14 - Näkemiin kultaseni

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~El~
Ich spüre schon, dass ich Jukka in heftige Bedrängnis bringe. Muss verflixt eng in dieser Jeans sein. Ich weiß, dass er es will, aber mir zuliebe wartet. „I'm sorry. Shouldn't have said that." „You said it, and now I'll take you where I want and do what I want with you." Ich überlege eine Zehntelsekunde zu lange, ob ich abhauen soll und liege kopfüber auf Jukkas Schulter. „Nicht lustig, Backlund. Absolut unwitzig." Keine Reaktion. „Lass mich runter!" Ich weiß genau, dass er mich versteht und schimpfe weiter auf meinen Finnen ein. Er ist wirklich mein Finne. Irgendwie klingt das wie in einer grottenschlechten Schnulze, wo die seelisch vollkommen kaputte Protagonistin den Mann ihres Lebens im Urlaub findet, glücklich ist, bis er ihr das Herz bricht, sie sich bei ihrem besten Freund ausheult und am Ende doch mit dem Traumtypen zusammen bleibt. Das ist aber nun mal nicht die Realität, und so schlage ich weiter auf Jukkas breites Kreuz ein. Der kann sich bald nicht mehr oben ohne blicken lassen, mit den ganzen blauen Flecken, die er sich bei solchen Aktionen von mir einhandelt. Irgendwann kommt dann doch mal das erwartete 'Aua'. „I will only say sorry if you let go of your plan to rape me." „You just didn't say ich dich will vergewaltigen? Ich lieben dich, verdammt noch mal! I just wanted to cuddle in bed with you!" Jetzt ist der Finne aber sauer! „Jukka? Eleesanne? Everytheeng alright?" Scheibenkleister, Helen ist ja unten! „Everything's fine, don't worry!", rufe ich nach unten. Jukka raunt mir etwas auf Finnisch ins Ohr. „Red gefälligst Englisch, wenn du was willst." Er schüttelt stur den Kopf. „Teach me," verlange ich dann. Sein Blick liegt sofort auf mir und jetzt liegt ein Ausdruck tiefen Verlangens darin. „Not that. I was talking about Finnish. Stupid, little idiot." Ich lasse ihn für fünf Minuten die beleidigte Leberwurst spielen, dann halte ich ihm versöhnlich die Hand hin. „C'mon, I don't wanna die stupid. Let me learn your language." Hoffentlich bekommt er das jetzt nicht auch noch in den falschen Hals. Er setzt mich auf das Bett und sagt langsam zwei Worte. Dann fordert er mich auf, diese zu wiederholen. Als ich es versuche, verdreht Jukka bereits die Augen. „No, it's not like 'äa', it's more of an 'äh'," regt er sich auf. Ich mache einen weiteren Versuch und scheitere erneut. Jukka rollt wieder mit den Augen und korrigiert mich. Nachdem wir diese Prozedur gefühlte tausend Mal wiederholt haben, sehen Jukkas Haare aus wie ein Schlachtfeld und er hat einen Lachkrampf. „Do you tell me what you taught me to say now?", bitte ich. „It means 'see you soon' oder 'bis bald', whatever you prefer." Also, 'nähdään pian' heißt also 'bis bald'. Dann sagte Jukka wieder zwei Worte, nämlich 'näkemiin kultaseni'. Dabei leuchten seine Augen aus seiner Seele heraus. Das selbe Spielchen wie grade und nach einer kleinen Ewigkeit ist Jukka dann zufrieden mit dem, was ich von mir gebe. Allerdings verschweigt er mir diesmal die Übersetzung und geht einfach zu den nächsten Worten über, 'hyvää yötä'. Dass 'hyvää' wohl 'gut' bedeutet, habe ich nach dieser Lerneinheit kapiert. Und da 'hyvää houmenta' 'Guten Morgen' bedeutet, muss 'hyvää yötä' wohl 'Gute Nacht' bedeuten. Ich beneide Jukka immer noch darum, dass er diese schöne Sprache beherrscht. Ich glaube, ich hänge nach Anglistik und Biologie noch Finnistik hinten dran, sonst lerne ich diese Sprache nie. Aber es ist schon niedlich, wie viel Mühe Jukka sich mit mir gibt.

Plötzlich fängt er an zu fluchen. „I have to leave, näkemiin kultaseni. See you tomorrow at the paddock." Er gibt mir einen Kuss auf die Wange und stürzt die Treppe runter, fällt fast zur Tür hinaus und springt zu den Jungs und Helen ins Auto.

Ich schaue ihnen noch nach, bis sie außer Sichtweite sind, dann gehe ich zu den Pferden.

~Ju~
Der Jeep ist mal wieder viel zu eng, wir hocken zu viert auf der Rückbank und vorne zu zweit auf dem Beifahrersitz. Ich vermisse Ellies gemütliches Bett jetzt schon. Zu meinem Pech sitze ich zwischen Samu und Riku, die beiden haben sich leider immer noch nicht ausgesöhnt. Irgendwann fragt Riku, was Samu denn jetzt wegen Vivianne sagen will. Der verschränkt trotzig die Arme vor der Brust und starrt nach vorne auf die Straße. Meine Tante ist schon mehr als genervt von der Zankerei und droht schon, einen von beiden zu Fuß gehen zu lassen, wenn sie das nicht bald auf die Reihe bekommen. Schlagartig ist es still,denn auch wenn es noch so unbequem ist, möchte keiner gerne im Dunkeln die schlecht beleuchtete Landstraße entlang laufen.

~El~
Tia liegt entspannt auf dem Boden, als ich an das Koppelgatter trete. Die Friesenstute erhebt sich schwerfällig, als sie meine Anwesenheit bemerkt. Auch Sasha kommt sofort zu mir, als er den Lederriemen in meiner Hand entdeckt. Er streckt mir schon den Kopf entgegen und schmiegt sein weiches Maul in meine Handfläche. Ich muss unwillkürlich lächeln. Noch vor vier Tagen hatte er panische Angst vor so ziemlich jedem außer Helen und Jukka und heute will er sofort mit mir, einer Frau, die er praktisch nicht kennt, kuscheln. Womit wir wieder beim Thema wären. Langsam wird er nämlich ungeduldig, weshalb ich ihm den Lederriemen hin halte. Das provisorische Zaumzeug klemmt sofort zwischen den Zähnen des Przewalskis und ich schwinge mich auf seinen Rücken. „Ho. Stay." Sasha macht zwei Schritte vor. „No. Stay." Wieder bewegt er sich, diesmal aber zwei Schritte rückwärts. „And now, stay," bitte ich ein letztes Mal. Sasha bleibt tatsächlich dort stehen. „Fine, Sasha." Mit diesen Worten gebe ich ihm ein Stück trockenes Brot. „Go. Slowly." Je einfacher ich die Hilfen gebe, desto besser werden Helen oder die Jungs später mit Sasha klar kommen. Dazu übe ich leichten Druck mit meinen Schenkeln aus. Das Signal ist ein bisschen falsch angekommen, denn der Hengst stürmt sofort los. „Ho, stop!" Ich ziehe an dem Riemen. Der Halt erfolgt so abrupt, dass Sasha wie ein Westernpferd auf der Hinterhand sitzt und ich mir die Nase an seinem Mähnenkamm stoße. Wenigstens das Kommando funktioniert. „Up." Ich tippe seine rechte Hinterhand an, um ihn zum Aufstehen zu bewegen. Ohne Erfolg, also lasse ich mich nach hinten rutschen und locke ihn mit einem weiteren Stück Brot aus einigen Metern Entfernung. Der Fehler an der Sache: Mitten durch die Weide verläuft ein kleiner Nebenarm des Flusses am Waldrand. Und der ist mir erst aufgefallen, als ich mit dem Po drin sitze. „Scheiße! Sasha, come here!" Dann steige ich wieder auf und bewege ihn mühsam dazu, zurück zum Koppelgatter zu gehen. Dort angekommen nehme ich den Lederriemen aus seinem Maul, gebe ihm noch ein Stückchen Brot und stapfe missmutig auf mein Zimmer. Ich brauche dringendst eine heiße Dusche.

~Ju~
Ich lasse mich neben Osmo auf das zweite Hotelbett fallen. „Finally some silence," seufze ich erleichtert. „Mhm." Osmo ist zwar nicht so gesprächig wie Samu, Riku oder Sami, aber das ist mir gerade mehr als recht. Die zweistündige Fahrt hat doch ziemlich an meinen Nerven gezerrt mit dem ewigen Hin und Her zwischen Samu und Riku. „Jukka?" „Mhm?" Dann bricht irgendwo in Osmo ein Damm und ich kann seinen Worten kaum noch folgen. Als er fertig ist, stehe ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Das ist jetzt nicht sein Ernst, oder?

Finnian //Jukka Backlund [under editing]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt