Kapitel 22

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Die Sonne schien mir ins Gesicht und dementsprechend runzelte ich meine Stirn und öffnete anschließend meine Augen. Ich kniff sie zusammen, stützte mich auf meine Ellbogen und blickte aus dem Fenster. Es schien noch sehr früh am Morgen zu sein, da die Sonne zu diesem Zeitpunkt sehr tief stand und es bis auf die Geräuschkulisse der Vögel, still im gesamten Haus war. Vorsichtig deckte ich mich auf, schnappte mir ein paar Sachen zum Anziehen und ging ins Bad. Draco schlief noch tief und fest und ich wollte ihn sicherlich nicht aus seinen Träumen reißen. Nach einer kurzen Morgendusche, dem Auftragen des nötigen Make-ups und dem Anziehen meiner Klamotten für den heutigen Tag, ging ich wieder aus dem Bad hinaus, um zu sehen, ob außer mir noch jemand wach war. Vom Wohnzimmer aus sah ich bereits Marlin, die ein paar Runden im Pool schwamm. Mit einem Lächeln im Gesicht stellte ich mich an den Poolrand und begrüßte sie: „Guten Morgen Miss Grayson."
Sie blickte sofort zu mir an und antwortete: „Eleanor! Mit dir hatte ich ja noch lange nicht gerechnet. Sonst stehst du doch nie vor zwölf auf, wenn du die Chance dazu hast." – „Wo du recht hast, aber ich konnte keine Minute länger still liegen bleiben. Wir brauchen dringend einen neuen Plan. Ruhig schlafen kann ich erst wieder, wenn diese ganze Sache ein für allemal vorbei ist."
Sie nickte zustimmend: „Ich verstehe dich. Mir geht es ganz genauso. Pass auf, Hermine ist auch schon wach und meditiert etwas im Garten. Wie wär's, bevor die anderen wach werden, stellen wir drei schon mal das Grundgerüst? Wir sind ja sowieso wach und dumm rumsitzen und uns langweilen können wir auch wann anders." - „Das klingt gut. Ich hole sie, du setzt schon mal den Kaffee auf und wir treffen uns auf der Terrasse." - „So machen wir es. Auf geht's."
Hermine saß wie erwartet mit geschlossenen Augen auf einer Decke und genoss die Geräusche der Natur. Ich tippte vorsichtig auf ihre Schulter und sagte: „Guten Morgen."
Sofort öffnete sie ihre Augen und drehte sich zu mir um: „Morgen, ich habe dich gar nicht kommen hören." – „Ich habe mich ja auch bemüht extra leise zu sein, um dich nicht zu stören." – „Das ist nett..." – „Marlin hatte gerade die Idee, dass wir schon einmal einen groben Plan schmieden, da wir die Zeit sinnvoll nutzen wollten." – „Gute Idee, ich wollte euch sowieso noch über meine neuesten Erkenntnisse informieren."
Hermine stand schließlich auf, legte die Decke zusammen und ging anschließend mit mir auf die Terrasse. Marlin hatte uns schon den Kaffee hingestellt und wir setzten uns hin. Bevor jemand anderes etwas sagen konnte, eröffnete Hermine unsere Krisensitzung: „Ich habe gestern noch mal in aller Ruhe die Bücher, welche ihr damals aus der Bibliothek mitgenommen habt, durchgesehen und bin da auf etwas interessantes gestoßen. Es war die Rede von einem mächtigen Präzar, der es schaffte nur mit der Kraft seiner Gedanken eine ganze Masse von Menschen zu manipulieren und für seine Ziele zu begeistern. Zuerst dachte ich, dass damit Salazar gemeint war, aber durch weitere Recherche fand ich heraus, dass die Schrift zu einem viel viel späteren Zeitpunkt verfasst wurde. Um genau zu sein im ersten Zauberer Krieg."
Ich guckte sie schockiert an: „Du meinst doch nicht etwa...?" – „Doch, ich meine, dass es sich hierbei um Gellert Grindelwald handelt."
Gedanken versunken fragte ich sie nun: „Und was hat das jetzt genau mit unserer derzeitigen Situation zu tun?"– „Dazu wollte ich jetzt kommen. Im hinteren Teil des Buches, wo auch der Auferstehungszauber erklärt wurde, befindet sich eine kurze Erklärung, wie man einen Präzaren seiner Macht berauben kann. Jedoch fehlt die vollständige Erklärung. Jemand muss sie herausgerissen haben."
Sie kramte daraufhin das Buch aus ihrer Tasche und zeigte uns jene Seite. Grob gesagt stand darin, dass es nur zwei Möglichkeiten gab die Person, seiner Kräfte zu berauben. Die erste Möglichkeit war, genau wie bei dem Auferstehungszauber, dass sich alle Präzaren des selben Jahrgangs zusammenschließen und einen Zauber sprechen, welche die Person gefügig machte. Jetzt wurde mir auch allmählich klar, warum Salazar ein paar unserer Präzaren getötet hatte. Er kannte diesen Zauber und seine Folgen und wollte es um jeden Preis verhindern. Sich erneut auf die Suche zu machen war schlichtweg genauso unmöglich. Er würde schon längst sämtliche Daten gelöscht haben, bevor wir überhaupt die Möglichkeit hätten, etwas dagegen zu unternehmen.
Die zweite Hälfte des Textes war jedoch in kyrillischen Schriftzeichen geschrieben und sie bedeckten nur eine halbe Seite, da der Rest herausgerissen wurde. Marlin fragte uns: „Was steht dort?"
Hermine antwortete sofort: „Ich kann es nicht direkt entziffern, da es sich hierbei um eine Mischung aus Altostslawischer und russischer Sprache handelt. Es wurden anscheinend mehrere Überlieferungen zusammengeschrieben. Grob geraten und mithilfe eines Wörterbuches gibt es jedoch ein paar Anhaltspunkte. Es ist auf jeden Fall die Rede von zwei Personen, die wenn ich es richtig verstanden habe vollständig, vollkommen oder irgendetwas in der Art sein müssen. Was ich jedoch nicht verstehe, ist was das Ritual beinhaltet. Es scheint sich hierbei nicht um ein normales Vorgehen zu handeln, sondern ein bestimmter Ablauf von Folgen."
Ich blickte die Schriftzeichen noch einmal genauer an und antwortete: „Es ist ein Tanz."
Nun zogen sie beide verwirrt ihre Augenbrauen nach oben. Ich zeigte auf das Wort: „плясать, heißt soweit ich weiß tanzen."
Hermine fuhr sich nervös durch ihre Haare: „Okay das bringt uns nicht unbedingt weiter. Auf jeden Fall folgt danach ein Warnhinweis, aber dafür bräuchten wir die fehlende Seite."
„Ja, das stimmt. Du hast ja auch etwas mit vollkommenen Zauberer erwähnt. Damals hat mir Madam Pomfrey erzählt, dass nicht alle Präzaren eine solch starke Ausprägung wie ich besitzen. Eine Verwandte von ihr konnte zum Beispiel nur heilen und nichts anderes. Heißt das, dass es verschiedene Stufen der Ausprägung dieses Zauberns gibt und wir hierbei nur zu 100 % ausgeprägte Präzaren brauchen?" - „Du hast es erfasst. Dazu wäre ich als Nächstes gekommen. In dem Buch hat ein Autor oder eher gesagt ein Professor aus seiner Beobachtung die verschiedenen Stufen dieser Ausprägung niedergeschrieben. Jetzt kannst du dir sicherlich denken, was die ultimative Ausprägung ist." – „Gedankenkontrolle und Manipulation."
Es herrschte eine kurze Stille, bevor ich wieder an setzte: „Dann haben wir nur eine Option. Jeder unserer Präzaren wird nach und nach getestet. Wir müssen herausfinden, wer von uns geeignet ist - wer von uns wie Grindelwald und Salazar ist."
Sie nickten beide: „Aber zunächst müssen wir nach Ilvermony. Die Leute dort müssen gewarnt werden, was Ihnen bevorsteht."
„Definitiv! Salazar wird, sobald er herausgefunden hat, dass sein Zauberstab dort vergraben ist, sich unverzüglich dorthin begeben. Er will seine Macht verstärken und ausbauen und das geht nun mal nur mit seinem Zauberstab."
Nun wandte sich Marlin ein: „Aber er könnte sich doch theoretisch einfach einen neuen machen lassen oder?" - „Theoretisch ja, aber das wird er nicht. Der Zauberstab wurde von Generation zu Generation weitergegeben, bis er durch Gormlaith mithilfe der Parsel-Sprache deaktiviert wurde und somit für Isolt, die den Zauberstab zuvor gestohlen hatte, nicht mehr verwendbar war, da sie die Worte zur Aktivierung nicht kannte. Die Geschichte ist ziemlich kompliziert und lang, aber kurz gesagt. Gormlaith Gaunt, hat die Eltern von Isolt, sprich ihre Schwester und deren Mann, getötet und Isolt an sich gerissen und quasi gefangen gehalten. Diese konnte jedoch entkommen, suchte sich ein neues Zuhause in Amerika in den Bergen. Sie lernte einen Muggel kennen, gründete die Schule Ilvermony und hatte vier Kinder. Gormlaith kam ihr jedoch irgendwann auf die Schliche und duellierte sich mit der Familie. Dabei deaktivierte sie den Zauberstab und Isolt vergrub ihn. Jahre später wuchs daraus dann ein Baum, dessen Blätter sogar wahre Medizinische Wunder verbringen können." - „Oh wow, also zu deiner Familie kann man ja sagen, was man will, aber langweilig war es über die Jahrhunderte ganz bestimmt nicht." -„Definitiv. Das war auch der Grund, warum ich nach Ilvermony und Hogwarts gegangen bin. Diese beiden Schulen stellen eine Verbindung zu meiner Familiengeschichte dar und egal wie düster es auch sein mag, diese Orte geben mir auf eine bestimmte Art und Weise das Gefühl zuhause zu sein."
Marlin umarmte mich und sagte dann: „So, wie sieht's aus? Wecken wir langsam mal die anderen? Du hast es schließlich selbst gesagt. Wir haben keine Zeit zu verlieren." - „Ja, auf geht's."
Mit Kraft stützte ich mich auf dem Tisch ab, stand auf und machte mich zuerst auf den Weg in mein Zimmer, um Draco zu wecken. Oben angekommen, öffnete ich die Tür und überraschenderweise stand er schon am Fenster und knüpfte sich sein Hemd zu.
„Wow, ich hätte nicht gedacht, dass du schon wach bist, Malfoy."
Er drehte sich zu mir um und lächelte: „Das Gleiche könnte ich über dich sagen, Slytherin. Was hast du gemacht?" -„Hermine, Marlin und ich, haben einen groben Plan geschmiedet, wie es ab heute weitergehen wird beziehungsweise gab es noch ein paar neue Erkenntnisse." - „Und die wären?" - „Wir haben nur eine Möglichkeit ihn zu schwächen, da er die erste bereits vereitelt hat. Die Erklärung ist jedoch in Kyrillischer Schrift und unsere bisherigen Erkenntnisse ergeben sowas wie zwei vollkommene Präzaren müssen tanzen."
Er blickte mich verwirrt an und lachte: „Tanzen? Ballett oder was?" - „Keine Ahnung, da fehlt uns die zweite Seite beziehungsweise die Übersetzung. Kannst du bitte in meinen Koffer all meine Sachen und die meiner Eltern, welche sich hier noch vereinzelt befinden, einpacken? Wir werden in den nächsten Tagen ein paar Sachen brauchen."
Er kam auf mich zu, nahm mein Gesicht in seine Hände und sagte: „Sehr wohl my Lady." und küsste mich anschließend. Ich bedankte mich bei ihm und machte mich anschließend auf den Weg zu Kaylas Zimmer. Es würde bestimmt kein Zuckerschlecken werden die kleine Prinzessin zu wecken. Dementsprechend klopfte ich an ihre Tür und kurz darauf hörte man ein höfliches: „Herein."
Sie saß an dem Schminktisch und machte sich ein wenig zurecht. Daraufhin fragte ich sie: „Wo hast du denn das ganze Zeug her?" – „Ich Reise immer mit etwas Gepäck. Man weiß ja nie, was passiert."– „Da hast du wohl recht. Schaffst du es in 10 Minuten unten zu sein?" – „Na klar, das sollte kein Problem sein."
Ich nickte und wollte schon wieder das Zimmer verlassen, als sie noch einmal rief: „Eleanor! Warte!"
Sie wandte nun den Blick vom Spiegel ab blickte mich direkt an: „Ich wollte mich noch einmal für mein Verhalten entschuldigen. Normalerweise bin ich nicht so, aber ich hatte Angst vor den Konsequenzen und wenn ich ehrlich bin auch ein wenig vor dir. Dein Name ist in der magischen Welt nicht gerade unbekannt und nicht gerade gut. Ich hoffe, du kannst mir irgendwann verzeihen." – „Schon okay, wir alle haben eine schlechte Seite an uns und man kann nicht immer kontrollieren, wann diese zum Vorschein kommt. Das weiß ich am Besten."
Sie nickte mir noch einmal verständnisvoll und dankbar zu und ich verließ schließlich endgültig das Zimmer. Erstaunlicherweise waren wirklich nach 10 Minuten alle unten und ich wies sie ein: „Wir werden heute nach Ilvermony apparieren. Das ist eine Zauberschule in Nordamerika und sie müssen gewarnt werden. Genauere Details erkläre ich euch vor Ort."
Wir traten daraufhin alle zusammen und ich konzentrierte mich, bündelte die Energien und appariette schließlich nach Massachusetts –nach Ilvermony.

Eleanor Slytherin II [pausiert]Όπου ζουν οι ιστορίες. Ανακάλυψε τώρα