Haldir

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Lange saß ich auf meinen Bett und dachte nach. Ich musste eine Entscheidung treffen schweren Herzens. Ich will nichts lieber als Luin bei mir zuhaben, aber wenn ich das tue, wird er es nicht überleben. Also muss ich Luinion schweren Herzen loslassen.

Meinen Kopf wandte ich zu den Bettchen, wo mein Junge friedlich schläft und dabei zu unschuldig aussah. Ich stand auf, trat drauf zu und kniete mich hin.
Lange sah ich ihn an, betrachtete sein Engelsgesicht und strich sachte über seine Wange.
Alles verschwimmt vor meinen Augen und ich wende mich ab, verlasse das Zimmer, das wir beide bewohnten.

Ich fand den Weg zum großen Garten und gehe drauf zu, setzte mich dann auf einer Bank hin und sofort brach ich zusammen. Tränen flossen mir in Strömen über die Wangen und tropften auf die Wiese, ich stützte meinen Kopf ab und ununterbrochen schluchzte ich.

Wieso? Wieso musste ich es tun? Eine Entscheidung treffen, die ich nie verkraften könnte?
Warum ist das Leben nur so unfair?
Erst wird man ungefragt in ein Abenteuer gezogen, dann muss man kämpfen lernen, findet später dann Freunde, danach wird man Opfer einer versuchten Vergewaltigung und rettet einen Jungen, den man von Herzen lieben tut wie einen eigenen Sohn und jetzt soll das alles bald vorbei sein?
Ich musste gehen, ohne Luinion!!!

Der Gedanke daran, ihn zu verlassen, trifft mich wie eine Faustschlag und eine schwere Eishand umschloss mein Herz und lässt mich vor Schmerzen Qualen erleiden.
Laut schluchzte ich auf und dabei kam ein leichter Husten.
Wie lange ich hier schon saß weiß ich nicht, denn ich spürte schon wenig später eine warme, kräftige Hand auf meiner Schulter, die tröstend darüber strich.
Ich bin an manchen Tagen sehr sprunghaft und heute brauche ich jemand, der einfach bei mir ist.
So sprang ich auf und schmiegte ich mich an denjenigen, der gerade bei mir war und weinte weiter.

Sicht Haldir:
Wenn man auf Auftrag der Herrin hier in Bruchtal sein muss, ist es sehr schwer, bei Verstand zubleiben, wenn man sich um jemand kümmern und achten muss. Doch die junge Frau, die ich dann entdeckte, war genau dieselbe, die das Kind bei sich hatte.
Ich sah sie auf einer Bank sitzen und erkannte, dass sie herzzerreißend weinte. Ich kannte sie nicht und doch überkommt mich das seltsame Gefühl, sie zu trösten, obwohl ich sie eigentlich verachten müsste.
Doch ich bin kein Unmensch und lasse einfach trauernde Frauen allein in ihre Sorgen.

So trete ich näher und hörte ihr schluchzen, der mir seltsamerweise das Herz verknotete.
Ich hob meine Hand, legte sie auf ihrer zitternde Schulter und rieb sie sanft.

Ehe ich was sagen konnte, stürzte sie sich auf mich, lehnte ihren warmen Körper an dir meine und weinte weiter. Erschrocken über ihren Angriff wusste ich erst nicht wie ich reagieren soll, doch instinktiv legte ich dann meine Arme um sie und gab ihr die Geborgenheit, die sie so unbedingt brauchte. Ihr weiches Haar floss sanft durch meine Hand und deren Duft umgab meine Sinne, ließ sogar mein Herz schneller schlagen.
Erschrocken musste ich begreifen, was ich gerade fühlte.
Das, was ich nie für möglich hielt.
War das die Liebe?

Lange ließ ich mich von diesen warmen, starken Körper halten und trösten. Er strich mir übers Haar und murmelte leicht beruhigende Worte.
Irgendwann versiegten meine Tränen und schniefend sah ich auf, wischte mir nochmal kurz über die Augen und sah erschrocken, wer da vor mir stand und von wem ich mich hab trösten lassen.
Es war Haldir.
Also mit ihn habe ich kein bisschen gerechnet!

"Haldir?", fragte ich erschrocken. "Was führt sie hier?"
Bekümmert sah er zu mir runter und fuhr mit den Daumen mir über die Wange, wo noch eine letzte Träne kullerte.
"Ich wollte nach ihnen sehen. Und nach euer Wohlergehen fragen?"
Sarkastisch antworte ich:"Ja, man sieht, wie gut es mir geht!"
Kopfschüttelnd sah er mich an und bat stumm, mich wieder auf der Bank hinzusetzen.
Ich folge seinen stillen Wunsch, er tats mir nach und fragte:"Was ist vorgefallen? Erzähl mir, was euch bedrückt?"

Lange schwieg ich und als er schon aufgeben wollte, fing ich dann auch endlich an zu erzählen. Haldir erfuhr alles, was mir hier so passiert war und was für eine Entscheidung ich treffen musste. Lange schaut er mich an und hört mir zu, hörte sich all die schlimmen und auch all die schönen Dinge an, die mir passiert waren. Als ich endlich fertig war mit erzählen, nimmt er alles, was ich ihm soeben erzählt habe, in sich auf und sagte mir direkt seine Meinung.
"Hör mal, wenn ich selbst eine Frau wäre und mir sowas passierte wäre, wurde ich bestimmt dieselbe Entscheidung treffen wie du."
"Was bringt mir das denn, wenn ich diese Entscheidung treffe?", fragte ich verzweifelnd.
"Du hast das nur getan, weil du den Jungen von Herzen liebst. Er ist dir wie ein Sohn geworden, ist es vielleicht sogar schon für dich geworden. Deshalb ist auch sein Wohlergehen und sein Leben dir viel wichtiger als dein eigener."
Da hat er recht, ich liebte meinen Jungen und deshalb muss ich ihn verlassen, auch wenn es mir das Herz bricht.
Aber da war noch ne Sache, die mir gerade aufgefallen war.

"Ihr habt mich ungefragt geduzt!"
Das wurde ihm jetzt auch klar und er entschuldigte sich, aber ich meinte nur:"Ist schon gut. Ich habe nichts dagegen, wenn ihr mich duzt."
Haldir lächelte und bittet:"Dann geltet genau dasselbe für dich."

Die Prophezeiung der blauen JungfrauWhere stories live. Discover now