29.

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»Hey«, rufe ich ganz aufgeregt, als Kyran am Nachmittag vor meiner Haustür steht. Meine Mutter steht in der Küche und hat mich schon die ganze Zeit mit Fragen durchlöchert, wo Kyran denn bleibt. Er ist heute später dran, als sonst, aber immerhin ist er gekommen, denn irgendwie habe ich kaum noch damit gerechnet. Nachdem was heute Mittag passiert ist, bin ich davon ausgegangen, dass er sauer auf mich ist. Jedenfalls hat Anne mir erzählt, dass er nicht sehr gesprächig mir ihr gewesen ist, aber ich habe ihr versichert, dass er vermutlich nur Angst hat, etwas falsch zu machen.

Aber anstatt mir zu antworten, lehnt er sich gegen den Türrahmen, sein Blick ruht auf mir. Im ersten Moment möchte ich ihn reinbeten, doch sein Blick genügt, um mich von dieser Tat abzuhalten. Ich schlucke schwer. Wenn Augen sprechen könnten, dann würden mir seine vermutlich gerade unzählige Beleidigungen an den Kopf werfen. Alles an ihm deutet darauf hin, dass er nicht so gut auf mich zu sprechen ist, der Geschichteausdruck genauso wie seine abweisende und kalte Haltung. Von dem lachenden, frechen Jungen ist gerade nichts mehr zu sehen. Ganz im Gegenteil, er wirkt nicht nur unglaublich genervt, sondern auch noch wütend und diese Mischung gefällt mir nicht. Überhaupt nicht, wenn ich ehrlich bin.

»Kyran...«, murmele ich und seufze, aber er schüttelt bloß den Kopf. Es verletzt mich, zu sehen, dass er so enttäuscht und sauer auf mich ist, aber was hätte ich sonst tun sollen? Ich wollte ihm doch nur helfen. Er weiß es vielleicht noch nicht, aber bald wird er mir dankbar dafür sein, was ich für ihn getan habe. Er wird einsehen, dass Anne ein tolles Mädchen ist und ihn liebt. Er wird einsehen, dass sie die einzig Richtige für ihn ist.

»Hör mir mal gut zu Mia«, knurrt er leise, während er sich wieder aufrecht hinstellt. Seine Augen werden zu Schlitzen, als er mich ansieht. Ich glaube, ich habe ihn noch nie so wütend erlebt wie in diesem Moment. Eigentlich ist Kyran immer die Ruhe in Person gewesen, ich hätte nicht gedacht, dass es etwas gibt, dass ihn je aus der Fassung bringen könnte. »Ich bin immer noch sauer auf dich, verstanden? Eigentlich wollte ich gar nicht vorbeikommen. Ich meine, was sollte diese Aktion heute Morgen?«

»Ich dachte-«

»Nein«, unterbricht er mich kopfschüttelnd. Er knirscht mit den Zähnen, während er kurz die Augen schließt, so als müsse er kurz all seine Kraft sammeln, um weiterzusprechen. »Du hast nicht gedacht. Du hast überhaupt nicht nachgedacht. Kein bisschen. Das ist das Problem.«

»Anne ist ein tolles Mädchen. Ich weiß, dass du sie magst und sie mag dich. Sie redet nur noch von dir«, sage ich lächelnd, ohne überhaupt auf seine Behauptung, dass ich bei meiner Handlung nicht nachgedacht habe, einzugehen. Doch anders als von mir erwartet, fangen seine Augen förmlich an zu glühen. Ich habe das Gefühl einem brodelnden Vulkan gegenüberstehen. Die Ruhe und Gelassenheit ist Kyran völlig entgleist, als er einen Schritt auf mich zu kommt und ins Haus tritt. »Wenn ich ein Mädchen mag, dann weiß ich mir schon selbst zu helfen! Kann ja sein, dass sie ein tolles Mädchen ist, Mia, aber wie kommst du auf die Idee, dass ich sie mögen würde?«

»Weil es offensichtlich gewesen ist, Kyran. Sie hat dich gestern Abend die ganze Zeit über angesehen und...hast du sie dir mal angesehen? Sie ist wunderschön«, sage ich fassungslos. Es muss ihm doch aufgefallen sein. Anne ist die Sorte Mädchen, für die Jungs schwärmen und das, ohne arrogant zu sein. Sie ist einfach perfekt für ihn, nur er scheint es einfach nicht begreifen zu wollen.

Er verengt die Augen und schüttelt fassungslos den Kopf, als könnte er nicht glauben, was ich da sage. Seine Brauen ziehen sich ungläubig zusammen. »Sie ist nicht das Mädchen, das ich will.«

»Woher willst du das wissen?«, flüstere ich und packe ihn an seinem Arm, als er versucht zu verschwinden. »Kyran, du kennst sie nicht. Du gibst ihr nicht einmal eine Chance. Komm schon, das ist nicht fair.«

Er presst die Lippen aufeinander, offensichtlich verärgert. Ich befürchte schon, dass er jeden Moment platzen wird, da werden seine Augen plötzlich ganz groß. Und dieses Mal kann ich den Schock in seinen Augen lesen, als er langsam meinen Griff von seinem Handgelenk abstreicht.

»Kyran!«, ruft Anne. Auch wenn ich sie nicht sehe, spüre ich, dass sie auf uns zukommt. Kyran wirft mir einen verstörten Blick zu, bevor sie bei uns ist und fragt leise:»Was macht sie hier?«

»Ich habe sie eingeladen«, sage ich und zeige auf sie, genau in dem Moment, als sie hinter mir stehen bleibt. Vielleicht spürt sie die seltsame Stimmung zwischen Kyran und mir, denn ich höre sie nervös lachen. »Ich...ich glaube, ich gehe zurück in den Garten.«

»Wir kommen gleich nach«, rufe ich über die Schulter und lächle sie an. Anne lächelt, wenn auch leicht verunsichert und geht dann zurück in den Garten, in dem wir die ganze Zeit gesessen haben, während wir auf Kyran gewartet haben.

»Spinnst du eigentlich?«, fragt er, als Anne uns nicht mehr hören kann. Seine Züge nehmen wieder etwas wütendes an, als er sich zu mir vorbeugt. »Du kannst sie doch nicht einfach einladen und ein lächerliches Date arrangieren, ohne dass ich bescheid weiß.«

»Ihr sollt euch doch nur besser kennenlernen«, seufze ich. Warum muss Kyran so ein Theater hier raus machen? Kann er meine Hilfe nicht einfach annehmen?

»Ich möchte nicht, verstehst du es nicht?«, faucht er aufgebracht, doch dann macht er eine wegwerfende Bewegung. »Ich bin weg. Du kannst mich ja anrufen, wenn du wieder zur Besinnung kommst.«

»Nein! Kyran, warte, bitte!« Ich halte ihn am Saum seines T-Shirts zurück, doch er wirft einen Blick über die Schulter und funkelt mich zornig an. »Vergiss es.«

»Kyran!«

Ich zucke zusammen, als ich die viel zu laute Stimme meiner Mutter hinter mir wahrnehme, die innerhalb von einer Sekunde nach Kyrans Arm greift, ihn ins Haus zieht und hinter ihm die Tür schließt. »Warum stehst du denn die ganze Zeit vor dem Haus? Komm rein, ich habe Schokoladenkuchen gebacken. Den magst du doch, oder? Setzt euch doch zu der lieben Anne in den Garten, ich bringe euch gleich den Kuchen und dazu einen Tee.«

Es ist offensichtlich, dass er am liebsten durch die Tür rennen und das Weite suchen würde, doch meiner Mutter kann keiner etwas abschlagen und als er sich schließlich geschlagen gibt und zu mir dreht, grinse ich ihn breit an, doch er verdreht bloß die Augen und geht an mir vorbei in den Garten. Er mag vielleicht in diesem Moment sauer auf mich sein, aber spätestens in einer Woche wird er mich für diese Aktion lieben.

KyranOnde histórias criam vida. Descubra agora