12 - *Aww.* Kann jemand mal diesen verdammten Sarkasmus abstellen?

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~El~
Jukkas Arm liegt an meiner Hüfte, als wir die Wohnküche betreten. Helen sieht uns streng an, weil wir mal wieder viel zu spät zum Frühstück sind. Dann überschüttet sie Jukka mit einem Schwall Finnisch - ich verstehe wieder einmal kein Wort - und ermahnt ihn - dem Tonfall nach zu urteilen - wegen irgendetwas. Ich löse mich aus Jukkas Arm und hole mir die Überreste des Rühreis aus der Pfanne. Dann bekomme ich einen kleinen Schubser in den Rücken und falle fast mit dem Gesicht in die Pfanne. Ungehalten mache ich meinem Ärger Luft, bis ich merke, dass ich mal wieder Jukka anmotze, der wahrscheinlich bloß ein bisschen Rührei haben will. „Sorry, I was out of mind.“ „You'll have to tame your temper if this is ever gonna work,“ grinst er mich an. „But you'll need to learn not to scare me to death every time,“ gebe ich genauso scherzhaft zurück. „Oh, Jukkee,“ mischt Helen sich ein, „Eet would be easeeer for you two eef you wouldn't be away from home all the time.“ Ich muss schon wieder einen Lachanfall unterdrücken; Jukka lässt es sich allen Ernstes gefallen, dass seine Tante ihn 'Jukki' nennt? Und dann regt er sich darüber auf, dass ich Jukkapalme zu ihm sage. Tsss, den soll einer verstehen.

Aber Helen hat recht, Jukka wird ständig unterwegs sein und ich folglich dann entweder alleine zu Hause bleiben oder - wenn er mich lässt - mit ihm on the road. In Gedanken verzehre ich mein Frühstück, nippe zwischendurch an meinem Tee - welchen ohne Zucker und Süßstoff - und überlege, was ich Mittwoch und Donnerstag machen soll. Donnerstag werde ich Jukka das Programm bestimmen lassen, er kennt sich hier definitiv besser aus als ich, und Mittwoch... Na ja, vielleicht kann ich die Ruhe mal zum Lernen nutzen. Außerdem hat das Orchester nach den Prüfungen noch ein oder zwei Auftritte, dafür muss ich auch noch üben. Geständnis des Tages: Ja, ich spiele im Universitätsorchester.

„, don't you, Ellie?“ „Äh, wie bitte? Hab grad nicht zugehört, um was geht's?“ „I just told Helen we'd spend the Thursday together in town and you'd pick me up there.“ „Eh, wait. I just noticed I won't have the Jeep because Helen will do her shopping...“ Kurze Denkpause. „I've got a far better idea. I'll sneak out immediately after the interview and we meet at the paddock at five in the morning. How's that?“ „Early but perfect.“ Ich hab jetzt nicht allen Ernstes dieses verliebte, kitschige Grinsen im Gesicht, oder? Am besten, ich fang gleich auch noch an zu sabbern, dann ist die Kitschromantik perfekt. „And now, let's enjoy the last hours before you leave.“ Jetzt ist es an mir, Jukka quer über den Hof zu schleifen, direkt zu den Pferden.

~Ju~
Oh nein, sie wird jetzt nicht mit Sasha trainieren, wenn wir eh nur noch sechs Stunden für uns haben. Abrupt bleibe ich stehen und werfe mir Ellie über die Schulter. Dann trete ich den Rückweg an, wenn auch unter heftigem Protest, der sich in Schlägen auf mein Kreuz und Tritten in meine Magengrube äußert. Zur Strafe gebe ich ihr einen Klaps auf den Po, was lediglich weitere Hiebe nach sich zieht. Auf  ihrem Zimmer angekommen schmeiße ich sie auf das Bett, dass die Federn der Matratze quietschen und Ellie kurz aufquiekt. Dann lasse ich mich hinterher fallen und das Bettgestell knirscht bedenklich. Upsi.

Ellie sitzt mittlerweile wieder in einer aufrechten Position und singt leise vor sich hin. Ich verstehe bedauernswerterweise kein Wort, so weit reichen meine Deutschkenntnisse leider nicht. „In diesem Haus, wo ich wohn, hier ist alles so gewohnt, so zum Kotzen vertraut. Mann, jeder Tag ist so gleich, ich zieh Runden durch meinen Teich. Ich will nur noch hier raus. Ich brauch mehr Platz und frischen Wind, muss schnell woanders hin, sonst wachs ich hier fest. Ich mach nen Kopfsprung durch die Tür, ich lass alles hinter mir, hab was Großes im Visier. Ich komm nie zurück zu mir. Es gibt nichts, was mich hält, au revoir, vergess, wer ich war, vergess meinen Namen. Es wird nie mehr sein wie es war. Ich bin weg, au, au, au, au, au revoir. Au, au, au, au, au revoir. Au, au, au, au, au revoir. Au, au, au revoir...“ Es klingt anders als die Lieder, die sie sonst singt. Mehr so Hip-Hop, oder so. „I need to leave Berlin when I'm done with university,“ sagt sie auf einmal unvermittelt. „Why?“ Im nächsten Moment könnte ich mich für diese dumme Frage ohrfeigen. Wegen Luke und Ramón, du Idiot! Dann nehme ich sie in den Arm. „Shhh, everything's alright. It was wrong to ask. I'm sorry.“

~El~
Ich muss unweigerlich lächeln, denn Jukka ist zu Tode betrübt, dass er in seinen Augen einen Fehler nach dem anderen macht. Aber so schnell kann ich auch nicht Verknüpfungen zwischen Zusammenhängen herstellen, jedenfalls was mein Privatleben betrifft; im Studium habe ich eine recht gut funktionierende Auffassungsgabe, die mich nur selten im Stich lässt. „It's okay, Jukka. Really. It's just that I don't like being around too many people. You six plus Helen are already pretty much enough. I don't need anyone else.“ Sein Arm legt sich noch ein bisschen fester um meine Taille, als er diese Worte hört. „Then I'll have to try my best to fulfill your expectations,“ knurrt er gegen meinen Hals und küsst mich unterhalb meiner Ohrs. „Oh no, Mister Backlund. Not now, not here, not that way!“ Ich brauche gar nicht in sein Gesicht zu sehen, um festzustellen, dass ihm das gar nicht passt. „Oh, too soon. I'm so sorry. I... I...“ „Jukka? You don't have to apologize whenever you made a mistake of about this size,“ ich lasse etwa einen Millimeter zwischen Daumen und Zeigefinger, „it's somehow cute that you know you did something wrong but it can easily get annoying. And no, you don't say you're sorry now!“, sage ich streng. „Okay. But may I kiss you then?“ Er wartet meine Antwort gar nicht erst ab und legt seine Lippen auf meine. Das wohlige Brennen zieht sich über meine Haut, tiefer nach innen und droht, mich von innen zu verzehren.

Finnian //Jukka Backlund [under editing]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt