56 | Klappe, Flittchen

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Sollte ich ihn vielleicht fragen, was er vorhatte?

Ja...?, fand Alice.

Nein, ist doch eh nicht wichtig. Der Hutmacher interessierte sich gerade viel zu sehr für seine neue Teekanne. Seine Stirn war gerunzelt, während er neben uns herlief und mit einem Auge in die Öffnung starrte.

Ich würde sagen, du hakst mal vorsichtig nach, meinte die Grinsekatze.

,,Aber was, wenn mir die Antwort nicht gefällt?", murmelte ich halb lautlos.

Dann sagen wir einfach, er will dich dazu zwingen, ihm den Weg zum Wunderland zu verraten! Alice klatschte enthusiastisch in die Hände.

Oh, ja! Los, zeig ihm das Wunderland! Der Hutmacher ließ vor Aufregung seine neue Teekanne fallen. Sie zerschellte am Boden und ein starker Kaffeegeruch drang uns von der braunen Pfütze in die Nase. Selbst Sangster musste es riechen, denn ich bemerkte, wie er verwirrt die Nase rümpfte.

,,Du nicht-liebe Zeit, da war ja Kaffee drinnen!", rief ich aus. Zu laut. Und außerdem war mein Blick nach hinten auf den Boden gerichtet, die Stelle, wo die Teekanne ihr Ende gefunden hatte.

,,Was?", kam es von meinem Entführer. Er sah mich an, als hätte ich Wahnvorstellungen. Ich meine, als wüsste er, dass ich Wahnvorstellungen hatte. Schnell richtete ich meinen Blick nach vorn. ,,Ich war nur verwirrt, weil... da hinten hat es kurz nach Kaffee gerochen.", log ich verzweifelt.

Plötzlich wurde ich praktisch gegen die Wand geworfen. Oh mein Gott, jetzt war es aus. Ich gab ungewollt ein Geräusch von mir, das Babys immer machten, wenn man sie aufgeweckt hatte. Ein hohes Uäa, oder etwas in der Art.

Der Obergangster wischte meine Haare hastig zur Seite und riss an einem meiner Ohren. Wollte er mich küssen? Vielleicht hatte ihn die Wut so wild auf mich gemacht? Meine Wangen wurden heiß. So etwas war ich nicht gewöhnt, was sollte ich jetzt tun? Die Zurückhaltende spielen oder zu einem Flittchen werden?

Ich hatte mich noch nicht entschieden und das war gut, denn er wollte mich überhaupt nicht küssen. Wenn ich einen auf Flittchen gemacht hätte, wäre das ziemlich peinlich ausgegangen.
Nachdem er nämlich fertig war mit dem Inspizieren meines Ohres, fing er bei dem anderen an.
,,Au, was soll das?", jammerte ich.

Er antwortete erst nach zehn langen Sekunden. ,,Ich wollte wissen, ob du einen Mikrochip hast."
Es dauerte eine Weile, bis ich verstand. Diese Dinger aus Filmen, womit ihre Komplizen mit Agenten sprachen und bei Undercover-Aktionen mithören konnten.

,,Aber...", machte ich verständnislos. ,,Warum?"

,,Du flüstert ständig und manchmal sagts du Dinge, die nichts mit der Situation zu tun haben. Was sollte ich sonst denken?", fuhr er mich an.

,,Und da kommst du erst jetzt drauf, nachzusehen?" Ich merkte, dass ich beinahe kicherte und presste die Lippen fest aufeinander.

,,Klappe."

Ich grinste ihn an, vermutlich sogar schadenfroh, aber als er mich anstarrte, verging es mir langsam. Es war zu still, ich stand immer noch dicht an der Wand und er stand mir so nahe. Seine Waffe war leicht gesenkt, aber mir wäre es lieber gewesen, wenn er mich jetzt einfach abknallte.
Apropos abknallen...

,,Was hast du vor?"
So, es war draußen. Ob mir die Antwort gefallen würde oder nicht.
Du dummes Ding, jetzt wird es schwerer dafür zu sorgen, dass du glaubst ihm das Wunderland zeigen zu müssen!, fluchte der Hutmacher.

Allerdings waren meine Wahnvorstellungen mittlerweile so stark, dass sie teilweise über meine Fantasie hinausgingen und mir sogar schaden konnten. Also war ich mir sicher, dass sie keine große Mühe haben würden, mich neurotisch in den Wahnsinn zu treiben.
Vielleicht sollte ich Angst haben.

Gangsterboy | TBSWhere stories live. Discover now