24.

3.2K 193 10
                                    

Später in Chemie zwingt Mr. Glines uns einen Versuch auf. Eigentlich liebe ich Versuche, nur das Problem ist, dass ich meistens keinen Partner abbekomme und wenn ich am Ende alleine bin und irgendeine Person aufgezwungen bekomme, muss ich meist die ganze Arbeit alleine machen.

Meine Gedanken sind immer noch bei heute Morgen, als Kyran mich zu seinem kleinen Versteck geführt und wir dort gefrühstückt haben. Es war wunderschön. Diese Erinnerung werde ich wohl mir vergessen. Ich lächle bei dem Gedanken daran, dass wir beide zur Schule gerannt sind, nachdem uns aufgefallen ist, dass wir fast zu spät kommen. Auch wenn ich am Ende tatsächlich zu spät gekommen bin, war es doch eine wunderschöne Erinnerung. Ich hätte mir nichts schöneres vorstellen können.

»Setzt euch zu zweit zusammen und beginnt mit dem Experiment. Vergesst nicht eine Skizze zu zeichnen und eine Hypothese aufzustellen. Alles was ihr nicht im Unterricht schafft, wird Hausaufgabe sein«, erklärt er und nimmt seine Brille ab, während er sich kurz über die Augen reibt. Kyran hebt den Arm. Ich sehe ihn überrascht an, denn er beteiligt sich sonst nie am Chemieunterricht, jedenfalls nicht freiwillig, doch er grinst mich bloß von der anderen Seite des Raumes an und zwinkert mir zu.

»Ja, Mr. Claes?«

»Müssen wir mit unserem Sitznachbarn arbeiten?«

Mr. Glines sieht überrascht aus, doch er schüttelt den Kopf. »Nein, solange am Ende jeder einen Partner hat, darfst du dir gerne eine andere Person aussuchen.«

Ich weiß nicht, ob ich es mir einbilde, aber ich habe das Gefühl, dass der ganze Raum den Atem anhält, als Kyran langsam aufsteht, den Blick ununterbrochen auf mir liegend. Er grinst bis über beide Ohren und im Gegensatz zu mir, scheinen ihm die Blicke der anderen nicht aufzufallen, vielleicht beachtet er sie auch einfach nicht mehr.

Auf jeden Fall steuert er direkt auf mich zu und bleibt vor meinem Tisch stehen. Er strahlt mich an und mein Herz klopft so heftig, fast als erwarte ich gleich einen Heiratsantrag von Kyran, dabei fragt er im nächsten Moment bloß:»Du und ich?« Er wackelt anzüglich mit den Augenbrauen, scherrt sich nicht um die neugierigen Blicke und die lauschenden Ohren der anderen. »Na, wie wärs?«

Ich schaffe es nicht, ernst zu bleiben, lache und nicke. Auch wenn es schwer ist die Blicke der anderen auszublenden, weil sie ziemlich offensichtlich sind, versuche ich es und irgendwann klappt es, denn irgendwann sehe ich nichts mehr. Nichts mehr, bis auf Kyran. Den strahlenden, immer leuchtenden Kyran. »Gerne.«

Wir bauen das Experiment auf. Teilen uns die Aufgaben auf, während ich die ganzen Gerätschaften und den Brenner besorge, sorgt Kyran sich um unsere Schutzbrillen und die Stoffe, die wir vorne bei Mr. Glines am Tisch abholen sollen. Ich bin froh, dass Kyran bei mir ist, dass ich nicht wieder alleine arbeiten muss, während mein Partner einfach nur da sitzt und an seinem Handy herumspielt, sondern dass Kyran sich die Mühe gibt mitzuhelfen, auch wenn ich weiß, dass Chemie nicht gerade sein Lieblingsfach ist.

-

Nach dem Unterricht ist Kyran so schnell weg gewesen, dass ich mich gar nicht richtig bedanken konnte. Die Mittagspause beginnt und Tessa fängt mich bei meinem Spind ab, so wie jeden Tag, während ich meine Bücher hinein stopfe.

»Ich habe mich gestern mit Dylan getroffen. Er ist vielleicht nicht so schlimm wie Robert, aber er spuckt beim Reden, Mia«, klagt sie mir, als sie neben meinem Spind lehnt. »Und dann muss er einem immer ins Gesicht sehen, wenn er redet, weißt du wie das ist? Als würde man im Regen stehen. Nicht sehr angenehm, wenn du mich fragst. Ich musste mir gestern Abend nach unserem Date jedenfalls erstmal stundenlang gründlich das Gesicht waschen. Das war so ekelhaft.«

Ich kichere bei dem Gedanken daran, wie Dylan und Tessa sich gegenüberstanden und es bei jedem Wort aus seinem Mund geregnet hat, während Tessa versucht zu lächeln und nicht schreiend davon zu laufen.

KyranWhere stories live. Discover now