiara und Drew, die sich in irgendeine Ecke am Rand der Tanzfläche verzogen hatten und seit Stunden miteinander flirteten, nicht mehr zur feierenden Menge.

Die ganzen Getränke waren mir wohl etwas zu sehr zu Kopf gestiegen, beziehungsweise in den Magen gegangen. Mischkonsum der verschiedensten Alkoholsorten hatte ich sowieso noch nie gut vertragen, so dass es auch kein Wunder war, dass ich just diesem Moment an einen Baum, abseits der Partymasse, stolperte.

Völlig betrunken und von meiner eigenen Übelkeit überwältigt stieß ich auf.

Ich konnte eigentlich froh sein, dass ich in meinem Zustand noch im Stande war mich an einem Baum festzuhalten. Rückblickend war der Konsum von literweise Alkohol wohl keine besonders gute Idee. Ich hatte den Punkt, an dem Alkohol seine beflügelnde Wirkung verlor und ins glatte Gegenteil umschlug, bereits vor einer Stunde erreicht.
Doch erst jetzt hatte mich die Übelkeit dazu gebracht, mich torkelnd von der Menschenmenge zu entfernen.

Angeschlagen hielt ich mir den Bauch und versuchte die Augen offen zu halten.

Und dann war es auch schon passiert. Ich konnte nichtmal versuchen meinen Mageninhalt zurück zu halten, da hatte sich die brennende Magenflüssigkeit durch meine Kehle nach oben gebahnt. So schnell wie möglich beugte ich mich nach vorn, um mich wenigstens nicht selbst anzukotzen. Das würde gerade noch fehlen. Im nächsten Moment übergab ich mich neben dem Baum. Die Hälfte meines Mageninhalts ergoss sich auf der Wiese.

Angeekelt von dem Gefühl des Erbrechens richtete ich mich wieder auf und atmete schwer.

Es gab mit Sicherheit kein ekelhafteres Gefühl als das Erbrechen von Unmengen an Alkohol. Jetzt fühlte ich mich nicht nur betrunken, sondern auch noch widerlich. Der bittere Nachgeschmack im Mund brachte mich fast noch einmal zum aufstoßen.

„Zu viel getrunken?", nahm ich schwummrig neben mir wahr.

Meine müden Augen machten Nates große Gestalt in der Dunkelheit aus, die lässig eine Bierflasche in der Hand hielt und mich amüsiert musterte.

„Nein, ach quatsch. Ich bin schwanger.", lallte ich sarkastisch.

Er hatte mir am Tiefpunkt des Abends gerade noch gefehlt. Was ein krönender Abschluss. Ich fühlte mich wie das letzte Stückchen Elend und er wirkte obendrein wie am Anfang des Abends. Als wären die Partystunden spurlos an ihm vorbei gezogen.

Konnte er nicht wenigstens ein wenig fertig aussehen? Nein, stattdessen wirkte er genauso makellos wie am Anfang des Abends.

Das Leben war sowas von unfair.

„Natürlich habe ich zu viel getrunken, du Idiot.", fügte ich missmutig an und lehnte meinen Kopf erschöpft gegen den Baum. Ich warf ihm einen missachtenden Blick zu. Wenn er hier war, um sich an meinem Übermut zu erfreuen, konnte er sich gleich wieder verziehen: „Langsam wird es wirklich gruselig, dass du immer auftauchst, wenn der Moment am ungünstigsten ist. Meinst du nicht auch, dass das ziemlich auffällig ist?"
Ich hatte das Gefühl, ich würde meinen Mund kaum noch aufbekommen, um vollständige Sätze zu formulieren. Vermutlich verstand er kein Wort, so sehr nuschelte mein betrunkenes Ich: „Als Stalker bist du mieserabel!", resultierte ich bitter und hielt mir abermals den Magen, da ich spürte wie sich erneut neue Übelkeitswelle nach oben bahnte.

„Wow, selbst in diesem Zustand verlierst du deine Unabhängigkeit und den reizenden Sarkasmus nicht.", brachte er amüsiert hervor und setzte das Bier an seine Lippen. Er nahm einen Schluck bevor er fortfuhr: „Ich nehme an, du kommst alleine klar."

Sein Amüsement löste die altbekannte Wut in mir aus, die ich bei seiner überheblichen Anwesenheit in letzter Zeit des Öfteren verspürt hatte. Also versuchte ich mich aufzurichten und ihm starr entgegen zu blicken. Gerade setzte ich zu meinem Satz an: „Und ob ich alleine klar ko...", da überwältigte mich mein Mageninhalt.

Schneller als ich mich am Baum abstützen konnte, beugte ich mich nach vorn und verlor nahezu das Gleichgewicht.

Als hätte er es geahnt, stellte Nate seine Bierflasche rasch zu Boden und eilte mit einem großen Schritt an meine Seite, um meine wackelige Gestalt zu stützen. Seine Finger umklammerten meine Taille fest, indessen seine zweite Hand geschwind meine Haare aus dem Gesicht strichen. Zeit, um über seine unerwartete Nähe, Hilfsbereitschaft und die Peinlichkeit dieser Situation nachzudenken, blieb mir allerdings nicht, da ich den gesamten Rest meines Mageninhalts auf die Wiese vor mir erbrach.

Neben mir vernahm ich lediglich Nates dunkles, raues Lachen.

Wäre ich nicht so betrunken, würde ich ihm die Leviten lesen und zurecht stutzen. Leider Gottes, war ich nichtmal mehr zum alleinigen Stehen fähig, weshalb ein Zurechtstutzen seines Egos erst recht nicht in Frage kam.

Als der beißende, säuerliche Mageninhalt meinen Körper verlassen hatte, holte ich Luft und versuchte den ekelhaften Beigeschmack der Magensäure in meinem Mund zu ignorieren.

Noch immer gebeugt wischte ich mir mit dem Arm über meinen Mund und versuchte ruhig zu atmen, um noch ein Erbrechen zu vermeiden.

„Ich bring dich wohl besser auf dein Zimmer.", überlegte Nate laut.

„Ich kann das selbst!", versuchte ich hauchend zu lallen. Mein Körper fühlte sich so unfassbar kraftlos an.

„Du kannst nichtmal alleine stehen, ohne in dein eigenes Erbrochenes zu fallen. Also sei ruhig und lass dir einfach helfen.", schnitt Nate mir mein Vorhaben etwas schärfer ab. Er klang dabei ganz und gar nicht belustigt. Eher bestimmend und etwas genervt.

Man musste ihm ehrlicherweise zugestehen, dass er Recht hatte. Also hielt ich notgedrungenermaßen meine Klappe und ließ mich von ihm stützen, während er die Laufrichtung zum Studentenwohnheim vorgab.

Konzentriert versuchte ich einen Schritt vor den anderen zu setzten. Dennoch hatte ich das Gefühl, dass ich kein bisschen zum Laufweg beitrug und Nate mich eigentlich die gesamte Zeit neben sich herschliff.

Er lotste mich einmal quer über den Campus, zu unserem Studentenwohnheim, in den Fahrstuhl, in dem ich mich beinahe erneut übergab, was Nate offensichtlich in Angst versetzte er müsse mein Erbrochenes gleich aus dem Aufzug wischen, bis vor meine Zimmertür.

„Schlüssel?", forderte mich Nate vor der Wohnung fragend auf.

„In...", ich deutete lasch auf meine Hose. „... meiner Hosentasche."

Er nickte daraufhin und zog den Schlüssel irgendwie aus meiner hinteren Hosentasche heraus, während er mich noch immer stützte. „Welcher Schlüssel?", er breitete den Schlüsselbund in seiner Hand aus.

Ich versuchte meinen Blick ein letztes Mal zu schärfen und zeigte auf den entsprechenden Schlüssel.

Wieder nickte er und benutzte das metallische Teil, um meine Wohnungstür zu öffnen. Das schien allerdings nicht zu klappen.

„Lou?"

Ich kicherte beschwipst in mich hinein: „Ich hab dich verarscht.", süffisant versuchte ich ihm entgegen zu grinsen.

Nate atmete genervt aus, während er mich weiter stützte und einen erneuten Versuch wagte: „Witzig. Wirklich witzig und mutig, wenn man bedenkt, dass du nur noch nicht auf dein hübsches Gesicht gefallen bist, weil ich dich quasi aufrecht halte.", jetzt war er es, der bitter grinste.

Er sollte sich bloß nicht beschweren. Schließlich hatte ihn niemand gezwungen mir zu helfen.

„Welcher Schüssel ist also der richtige?", wieder breitete er den Schlüsselbund in seiner geöffneten Hand aus.

Murrend gab ich nach und tippte passenden Schlüssel an.

Nate schob ihn daraufhin ins Schloss, drehte ihn ein Mal um die eigene Achse und öffnete die Wohnungstür. Den Schlüsselbund schmiss er auf die Kommode neben der Eingangtür, bevor er mich mühsam in die dunkle Wohnung  hievte.

„Welches Zimmer?", erkundigte er sich angestrengt. Langsam schien er aus der Puste zu sein. Wer konnte ihm das auch verübeln? Besonders hilfreich war ich den fünftzehminütigen Weg nicht wirklich gewesen.

„Rechts."

Daraufhin steuerte er auf meine Zimmertür zu, durch die er mich ebenfalls bugsierte.

Als er das Licht anknipste, kniff ich grummelnd meine Augen zusammen. Meine Pupillen waren alkoholisiert offensichtlich nicht in der Lage helles Licht schmerzfrei zu ertragen.

Nate zog mich schließlich Richtung Bett, um mich auf der Matratze abzusetzen. Sofort fiel mein Körper in die weiche Matratze und sank in dem Meer aus Decken und Kissen ein. Noch nie war ich froher in meinem Bett angekommen zu sein.

Und so ungern ich das nüchtern zugeben würde, ohne Nate hätte ich es vermutlich nicht in mein Zimmer geschafft. Wahrscheinlich hätte ich als Schnapsleiche in irgendeiner Ecke des Campus geendet. Damit wäre ich quasi eine Einladung für jeden Möchtegern-Taschendieb gewesen. Ein wenig dankbar war ich ihm ja schon.

Während ich den Kopf in mein Kissen drückte und dessen Gemütlichkeit genoss, betrat Nate erneut mein Zimmer — Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er gegangen war.
In der Hand hielt er ein großes Glas Wasser, womit er auf mich zukam. Beim Gehen zog er sich meinen Schreibtischstuhl ans Bett, um sich darauf zu platzieren. Auffordernd hielt er mir das Glas entgegen: „Trink das!"

Allerdings war ich so müde, dass ich nichtmal daran dachte auf seine Aufforderung einzugehen. Stattdessen murrte ich ins Kissen.

„Lou, jetzt trink das Wasser, sonst hast du morgen den Kater deines Lebens.", genervt fuhr er sich durch die Haare. Nachgiebigkeit war nicht so sein Ding, oder? „Ist ja nicht so, als hättest du das wahrscheinlich nicht so schon.", murmelte er mit zusammengebissen Zähnen.

„Fein!", gab ich mich geschlagen und sammelte die Reste meiner Kräfte, die der Alkohol noch nicht aus meinem Körper beseitigt hatte. Ich setzte mich auf. Mit einer Hand stützte ich mich ab, während ich mit der anderen das Glas ergriff und die geschmacklose Flüssigkeit in großen Zügen hinunter kippte, als hätte ich seit Tagen kein Wasser zu Gesicht bekommen.

Amüsiert stahl sich nun wieder ein leichtes Grinsen auf Nates Mundwinkel.

Wieso musste er auch unbedingt der Mensch sein, der mich in diesem Zustand vorgefunden hatte?

Am Liebsten würde ich im Erdboden versinken.

„Dass du mir helfen musstest, bleibt eine einmalige Sache. Also bilde dir nichts darauf ein.", lallte ich und hielt ihm bestimmend das Glas entgegen, während ich meine Augenbrauen versuchte grimmig zusammen zu ziehen.

Natürlich musste der Idiot wieder nur lachen.

„Achja? Das wird sich noch zeigen, Aliengirl."

Genervt drehte ich die Augen, was keine gute Idee war, da mir augenblicklich etwas schwindelig wurde. Er sollte aufhören sich so aufzuspielen und mich immer Aliengirl zu nennen.

„Ich denke nicht.", fuhr ich fort. „Zwischen uns befindet sich einfach eine zu große Diske...", nuschelte ich und versuchte mein Zunge motorisch soweit zu kontrollieren, um das Wort aussprechen zu können: „Diskrep..."

„Diskrepanz?", half mir Nate fragend auf die Sprünge.

„Ja, genau das Wort.", erwiderte ich sofort. „Fuck, wie kann man nur so sein? Das ist maximal unfair", ich ließ meinen Kopf auf das Kissen sinken.

Nate zog abermals seine Augenbraue fragend nach oben: „Wie denn?"

„Schlau und attraktiv.", entfloh es meinem betrunkenen Mund schneller, als mir lieb war. Meine Augen rissen sich erschrocken auf und ich wagte es nur einen vorsichtigen, versichernden Blick zu Nate zu werfen.

Hoffentlich hatte er meine genuschelten Worte nicht verstanden. Ich bereute sie in dem Moment, in dem ich sie ausgesprochen hatte. Betrunken war ich teilweise einfach zu ehrlich und sprach Dinge aus, die ich eigentlich nur denken sollte.

Nate grinste daraufhin bloß überheblich. Natürlich hatte er es gehört. Wäre auch zu schön gewesen, wenn nicht. Augenrollend wandte ich mich wieder ab. Das Schicksal schien es in letzter Zeit sowieso nicht gut mit mir zu meinen.

„Du scheinst mich ja gar nicht so scheiße zu finden, wie du mir die Woche versucht hast weiß zu machen."

„Oh doch!", wies ich ihn sofort scharf zurecht: „Nur, weil ich ein Mal mit dir geschlafen habe, heißt das nicht, dass du mir charakterlich nicht gehörig gegen die Linie gehst!", ich kniff die Augenbrauen revidierend zusammen. Er sollte auf keinen Fall auf die Schnapsidee kommen, dass ich seiner Person auf Dauer etwas abgewinnen konnte.

„Gegen den Strich."

„Meine ich doch."

„Und was genau veranlasst dich dazu, dich so zickig aufzuführen?", verwirrt kräuselte er die Stirn.

Entrüstet prustete ich die Luft aus: „Zickig?", ich setzte nach kurzem Sammeln zu einer Antwort an: „Entschuldige mal, aber ich habe ja wohl jedes Recht abgeneigt zu reagieren, da du ja anscheinend ziemlich viel von dir hälst und mir sowie allen anderen das auch bei jeder sich bietenden Gelegenheit unter die Nase reiben musst. Deinem oberflächlichen und abgehobenen Verhalten in der Uni kann ich partout nichts abgewinnen. Du führst dich auf wie eine pubertärer, schnöseliger Fuckboy."

„Fuckboy?", er schien verwirrt von meiner Ausdrucksweise zu sein.

„Ja, du weißt schon: Selbstgefälliger Arsch und ein Frauenaufreißer.", erklärte ich. „Zudem hast du mich behandelt wie ein kleines Fangirl von dir. Und das auch noch ziemlich respektlos. Darauf reagiere ich eben von Grund auf allergisch.", prustete ich ehrlich aus. „Ich erzähl dir mal was ganz Neues: Du wirst es nicht glauben, aber nicht jeder hat andauernd One-Night-Stands und weiß damit umzugehen, wenn man diesen ungeplant wiedersieht.", warf ich ihm zornig an den Kopf.

„Du hattest davor noch nie einen One-Night-Stand?", man sah die Verblüffung in seiner Mimik.

„Einhundert Punkte für den Kandidaten.", erwiderte ich sarkastisch. Auch wenn ich nicht ganz wusste, ob seine Verblüffung über diese Tatsache für oder gegen mich sprach. „Außerdem kann ich es absolut nicht ab in Gerüchte oder Dramen hineingezogen zu werden. Da bin ich lieber doppelt vorsichtig. Ich will nicht in deine Frauengeschichten involviert werden. Das war nicht so geplant, da habe ich keine Lust drauf.", ich verschränkte die Arme ablehnend.

Nate schien meine Worte einen Moment sacken zu lassen. Überlegend stützte er seinen Oberkörper mit den Unterarmen auf seinen Oberschenkeln auf. „Hör zu...", setzte er schließlich an. Nate richtete seinen Blick zu mir: „Es tut mir Leid, dass es so rüber gekommen ist. Ich wollte dich in kleinster Weise in irgendetwas involvieren. Und es tut mir natürlich auch Leid, dass ich mich womöglich so abwertend verhalten habe."

Entschuldigte er sich gerade? Was zur Hölle ging hier ab? War er vielleicht doch betrunken? Oder war ich zu betrunken und träumte bereits?

Unauffällig zwickte ich mir in den Arm, doch ich schien wach zu sein.

„Zu meiner Verteidigung, ich kenne dich nicht wirklich. Wir hatten einen Abend Spaß und hätte ich gewusst, dass dir das alles so sehr missfällt, hätte ich mich bei unserem Aufeinandertreffen auch anders ausgedrückt. Fairerweise hatte aber auch nicht mit deinem Auftauchen gerechnet und wurde dahingehend etwas überrumpelt."

Mein zorniger Blick hatte sich etwas beschwichtigt. Ich musste zugeben seine Erklärung und Entschuldigung schienen gar nicht so unglaubwürdig.
Stattdessen verstand ich ihn sogar ein bisschen, da es mir ja ebenso ergangen ist. Ich wurde vermutlich mindestens genauso überrumpelt wie er. Nur hatte er das anders kompensiert als ich. Darüber hatte ich tatsächlich noch nie so richtig nachgedacht, weil er im Umgang mit dieser Situation immer so locker und beabsichtigt gewirkt hatte.

„Wollen wir uns vielleicht einfach endgültig darauf einigen, dass wir die einmalige Sache ruhen lassen und vergessen? Dann könnten wir vielleicht von vorn starten. Auch Drew zu liebe, weil er dich ganz nett zu finden scheint.", schlug er locker vor.

„Du willst mir also einen Friedensdeal vorschlagen?", hakte ich sicherheitshalber nach.

„Sozusagen.", er zuckte belanglos mit den Schultern: „Wir vergessen die Sache und einigen uns darauf, dass sowas nie wieder passieren wird. Und anstatt dieser komischen Stimmung könnten wir dann ganz normal miteinander umgehen."

„Quasi als Freunde?", verwirrt fasste ich seine Absicht zusammen. Das alles war mir doch etwas zu viel Ernsthaftigkeit für fünf Uhr morgens, kurz nach meinem schlimmsten Alkoholabsturz.

„Naja, soweit würde ich nicht gehen.", grinste er belustigt: „Aber als neutrale Zimmernachbarn, die sich ab und zu im Flur begegnen."

Abwartend sah mir Nate entgegen, während ich versuchte angestrengt nachzudenken. Eigentlich regte er mich meist mit seiner Art auf: Ständig dieses belustigte Grinsen über jede Aktion meinerseits und diese unbemühte Perfektion, die er oft zur Schau stellte. Auch dieses ständige Ausspielen seines unübersehbaren Charmes, um Mädchen schöne Augen zu machen, fand ich eigentlich zum Kotzen.

Trotzdessen, dass er mich oft zum Augenrollen brachte, fand ich ihn ab und zu irgendwie ganz nett. Immerhin hatte er mich vor wenigen Tagen mit seinem Auto zu Chiara kutschiert, auch wenn die Fahrt an sich eher unangenehm war. Und heute Abend hatte er mir mehrfach aus der Klemme geholfen. Naja außerdem fand ich ihn am Abend unseres One-Night-Stands ehrlicherweise auch nicht komplett scheiße. Zudem schätze ich es, dass er auf mich zu kam, um den ersten Schritt zu einer Versöhnung zu tätigen.

Nach kurzem Abwägen hielt ich ihm meine Handfläche entgegen. Man sollte auch über seinen Schatten springen können, so wie er es eben getan hatte.

„Einverstanden."

Überrascht sah er erst zu meiner Hand und dann in mein Gesicht.

Als hätte er in meiner Mimik abgelesen, dass ich es auch so meinte, ergriff er meine Finger mit seiner großen Hand und schüttelte diese: „Abgemacht."

Zufrieden nickte ich. Immerhin hatte der Abend eine gute Sache gehabt: Ich hatte diesen dämlichen Konflikt mit Nate endlich aus der Welt geschafft. Dieser One-Night-Stand gehörte final zur Vergangenheit. Ich hoffte inständig, dass es jetzt nicht mehr zu solchen unangenehmen und nervigen Situationen zwischen uns kommen würde.

„Und wir verlieren kein Wort mehr darüber, auch nicht vor Drew.", ergänzte ich.

Drew ging das nichts an. Zumal es sowieso der Vergangenheit angehörte und ich wollte nicht, dass diese Sache breitgetreten wurde. Immerhin hatte Drew, sein bester Freund, mich sogar indirekt vor Nate gewarnt: „Und zwischen uns wird absolut nichts mehr in diese Richtung passieren, kapiert?"

„Nach dieser Nacht verlieren wir kein Wort mehr darüber und es wird garantiert nichts mehr passieren. Versprochen.", beteuerte er und ließ meine Hand wieder los.

Anschließend stand er auf und rückte den Stuhl wieder an meinen Schreibtisch: „Ich lass dich jetzt mal deinen Rausch ausschlafen. In der Hoffnung du erinnerst dich morgen noch an diese fabelhafte Bilderbuchversöhnung."

Ich sah mit hochgezogenen Augenbrauen und etwas belustigt zu ihm hinüber, während ich es mir im Bett bequem machte.

Er hob abwehrend die Hände: „Was soll ich sagen, ich bin halt ziemlich gut in vielen Dingen. Auch in Entschuldigungen."

„Willst du dir diese Versöhnung gleich wieder versauen?", nuschelte ich mit halb geschlossenen Augen. Es tat so unfassbar gut meine Augenlider zu entspannen. Die Müdigkeit durchfuhr meine gesamten Gliedmaßen.

„Schon gut.", gab er sich geschlagen und ging zur Zimmertür.

Kurz bevor er das Zimmer verließ, hielt er noch einmal inne bevor er resümierte „So sind wir letztendlich doch wieder in einem Bett gelandet."
Ich wusste genau, dass er auf meine Aussage vom Anfang des Abends anspielte, in der ich überzeugt kund getan hatte, dass der Abend auf keinen Fall enden würde wie unser letztes Zusammentreffen auf einer Party.

„Nate!", fuhr ich ihn genervt an.

In der nächsten Sekunde hatte ich mir ein kleines Dekokissen von meinem Bett gegriffen und nach ihm geschleudert. Ich hatte keine Kraft anderweitig auf seine Kommentare zu reagieren, beziehungsweise meinen Deal mit ihm noch einmal zu überdenken, was ich bei solchen Aussagen am liebsten direkt getan hätte.

Abwehrend hielt er sich die Hand vor sein Gesicht: „Schon gut, Aliengirl.", lachte er amüsiert: „Schlaf dich ersteinmal aus.", fügte er an, bevor der Blondschopf das Licht aus machte und die Tür schloss.

Das bekam ich allerdings nur noch vage mit, da mich der Alkohol just diesem Moment in einen tiefen Schlaf zog.
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Zum Abschluss der Woche, kommt der Abschluss der Partynacht. Na mal sehen wie das mit den Zweien weitergeht. Ob das mit dem Freundschaftsdeal gut geht??? Mal sehen, mal sehen.

xx Jenny

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