~54. Versprochen♡~

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"T-tut mir leid. Wollte ich nicht", bringe ich noch raus, bevor es mir die Kehle zuschnürrt. Was ist den plötzlich los, mir ging es doch den ganzen Tag gut, oder nicht?

~*~

Hao schaut mich nur schuldbewusst an und streckt seine Arme kurz in meine Richtung. Als hätte er es sich anders überlegt, zieht er sie aber wieder zurück, bevor sie mich erreichen.

Waren wir über das mit den Hoverhands nicht schon hinweg? Warum ist er so? Was habe ich falsch gemacht, um ihn so zu verunsichern?

Doch bevor ich fragen kann, legt er doch seine Arme um mich und zieht mich in eine Umarmung, was ich nutze, um mein Gesicht an seiner Brust zu verstecken.

Sanft streicht mir Hao meine Haare hinter meine Ohren.
Stille setzt ein und das Einzige, was ich noch höre, ist mein schneller Herzschlag, oder ist es Haos?

"Du hast nichts falsch gemacht und du hast mich nicht verletzt. Also bitte hör auf zu weinen", bricht Minghao die Stille mit immernoch etwas Überforderung in der Stimme.

Ich nicke als Antwort nur leicht. Ich habe es noch nicht geschafft, meine Tränen wieder unter Kontrolle zu bringen und ich fühle mich in Haos Armen zu geborgen, um jetzt schon wieder loszulassen.

"Du erinnerst dich an nichts?", fragt Hao nochmal nach und klingt dabei ziemlich besorgt und nachdenklich.

"An nichts nach eurem Auftritt", nuschel ich in Haos Shirt, "Kannst du mir erzählen, was gestern Abend war, nachdem wir gegangen sind?"

Ich löse mich etwas von Hao, um ihn anschauen zu können und sehe ihn nachdenklich in eine Ecke meines Zimmers starren. Was sieht er da? Da steht nur meine Trainingstasche.

Er fährt sich mit einer Hand durch die Haare, die danach etwas verwuschelt sind.
"Wir sind los gelaufen, doch dir haben die Füße weh getan, also habe ich dich getragen. Wie gesagt, war das Dorm näher und es war ziemlich kalt....", fängt er langsam an, zu erzählen.

"Du hast mich bis ins Dorm getragen?", frage ich überrascht. Das war das zweite Mal, dass er mich ins Dorm getragen hat. Das letzte mal habe ich geschlafen. Diesmal war ich betrunken. Was davon wohl peinlicher war?

"Klar, ich konnte dich bei der Kälte schlecht barfuß laufen lassen. Wie auch immer. Im Dorm habe ich dir dann etwas zum Umziehen und Abschminktücher gegeben und bin dann Duschen gegangen. Als ich wieder kam, hast du schon geschlafen", beendet er seine Erzählung, ohne mich anzuschauen.

Wenn das so ist, warum benimmt er sich dann so komisch? Er zögert. Er schaut mich nicht an, wenn er mit mir redet und seit wann zerwuschelt er sich die Haare, ohne sie danach wieder zu richten? Wenn es nicht gestern war, was beschäftigt ihn dann so sehr?

"Aber was ist es dann? Du benimmst dich komisch...", diesmal schaue ich weg. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Recht habe, zu fragen. Ich will mich in nichts einmischen, dass mich nicht betrifft.

"Ich mache mir einfach zu viele Sorgen....
Wie lief es eigentlich mit deinem Chef heute?", lenkt er schnell wieder vom Thema ab.

"Ah stimmt. Ihr bekommt eine neue Putzkraft. Ich bin gekündigt", berichte ich trocken, um zu sehen, wie Hao reagiert.

Dieser packt mich an den Schultern und schaut mir durch große überraschte Augen in meine: "Wir bekommen was? Du wurdest was? Warum?!"

Jetzt kann ich nicht anders, als zu lachen. Seine Reaktion war einfach zu komisch: "Eine neue Putzkraft. Gekündigt. Er sagte, ich bräuchte den Job nicht mehr und er hat vielleicht recht", beantworte ich Haos Fragen, doch mein Gegenüber scheint nur noch verwirrter zu sein.

"Was bedeutet das alles?", fragt er mit etwas Angst in der Stimme, "Du hast deinen Traum nicht aufgegeben, oder?"

Ok. Ich hab ihn genug gequält, Zeit ihm die gute Nachricht zu erzählen: "Nö~. Im Gegenteil. Sie haben mich zu einem Kasting im Januar eingeladen. Wenn ich gut genug bin, kann ich Trainee werden und dann mit etwas Glück ein Idol."

Ich kann sehen, wie in Hao, während ich erzähle, sich die Angst in Freude umwandelt. Dann zieht er mich direkt in die nächste Umarmung.
"Ich freue mich so für dich!"

Dann lässt er mich wieder los und schaut mich erwartend an, "Weißt du schon, was du für das Kasting performen willst?"

"Cirka. Aber ich befürchte, dass ich mit einer bloßen Tanzperformance nicht weiter komme. Kannst du mir Singen beibringen? Bitte bitte", bettel ich mit Dackelblick, doch Haos Euphorie scheint zu schwinden.

"Was ist los?", frage ich besorgt und erkenne sofort, dass sein Lächeln jetzt erzwungen ist.

"Ich habe in nächster Zeit einen echt vollgepackten Terminplan.... Ich mache, was ich kann. Ich finde schon Zeit", nimmt er sich vor.

Er klingt dabei aber so unsicher, dass ich das Gefühl bekomme, dieses 'Ich finde schon Zeit' ist mit viel zu wenig Schlaf und Überarbeitung verbunden.

"Allerdings... jetzt wo ich so darüber nachdenke, komme ich mir vor als würde ich schummeln, wenn ich von einem Topidol wie dir Hilfe bekomme. Vielleicht sollte ich das alleine schaffen. Du hast mir schon so viel geholfen", rede ich mich raus, sodass Hao, hoffentlich, nicht meint, sich wegen mir überarbeiten zu müssen.

Und es scheint zu funktionieren. Hao wird bei dem Wort 'Topidol' zwar etwas rot im Gesicht und an den Ohren, nickt dann aber zustimmend. Er sieht auch etwas erleichtert aus, was beweist, dass er nicht wirklich wusste, wie er Zeit schaffen sollte. Auch sein Tag hat nur 24 Stunden.

Hao schaut kurz nach unten und nimmt dann meine Hände in seine, bevor er wieder hoch und mir direkt in die Augen schaut.

"Auch wenn ich wenig Zeit habe, ich bin immer für dich da. Ok?", er macht eine kurze Pause, um zu sehen, wie ich reagiere.
Doch ich reagiere im Grunde gar nicht.
Ich bin überfordert.

Überfordert davon, wie zärtlich er meine Hände hält, wie er mich durch seine wunderschönen, ehrlichen Augen anschaut. Mit so viel Verbundenheit, so liebevoll und voller Sorge.
Und vor allem überfordert davon, was er mir grade verspricht.

"Du musst mir einfach nur bescheid geben und ich finde einen Weg. Ich werde immer Zeit für dich haben. Versprochen."

Nochimmer schaut er mir tief in die Augen, als ob er versuchen würde, seine Antwort dort zu finden.
Und auch ich kann meine Augen nicht von ihm lösen. So habe ich ihn noch nie gesehen. So hat er mich noch nie angeschaut.

Ich brauche einen Moment, um mich wieder zu fangen und als Antwort zumindest leicht zu nicken. Minghao hat mich, mit dem was er gesagt hat, komplett überrascht und überrumpelt.

Als Hao mein Nicken sieht, lächelt er glücklich. Dann verabschiedet er sich und geht.

Adore UWo Geschichten leben. Entdecke jetzt