Kapitel 29

370 31 3
                                    

Mit dem üblichen Small-Talk machten wir uns schließlich auf den Weg ins Hauptgebäude von MACUSA. Keiner machte irgendwelche Anstalten irgendwelche tiefgründigen Gespräche mit mir zu führen, was mir diesem Fall sehr gut passte. Doch dann meinte der Blondschopf mit dem Schnauzbart plötzlich: ,,James, bist du eigentlich schon aufgeregt?" - ,,Meinst du wegen der Überführung von Grindelwald?" - ,,Ja, ich meine man weiß nie genau was geschehen könnte. Selbst unter erheblichsten Sicherheitsvorkehrungen war es Grindelwald immer möglich irgendwie seinen Weg zu finden und für die Beteiligten ging es nie gut aus." - ,,Ich bin zuversichtlich. Würde ich mit einem schlechten Gefühl an die Sache herangehen, wäre ich der Falsche für diesen Job." - ,,Da hast du wohl Recht. Trotzdem - viel Erfolg." - ,,Danke."
Wir mussten schließlich durch mehrer Sicherheitsschleusen und ich konnte von Glück reden, dass Professor Fontaine etwas über das Anzapfen der Magie herausgefunden hatte. Dieses ermöglichte mir konsistent und ohne irgendwelche Probleme, meine Tarnung aufrecht zu erhalten und keiner hegte auch nur den Hauch einer Vermutung, dass etwas nicht stimmen könnte. Da ich aus den Gedanken von James seinen kompletten Tagesablauf entnehmen konnte, wusste ich, dass ich bis 14:00 nur Büroarbeiten zu erledigen hatte, gefolgt von einem Meeting zwecks der Überführung und anschließende Rundgänge durch die Zellen, bis der Zeitpunkt gekommen war. Ich musste es irgendwie schaffen im richtigen Moment mit Grindelwald in Kontakt zu treten. Sollte mir das nicht gelingen, würde mein gesamtes Vorhaben in Frage gestellt werden und ich müsste einen anderen Weg finden, mich seinem Vorhaben anzuschließen. Wenn ich so genauer darüber nachdachte, war es eigentlich gar nicht so schlecht, dass ich den Platz von James einnahm. Er war nämlich einer derjenigen, die nicht vom Blitz getroffen worden, sondern es im richtigen Moment schafften zu fliehen. Dadurch würde ich hoffentlich nicht allzu viel in der Geschichte ändern, da es bekanntlich fatale Folgen haben kann, den Lauf der Dinge zu beeinflussen. Natürlich war ich mir dessen jederzeit bewusst und dementsprechend hatte ich Mister Andrews konkret so manipuliert, dass er zu der gegebenen Uhrzeit mit seinem Besen wieder bei MACUSA ankam. Natürlich würde er sich nicht an mich erinnern oder irgendetwas sonst, aber so würde die Zeit wenigstens wieder ein wenig gerade gerückt werden. Der Professor hätte mich schließlich nicht hierher geschickt, wenn er nicht das Vertrauen hätte, dass ich das nötige Maß an Selbstdisziplin besaß. Die Büroarbeit von Mister Andrews war wirklich sehr ermüdend, aber ich musste es durchziehen und außerdem war es eine gute Ablenkung für meine Nerven. Als es dann endlich 14:00 war, begann der Vortrag der Präsidentin von MACUSA : Seraphina Picquery.
„Schön, dass Sie sich alle rechtzeitig hier eingefunden haben. Den Grund Ihres Erscheinens brauche ich sicher nicht genauer erläutern, da Sie sich alle bewusst sind, welche Verantwortung wir in dieser Nacht tragen. Nicht nur MACUSA gegenüber sondern auch der gesamten restlichen magischen Welt. Grindelwald ist einer der gerissensten und mächtigsten Zauberer, der mir je untergekommen ist. Vermeiden Sie wenn möglich jeglichen direkten Kontakt. Er war bereits in der Lage mehrere Wärter zu seinen Zwecken zu manipulieren, weshalb wir ihm seine Zunge entfernen ließen. Trotzdem wissen wir zu keinem Zeitpunkt, ob er nicht doch etwas geplant hat. Deswegen bitte ich Sie um Ihre höchste Aufmerksamkeit und natürlich um Diskretion. Wir brauchen wahrlich nicht noch mehr aufgewühlte Seelen. Viel Erfolg."
Da jeder bereits seine genaue Aufgabe kannte, dauerte diese Besprechung nicht sonderlich lange und ich schaute mir noch einmal die armen Seelen an, welche die wahre Macht Grindelwalds zu spüren bekommen würden. Es war bestimmt nicht sonderlich angenehm einen Blitzschlag zu erleiden, von Schlange erwürgt zu werden oder sonstiges. Ohne zu zögern, machte ich mich als Nächstes auf den Weg zu den Zellen der Gefangenen. Einerseits würde dort meine nächste Schicht beginnen und andererseits wurde es langsam höchste Eisenbahn mit ihm zu reden. Ich merkte erst auf dem Weg dorthin wie nervös ich eigentlich war, denn meine Hände wurden auf einmal schweißnass und kalt. Verdammt jetzt reiß dich zusammen, Eleanor! Wenn du auch nur den kleinen Hauch einer Nervosität preisgibst, wird er dir niemals vertrauen. Dementsprechend atmete ich noch einmal tief durch und bahnte mir meinen Weg an den Gefangenen vorbei und sah vor einer Zelle schließlich zwei Wärter stehen. Die beiden starrten emotionslos im die Ferne und verschränkten ihre Arme, als ich mich ihnen näherte. Dann meinte der Linke, etwas schmächtigere : „Andrews, was wollen Sie hier? Das ist nicht Ihr Zuständigkeitsbereich und das wissen Sie. Der Transport findet nicht vor Mitternacht statt und jetzt Abmarsch."
Ich lächelte und zapfte ihre Energien an: „Imperio. Meine lieben Herren die Präsidentin bat mich noch einmal die Zelle Grindelwalds zu überprüfen. Sie werden Sie jetzt sofort öffnen, um mich herein zu lassen."
Sie öffneten die Tür und mir kam ein Schwung Arum ins Gesicht, sodass ich wie wild begann zu husten und meine Tarnung verschwand ebenso. Da ich jetzt schneller denn je handeln musste, versteckte ich mich weiterhin in der Zelle, währenddessen ich die Wachen vorübergehend die Arum Zweige entfernen ließ. Natürlich bestand zu keiner Zeit auch nur die geringe Chance für Grindelwald zu entkommen, da sie ihn doppelt und dreifach gesichert hatten, sprich Arum-Seile um seine Hände und die Füße und noch eine extra Schutzkuppel. Die entfernten Pflanzen machten es mir schließlich einfacher zu atmen und er fixierte mich mit seinem Blick. Da meine Tarnung sowieso nicht mehr aufrecht gehalten werden konnte, wandte ich mich nun direkt an ihn: „Ich weiß von Ihrem Ausbruchsplan und ich möchte Ihnen gerne dabei helfen. Mein Name ist Elisabeth Pierce und ich glaube an das Ideal Ihrer Weltanschauung."
Er neigte seinen Kopf zur Seite und schaute mich verwundert an. Natürlich konnte er mir nicht antworten, da sie ihm die Zunge entfernt hatten, also fuhr ich einfach fort: „Ich werde bei der Besen-Fraktion dabei sein und die anderen Auroren nacheinander ausschalten. Wie Sie eventuell mitbekommen haben, habe ich eine kleine Abgeneigtheit gegenüber Arum und zähle wie Sie mit zu den Präzaren. Das macht mich ziemlich mächtig und ich sage Ihnen eines, Sie wollen mich in Ihrem Team haben und nicht als Ihren Feind."
Er lächelte und plötzlich hörte ich eine Stimme in meinem Kopf: „Sie scheinen wahrlich von sich überzeugt zu sein, das gefällt mir an Ihnen, aber ich habe leider keinerlei Sicherheit was Ihr Vertrauen angeht."
Noch immer geschockt von seiner Stimme in meinem Kopf und wie auch immer er das angestellt hatte, antwortete ich: „Ich muss Ihnen gar nichts beweisen. Entweder Sie nehmen mein Angebot an oder Sie haben mehr Arbeit. Es ist ganz allein Ihre Entscheidung." - „Nun gut, beweisen Sie, dass Sie würdig sind und ich heiße Sie gerne als ein neues Mitglied willkommen." - „Das wollte ich auch hoffen."
Mit einem Lächeln im Gesicht verließ ich seine Zelle wieder und ließ die Wärter zunächst erstmal wieder alles so einrichten wie es zuvor war und veränderte anschließend die Erinnerung der beiden. In der Gestalt von Mister Andrews widmete ich mich schließlich wieder meiner Arbeit und stiefelte die Gänge entlang. Man sah dabei verschiedene Arten von Kuriositäten, die ich bereits damals in Askaban erlebt hatte. Es gab die Verzweifelten, die schon mit ihrem Leben abgeschlossen hatten; die völlig Verrückten, welche die ganze Zeit schrieen oder in ihrer winzigen Zelle herumrannten; aber es gab natürlich auch normale Leute, welche einfach nur dasaßen und an die Decke starrten. Plötzlich veränderte sich das Bild vor meinen Augen, als ich in eine der Zellen hineinschaute und es war wie eine Art Vision. Ich sah wie der Mann hingerichtet werden würde und trat kurz drauf wieder in die Realität zurück. Vollkommen verwirrt von meiner neuartigen Entdeckung, wollte ich herausfinden, was es damit auf sich hatte und wie genau das gerade geschehen war. Deshalb fixierte ich eine weitere Person an und mit dem Hauch einer Sekunde sah ich wieder Bilder in schwarz-weiß, welche mir zeigten, wie die Frau saß und schließlich verhungerte. Es war einfach nur grauenhaft solche Bilder zu sehen und es mitzuerleben. Anscheinend gab es noch einen weiteren Vorteil, wenn man ein Präzar war und sich in der Vergangenheit befand. Ich konnte voraussehen, was genau geschehen würde und es würde mir eventuell sogar erlauben, die richtigen Entscheidungen zu treffen ohne die Gegenwart zu gefährden. Mit Sicherheit konnte man diese Fähigkeit noch ausbauen, so war es schließlich immer - richtig? Es würde mir jedenfalls viel Ärger ersparen und mir ebenso eine große Last nehmen. Ohne meine Kräfte noch weiterhin sinnlos zu verbrauchen, entschied ich schließlich nur noch ein wenig hin und her zu schlendern und begab mich dann kurz vor Mitternacht zu dem genannten Treffpunkt. Jetzt würde es gleich losgehen - Grindelwalds Flucht war in vollem Gange. Dort angekommen, standen noch weitere Auroren und man merkten wie angespannt jeder Einzelne von ihnen war. Ich jedoch, war tatsächlich die Ruhe selbst und konnte es ehrlich gesagt kaum erwarten, dass es endlich losgehen würde. Auf einmal kamen dann schließlich mehrere Auroren Plus Gefolgschaft und Grindelwald um die Ecke. Grindelwald und seine zwei Leibwächter stiegen sofort in die Kutsche ein ohne auch nur einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden, was sonst noch so geschehen könnte. Piquery, Spielman und Abernathy tuschelten noch irgendetwas, aber ich bekam leider nichts davon mit, da ich mich bereits in die Formation begeben hatte und sie dementsprechend außerhalb meiner Reichweite waren. Schließlich stiegen letztere in die Kutsche zu Grindelwald und mit einem Ruck erhoben wir uns alle endlich in die Lüfte. Es schüttete wie aus Eimern, aber das war mir ja bewusst, da dies für Grindelwalds Plan ein essentieller Bestandteil war. Anderenfalls wäre es viel zu leicht für die Auroren, ihn wieder in Gewahrsam zu bringen. Schon nach kurzer Zeit sah ich aus der Ferne, dass jemand an die Unterseite der Kutsche appariert war. Doch den anderen schien es nicht aufzufallen. Da frage ich mich ja ernsthaft wie Sie die Qualifikation für ihren Job bekamen, wenn sie nur die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfisches besaßen. Nachdem Grindelwald das zweite Mal appariert war, wurde es schließlich auch Zeit für mich in Aktion zu treten. Doch auf einmal sah ich in einem Bruchteil einer Sekunde wie in einem Schwarz-weiß Film erneut Bilder vor meinem geistigen Auge. Die Vision zeigte mir welche Männer genau vom Blitz getroffen wurden und dass der gute Herr neben mir unbeschadet davonflog, um am Hauptquartier zu Petzen. Wieder in der Realität angekommen, wusste ich dank dieses neuen krassen Tools ganz genau, was ich nun zu tun hatte. Ich schrie meinem Nebenmann, noch in der Gestalt von Andrews zu : „Er ist geflohen. Wir müssen der Präsidentin sofort Bescheid sagen!"
Er nickte und drehte sofort ab. Perfekt, Numero uno - erledigt. Mittlerweile hatte Grindelwald es geschafft die volle Kontrolle über die Kutsche zu übernehmen und er lenkte sie direkt herunter zum Hudson, um die Innenkabine mit Wasser zu füllen. Doch durch diese Aktion kam ihm meine Fraktion immer näher und kurz bevor sie in unmittelbarer Reichweite waren, steuerte er die Kutsche wieder hoch in die Lüfte. Da ich nun den Zeitpunkt nutzen musste, um meine Loyalität unter Beweis zu stellen, brauchte ich natürlich den vollen Ausschlag meiner Kräfte. Ich ließ also die Tarnung fallen und ohne länger zu zögern, holte ich meinen Zauberstab aus dem Stiefel und wirbelte die Wolken über uns auf. Meiner Intuition nach, merkte ich wie verblüfft die Besenreiter hinter mir waren und ich musste agieren, bevor sie es tun konnte. Mit Schwung sprang ich mit beiden Füßen auf meinen Besen und schaltete mit dem Blitzschlag zunächst diejenigen aus, die sich unmittelbar hinter mir befanden, da sie derzeit die größte Gefahr darstellten. Ohne mit dem Wimper zu zucken, folgten dann auch noch die anderen, bis ich ganz alleine hinter der Kutsche hinterher flog. Auf einmal kamen mir zwei Auroren entgegen geflogen sowie ein Schwall Wasser. Den zwei Auroren konnte ich ausweichen, aber die extra Wasserdusche blieb mir nicht erspart. Genervt davon, dass ich von Kopf bis Fuß nass war und wahrscheinlich aussah wie ein Panda durch meinen verlaufenen Mascara, fluchte ich : „So eine Scheiße!"
Ich wollte gerade in die Kutsche steigen, als Spielman herausgeschleudert wurde und im letzten Moment wandte er seinen Blick zu mir. Sofort sah ich wieder eine Vision, die geänderte Erzählweise in den Geschichtsbüchern. Mein Fake Name in ihnen. Es war offiziell. Elisabeth Pierce war in den 1920-er Jahren angekommen. Mit Schwung hievte ich mich schließlich in die Kutsche hinein und sie sahen mich entsetzt an :,,Was?!"
Sofort wandten beide wieder den Blick ab und Grindelwald begann: ,,Das ist Elisabeth. Sie hat beschlossen sich uns anzuschließen. Elisabeth - Abernathy, Abernathy - Elisabeth."
Ich nickte ihm nur zu und wartete darauf, wie er fortfahren würde, doch er machte nur ein kurzes Nicken in Richtung Abernathy, der sich daraufhin nach draußen begab, um höchstwahrscheinlich die Kutsche zu lenken. Nun waren wir ganz alleine und erst jetzt realisierte ich richtig, wer hier gerade vor mir saß. Eine Weile sagte niemand ein Wort, aber dann sprach er in einem mysteriösen Tonfall :,,Du kommst mir äußerst bekannt vor, junge Lady. Sag mir, woher kommst du?" – „London, geboren und dort aufgewachsen."
Er nickte zwar, aber ich merkte, dass er es mir nicht abkaufte und wurde dementsprechend etwas nervös. Dann atmete er tief ein und aus und sagte ernst: „Tut mir leid, aber darauf kann ich mich nicht verlassen. Legilimens." - „Oh, fuck."
Doch es war zu spät, denn im nächsten Moment tauchte er ungehindert in meinen Verstand ein.

Eleanor Slytherin II [pausiert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt