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"Tut mir leid, Mama. Ich musste mich irgendwie ablenken und bin dann joggen gegangen, was zu rennen übergegangen ist. Danach habe ich noch ein paar Landschaftsaufnahmen gemacht." Mama lächelt mich mitleidig an. "Hat wohl nicht so gut funktioniert, mh? Na komm, setz dich.  Ich mach dir eine heiße Schokolade mit Sahne und Marshmallows."
Ich tat, was Mama sagte und setzte mich auf den wohl bequemsten Sessel, auf dem ich jemals gesessen hatte. Er war so weich und lud regelrecht zum Einkuscheln ein.
"Das klingt nach einem sehr guten Plan." Ich lächelte sie an. "Ach Spatz." Mama ging in die Küche, um mir den besagten Kakao zuzubereiten.
Ich machte es mir in der Zwischenzeit auf dem Sessel gemütlich, deckte mich zu und kuschelte mich ein.
Ich schnappte mir die Fernbedienung und zappte durch die Kanäle. Mal schauen, was gerade so läuft.
Wenige Sekunden später blieb ich bei The Big Bang Theorie stehen. Sehr gut. Ich liebte diese Serie. Sie brachte mich einfach immer wieder zum Lachen und die Charaktere sind mir mittlerweile so ans Herz gewachsen. Außerdem war sie momentan ein sehr gutes Ablenkungsmanöver, welches ich dankend annahm.
Und bereits wenige Minuten später war ich so in die witzigen, unterhaltsamen Dialoge vertieft, das ich nicht mitbekam, wie Mama mir den Kakao hinstellt.
"Maus, dein Kakao ist fertig. Trinke ihn, bevor er kalt wird." Leicht verwirrt sah ich auf.
"Oh, danke. Hab ich gar nicht mitbekommen, das du wieder da bist." Mama lachte. "Das hab ich gemerkt. Lass es dir schmecken." "Danke." Bevor ich einen Schluck nahm, pustete ich erst mehrere Male. Seitdem ich mir mal so stark den Mund und die Zunge an einem Apfelstrudel verbrannt hatte, war ich immer vorsichtig, was heiße Getränke und Speisen anging. Ich ging lieber auf Nummer sicher, anstatt mir noch einmal so kräftig die Zunge und den Mund zu verbrennen. Das war mir eine Lehre. Nachdem ich mir absolut sicher war, dass der Kakao nun ohne jegliche Gefahr zu genießen war, nahm ich einen Schluck. Mhhh, köstlich. Mama machte den besten Kakao überhaupt.
Ich hatte schon mehrmals versucht mit dem genau gleichem Rezept, ihren Kakao nachzukochen.
Nur leider war er nicht annähernd so gut gelungen, wie ihrer. Da musste Mama mir wohl weiterhin ihren weltberühmten Kakao zubereiten.
Ich zwang sie nicht dazu. Sie machte das gerne. Wirklich. Jedenfalls hatte sie das mal behauptet. Mama lügte nie. Und falls doch, dann war sie eine richtig gute Lügnerin.
Denn ich habe sie bisher noch nie beim Lügen erwischt.
Mama und verbrachten den restlichen Abend mit Fernsehen, Faulenzen und Quatschen.
Das war zwar nicht sonderlich produktiv, aber sowas machen wir echt selten. Während unserer Weltreise blieb selten Zeit für einen ruhigen Abend, geschweige denn für eine ruhige Minute. Immer waren meine Eltern beschäftigt und hatten kaum Zeit für mich, wenn sie arbeiten mussten.
In ihrer Freizeit schauten wir uns die jeweiligen Städte und deren Sehenswürdigkeiten an.
Was allerdings mit einem straffen Zeitplan verbunden war. Da war keine extra Minute zum Entspannen oder Ausruhen eingeplant.
Deswegen bin ich echt dankbar dafür, dass Mama uns diesen Abend ließ. Sonst war sie auch immer auf Trab und musste Dies und Jenes erledigen und hatte kaum Zeit. Aber neuerdings gönnte sie sich ab und zu auch mal einen freien Tag. Bei Papa war das leider nicht so. Er war immer noch Derselbe. Er konnte nicht stillsitzen und rannte von einem Termin zum nächsten. Deswegen war er auch kaum zu Hause.
Mama und ich versuchten ihn zu überreden, sein Arbeitspensum etwas herunterzuschrauben. Nur leider geling uns das noch nicht so gut.
Aber wir arbeiteten daran. Schließlich wollten wir auch irgendwann mal wieder einen gemütlichen Abend mit der ganzen Familie verbringen und nicht nur mit einem Teil von ihr.
Ich wünschte mir, das Papa sein Versprechen einhalten wird und nach seinem großen Auftrag sein Arbeitspensum minimieren wird.
Nach einer Weile fiel es mir schwer, die Augen offen zu halten. Es war mittlerweile nach Mitternacht und wir schauten immer noch fern.
Doch nach und nach wurden meine Augenlider immer schwerer und ich versuchte dagegen anzukämpfen. Nach mehreren Versuchen, meine Augen offen zu halten, verlor ich den Kampf und schließ auf dem wohl kuscheligen und bequemsten Sessel, auf dem ich jemals gesessen hatte, ein.

Wo bist du ? - Ich brauche dichWhere stories live. Discover now