52 | Untergeschoss-Talks

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Also, ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht hatte.

Der Saal, das ganze Gebäude, um genau zu sein, war voller krimineller Typen, die alle auf Sangsters Kommando hören würden. Und gerade wollte besagte Person vermutlich nichts lieber, als mich mit Batteriesäure in einen Mixer zu stecken und den ein paar Stunden lang laufen zu lassen.

Apropos laufen - das tat ich nicht lange.

Irgendwie merkten die bereits erwähnten kriminellen Typen, dass ich fliehen wollte (wohin auch immer), denn es warfen sich gefühlt die Hälfte des Speisesaals vor die Ausgänge, während der Rest sich auf mich stürzen wollte.
Aber ihr Boss bekam mich zuerst.

Das war keine Überraschung, irgendwer musste mich ja schon nach den ersten drei Metern erwischen.
Schließlich hatten sie alle eine Tonne mehr Testosteron als ich, längere Beine und Leute abzuknallen könnte vielleicht auch als sportliche Betätigungen gelten.

Als mein Entführer meinen Arm knapp unter der Beuge packte und mich daran zurückriss, glaubte ich, er hätte mir ein paar Knochen verdreht.
Das einzige, was hier jedoch gedreht wurde, war ich. Der Schwung wirbelte mich so in seine Arme, als wären wir in Dirty Dancing. Ich widerstand krampfhaft den Drang, mein Bein um seine Hüfte zu schlingen und mit extravaganten Bewegungen durch den Saal zu tanzen.

Ein anderer Drang, den es zu unterdrücken gab, war "Bitte töte mich nicht!" zu kreischen, als ich Sangster in die Augen sah.
Dieser Blick allein hätte mein Herz zum Stillstand bringen sollen.

,,Wie heißt du?", fragte er, mit einer Stimme, die Bäume dazu bringen könnte, ihre Wurzeln in die Hand zu nehmen und zu rennen!

Hat er das nicht schon gehört?, warf Alice verwirrt ein.

Ja, aber er gibt ihr noch eine Chance, das zu erklären. Außerdem ist es psychologisch gesehen eine grausam gute Einschüchertungstaktik, wobei er sie zwingt, die Wahrheit aus ihrem eigenen Mund kommen zu lassen. Das lässt die Opfer ihrer Lage sogar noch bewusster werden, erklärte die Grinsekatze mit einer überaus eingebildeten, belehrenden Stimme.

Gemein!, schimpfte der Hutmacher.

,,Gemein.", wiederholte ich. Ich flüsterte kaum, meine Lippen formten das Wort einfach.

,,Was?", hakte der Obergangster nach und drückte mir für eine Sekunde ruckartig gegen sich. Oh Gott, hatte das Gefühl, er würde mich jede Sekunde so hart Ohrfeigen, dass es mich durch mindestens eine Wand fegen würde. Oh Gott, ich hatte so viel Gänsehaut, dass ich mich bald in eine Gans verwandeln würden. Bei dem Gedanken musste ich dann doch für einen Moment ein Schmunzeln unterdrücken.

,,Ich habe dich etwas gefragt." Wie konte man nur so gefährlich klingen? Allerdings schien es sich nur für mich so anzuhören. War ich wirklich so ein Weichei?

,,Ruby Mendley.", gab ich schließlich brüchig zu.

,,Ruby.", wiederholte Sangster leise. Er sagte es dieses Mal etwas ruhiger, aber seine Stimme vibrierte fast vor unterdrückter Wut. Oh Gott, ich wollte nicht so verprügelt werden wie Eve! Mein Hang zum Masochismus hatte schließlich gewisse Grenzen.

,,Ruby?", kam es fragend on einem der Jungs in der Menge. Jetzt passten alle auf. Toll. Meine Nervosität wurde dadurch nicht gerade gelindert. Wer mochte schon so viele intensive Blicke auf sich ruhen haben?

,,Ruby?", wiederholten ein paar Jungs.

Ruby, nickte Alice zustimmend.

R-U-B-Y, buchstabierte der Hutmacher.

Ja, so heiße ich!, dachte ich mit einer Mischung aus verzweifelt Aggression und purer Panik.

,,Ruby.", wiederholte Murat vom Dönerladen mit dem strengem Gesichtsausdruck einer Lehrerin, als hätte er Besseres von mir erwartet.

Gangsterboy | TBSWhere stories live. Discover now