Kapitel 27

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Ich hätte ihm noch ewig so in die Augen sehen können. Irgendwie faszinierten sie mich. Eigentlich mochte ich blaue Augen nie. Ich fand sie gruselig, weil es immer so wirkt, als ob sie dir direkt in die Seele starren könnten und jedes schmutzige Detail entdecken würden, dass sich tief in ihr verbirgt. Je heller desto schlimmer, aber bei Louis war das anders. Ich weiß nicht ob es daran lag, dass ich seine Augen mochte und es sich bei ihm nicht so anfühlte oder ob ich einfach nur wollte dass er mir diesen Schauer über den Rücken jagt, wenn er mich intensiv ansieht.

Ich hatte keinen blassen schimmer, doch als ich merkte, dass seine Augen nicht mehr in meine sahen, sondern etwas ganz anderes fixiert hatten, setzte mein Kopf aus. Er setzte sich ein wenig auf, ohne mich auch nur einen Augenblick aus den Augen zu lassen, bevor er mir näher als je zuvor kam. Ich spürte seinen warmen Atem auf meinem Gesicht und wusste, dass ich nicht imstande war, etwas dagegen zu unternehmen. Im Gegenteil. Als er sein Vorhaben einfach nicht zu Ende brachte, zog ich ihn einfach am Nacken zu mir hinunter, sodass seine schmalen Lippen dann endlich meine berührten. Offensichtlich war er überrascht, da er sich erstmal über mir abstützen musste, ehe er den Kuss erwidern konnte. Und das war auch der Moment in dem ich einfach meine Augen schloss, einfach weil ich mir sicher war, dass ich nicht falsch gedeutet hatte und vielleicht, aber nur vielleicht habe ich darauf schon ein wenig länger gewartet. 

Es war kein besonderer Kuss. Nur ein kleiner, unschuldiger Kuss, der schon bald von Louis gelöst wurde. Er entfernte sich von mir und ich setzte mich ebenfalls auf. Louis schaute beschämt Richtung See. Ich legte eine Hand auf seinen Oberschenkel, woraufhin er mich erschrocken anschaute, doch ich ließ meine Hand in seine Haare fahren und zog ihn wieder an mich, um ihn erneut zu küssen, doch dieses mal leidenschaftlicher. Ich ließ meine Zunge an seiner Unterlippe langfahren und bat ihn so um Einlass. Er öffnete seinen Mund ein Stück. Ich hörte nur ganz leise wie er seufzte und seine Arme um meinen Nacken schlang. 

Ich merkte nicht mal richtig wie er sich langsam in die Decke fallen ließ und mich mit sich zog, sodass ich über ihm lag. Ich merkte es erst als er seine kleinen Hände unter mein Shirt schob und ich kaum noch Luft bekam und mich lösen musste. Schwer atmend lehnte ich meine Stirn gegen seine. Meine Augen hatte ich noch immer geschlossen um mich zu beruhigen. Ich setzte noch einen letzten zarten Kuss auf seine Lippen und setzte mich dann wieder richtig hin.

Auch er setzte sich wieder auf. "Komm, wir müssen morgen früh raus." Er stand auf, hielt mir die Hand hin und zog mich auch auf die Beine. Dann rollte er die Decken wieder ein und klemmte sich beide unter die Arme. Wir liefen wieder zum Auto und ich setzte mich stumm auf den Beifahrersitz. Louis packte die Decken in den Kofferraum und stieg dann selbst ins Auto. 

Er startete den Wagen und fuhr los. Kurz bevor wir wieder in die Stadt fuhren wurde es mir einfach zu blöd. "Willst du's jetzt wieder totschweigen, wie das Ereignis im Flur mit meiner Schwester und die Nacht in der du bei mir geschlafen hast?", fragte ich dann irgendwann in die Stille hinein. Nicht mal das Radio lief. "Was willst du von mir hören, hm?" Tja, da war ich mir auch nicht so sicher. Was wollte ich denn von ihm hören? 

"Ich weiß nicht, aber ich will nicht, dass wir einfach so tun als wäre nie etwas passiert." Ich war mir sicher, dass ich mich ein wenig verzweifelt und vielleicht auch ein bisschen verletzt anhörte und vielleicht, aber nur vielleicht war ich das auch.

Louis schwieg und irgendwie machte mich das rasend. Ich wollte, dass er endlich mal etwas dazu sagt und nicht so tut als wäre da nichts. Ich finde es sowieso bemerkenswert wie er das einfach so stehenlassen kann ohne je ein Wort darüber zu verlieren. Eben so, als ob es nie passiert wäre. 

"Tu nicht so als wäre ich Luft!", sagte ich nun etwas lauter. Es macht mich wahnsinnig. Wieso ignoriert er mich? Wieso sagt er nicht einfach irgendwas? Und selbst wenn es so etwas wie 'Entschuldige, dass ich das getan habe. Es war ein Fehler und es hatte absolut keine Bedeutung für mich' wäre, gäbe mir das mehr Klarheit als das Schweigen.

Aber nein, stattdessen ignoriert er mich und sagt einfach gar nichts. Das ist super. Wirklich. "Verdammt nochmal, jetzt tu nicht so, als wäre da nichts zwischen uns!", schrie ich ihn überraschend laut an. Er legte eine Vollbremsung hin, sodass ich mich am Handschuhfach festhalten musste. Erschrocken sah ich ihn an. 

"Spinnst d-" Er unterbrach mich, indem er seine Lippen stürmisch auf meine drückte. Ich, völlig überfordert, riss die Augen auf und musste erstmal realisieren, was hier gerade passiert, doch Louis ließ mir kaum Zeit dafür. Er drängte seine Zunge, nicht ganz so sanft, zwischen meine Lippen und erst da verstand ich, was hier gerade passierte. Ich erwiderte seinen Kuss genauso stürmisch und schlampig, wie er es tat. Meine Hand ließ ich zu seinem Gurt wandern, nur um den Knopf, der den Gurt lösen würde, zu drücken. Er schlüpfte aus seinem Gurt, über die Mittelkonsole des Autos und kletterte auf meinen Schoß. Das ganze klappte tatsächlich ohne das wir uns lösen mussten, was wohl eine glatte Meisterleistung war. Ich zog ihn an seiner Hüfte noch näher, sodass ich seine Brust an meiner spürte. Wahrscheinlich hätte nicht einmal mehr ein Blatt Papier zwischen unsere Körper gepasst hätte. 

Irgendwann verschwand das Schlampige und Stürmische und wurde von Leidenschaft und Sehnsucht ersetzt. Naja, vielleicht war auch ein wenig Verzweiflung dabei. 

Dieses mal ließ ich meine warmen Hände unter sein Shirt fahren und verdammt, ich konnte fühlen wie sich eine Gänsehaut auf seinem Körper ausbreitete und wie sein Körper auf jede einzelne Berührung meinerseits reagierte und ich war mir sicher, dass ich das nicht das letzte Mal fühlen wollte.

Seine Reaktion auf alles was ich tat spornte mich so sehr an, dass ich ihm kurzerhand einfach das Shirt auszog und es einfach irgendwo im Auto fallen ließ. Ich führte meine Hände unter seinen Armen hindurch und fuhr über seinen Rücken, an seiner Wirbelsäule entlang während ich Küsse von seinem Hals bis zu seinem Kiefer verteilte. Ich saugte mich, nur ganz leicht, fest und er ließ seinen Kopf in den Nacken fallen, um mir mehr Platz zu bieten. 

Meine Hände verfingen sich in den kleinen Haaren in seinem Nacken, die ich ein wenig kraulte während ich immer stärker an der Stelle an seinem Hals sog.

Ich spürte, wie unregelmäßig und schwer er atmete und wie seine kleinen Hände sich in meine Schultern krallten. Das würde sicherlich Abdrücke geben und es störte mich kein Bisschen. Ich merkte wie er seine Hände lockerte und sie hoch in meine Haare schob. 

Das nächste was ich wahrnahm, war ein lautes Hupen und ich ließ für einen Moment von Louis ab. Keine Sekunde später fuhr ein etwa 30 Jahre alter Mann am Auto vorbei, was nebenbei bemerkt noch immer mitten auf der Straße stand. "Schwuchteln!", rief er, als er vorbeifuhr.

Louis muss wohl den Knopf für das Fenster gedrückt haben, als er zu mir rüber gekrabbelt ist. Ich blickte dem Auto noch eine Weile hinterher, bis Louis mir einen kurzen Kuss auf die Lippen drückte und sich dann wieder, umständlicher Weise über die Mittelkonsole krabbelnd, auf den Fahrersitz setzte. Sein Shirt hatte er schon wieder an und mit den Worten: "Wir sollten nach Hause fahren", fuhr er los. Ich nickte nur und murmelte ein leises: "Was für ein Arschloch", was Louis zum kichern brachte. 

Lovely Little Lies [𝙻.𝚂. 𝙰𝚄]Where stories live. Discover now