» Kapitel 64 «

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Mit einem gesenkten Kopf kehrten wir am gleichen Abend zurück zu unseren Männern, welche schon einige Zelte fertig aufgebaut hatten und uns nun fragend in die Gesichter blickten. Sie alle hatten ihre Augenbrauen in die Höhe gezogen, da sie wahrscheinlich wussten oder ahnten wer Ramsay Bolton war. Ich war seit dem Mann still geblieben und wiederholte die ganze Reise immer wieder seine Worte in meinem Kopf, welche ich einst schon einmal hören musste. ,,Die Irre Königin", flüsterte seine raue Stimme durch meine Gedanken, sodass ich erschauderte. 
Und so fasste ich den Entschluss, welcher mich weiter von meinem Ich abbringen würde und mich dennoch näher hinbringen würde. Ich versprach meinen Männern, dass ich für sie kämpfen würde - sterben würde und doch fasste ich diese Entscheidung selbstsüchtiger weiße. Ich sah wie Jon und Sansa schon mit ihren jeweilen Armeen sprachen und wie die Kompanie der Katze nur auf die Worte von mir warteten. 
Ich stand vor ihnen und stieg langsam von meinem weißen Pferd ab. Ich holte tief Luft, bis ich schließlich ansetzte und von dem Treffen mit Ramsay erzählte. Die Tatsache, wie er mich nannte, blieb mein Geheimnis. Ich vermutete, dass sie ihn unterstützen würden und ihm in dieser Sache Recht geben würden. ,,Wir werden in den Krieg ziehen.", sprach ich zu ihnen, woraufhin sie zugleich wieder ihre Schwerter zogen. Ich schüttelte jedoch gleichzeitig meinen Kopf und hielt sie davon ab, da ich ihre Enttäuschung in den nächsten Minuten schon förmlich spüren konnte. ,,Ihr werdet in den Krieg ziehen..", verbesserte ich mich schließlich. Automatisch wurde die Menge still, nur verwirrte Blicke zeigten sich untereinander. 
Die Tatsache, dass ich meinen Vater sah und diese Entscheidungen traf, waren nur die ersten Schritte zu meinem wahren Ich. ,,Ich bin krank.", erklärte ich ihnen noch immer auf Valyrisch, sodass die anderen Männer uns nicht verstehen konnten.
Ich wurde verrückt und das war die Wahrheit, welche ich mich nicht traute auszusprechen. Der Irrsinn, welcher seit Jahrtausenden über meine Familie herrschte, hatte mich getroffen und würde mich nun verfolgen. 
Ich erblickte die zwei Berater vom Flickenprinz, welche mit großen Schritten auf mich zu liefen. ,,Ihr seid unsere Königin und wir werden Euren Befehl respektieren.", sprach Caggo, der wahrscheinlich schon seine Toten im Kriege abzählte. ,,Ich bin keine Hilfe in einem Krieg, welchen ich höchstwahrscheinlich verlieren werde und so muss ich diese Wahl treffen.", sagte ich ihnen angespannt, sodass das Raunen in der Menge anfing. 
Sie waren siegreicher ohne mich und das war mir bewusst. ,,Ich muss nachhause..", waren meine letzten Worte zu ihnen, bis ich mich schließlich wieder zu Jon umdrehte. Ich wusste nicht was mein zuhause war, geschweige wo es war. 
Es sollte Drachenstein sein, würde man denken und doch fühlte ich mich Fremd auf dieser Insel. So Fremd wie ich mich in Essos und erst Recht in Königsmund fühlte. 

,,Sie wirken enttäuscht..", hörte ich die Stimme von Jon, welche plötzlich näher wirkte als zuvor. Ich nickte langsam und blickte über meine Schulter zu den Männern, welche wahrscheinlich noch immer darüber redeten. Ich war schwach und verletzlich im Norden, was sich schon beim ersten Mal hier zeigte. Ob es daran lag, dass das Blut in meinen Adern floss oder das ich eine Fremde in einem fremden Krieg war, wusste ich nicht. ,,Ich werde nicht mit euch gehen.", durchbrach ich die eisige Stille, welche sich nach seiner Ankunft aufstaute. Verwirrt aber auch erschöpft blickte er mir in die Augen und so erklärte ich ihm meine Gedanken und Gefühle, wie ich es keinem anderen tat. Die Angst traf mich wie niemals zuvor, die Angst jemand zu werden, welche ich immer versuchte zu ignorieren. ,,Die Münze ist fast gefallen, Jon.", wimmerte ich bestürzt, ohne von seinen Augen abzublicken. Sie gaben mir Wärme in dieser Kälte. Geborgenheit, Liebe und Barmherzigkeit. ,,Und wenn ich jetzt nicht aussteige, wird sie fallen." Er blickte zu Boden, sodass ich sofort die Kälte spürte. Er fing an zu nicken, obwohl er meine Angst wahrscheinlich nicht verstehen konnte. 
Ich blickte zu Lyrana, welche noch immer am Ufer wartete, bis wir endlich wieder hier verschwinden konnten. 
Im Morgengrauen wird es sich entscheiden, ob Jon oder Ramsay gewinnt. Ich würde es erst später erfahren und meine Entscheidung wahrscheinlich in jedem Falle bereuen. ,,Wo werdet Ihr hingehen?", fragte er mich, weshalb ich mich ihm wieder zuwendete. Ich zuckte mit den Schultern, obwohl die Antwort schon längst klar war. ,,Einer Lady ist vorbestimmt was sie wird, selbst einem Lord.", begann ich ihm meine Sorge mitzuteilen. ,,Ein König, eine Königin und jeder Bauer.. Ihnen ist allen klar wo sie im Leben stehen werden." Ich nahm seine Hand in meine und drückte diese Fest zu. Zweifel und Panik standen mir förmlich ins Gesicht, sodass auch Jon leicht die Panik anzusehen war. ,,Ich sollte in diesem Feuer sterben, Jon. Doch die Götter gaben mir diese zweite Chance, nur um mich am Ende fallen zusehen." Eine Träne lief mir hinunter, welche zugleich von Jons Finger aufgefangen wurde. 
Er strich mir über die Wangen und trocknete diese mit seinen sanften Fingern. ,,Sagt mir, wo stehe ich im Leben? Ich war eine Hochgeborene, welche als Bastard aufgewachsen ist. Geschändet, Missbraucht und Gedemütigt.. Sagt mir, für was bin ich vorbestimmt?", fragte ich ihn entsetzt. Tausende Gedanken schwebten mir im Kopf und ich wusste selbst nicht, warum ich Jon diese erzählen musste. Doch ich wusste, er würde selbst in diesem Moment die richtigen Worte finden und mich so weiterziehen lassen. ,,Ihr seid eine einzigartige Frau..", fing er an und zog mich einen Schritt weiter zu sich. ,,Gutmütig, Liebevoll und Ehrgeizig.." Er flüsterte, sodass nur ich ihn hören konnte. 
Ich blendete alles um uns herum aus, ich sah nur Jon und mich. ,,Sie wollen Euch fallen sehen, nur um zusehen, welch eine Königin Ihr eines Tages werdet.. Die Münze ist schon längst auf die richtige Seite gefallen, sonst würdet Ihr selbst nicht an Euch zweifeln.", beendete er seine Rede, welche eindringlich in meinen Kopf schwebte. 
Er dachte das Gegenteil von dem, was ich von mir dachte und das machte Jon Schnee aus. Er sah in jedem Menschen das Beste und das selbst in mir, obwohl ich so viele Menschen auf meinen Gewissen hatte. ,,Danke..", murmelte ich und gab ihn langsam einen sanften Kuss auf die Wange. Ich wollte ihm näher kommen, so wie das letzte Mal und doch konnte ich es nicht. Ich wollte den Mann nicht in meinen Krieg ziehen, welchen er vielleicht nicht überleben würde. Ich konnte mir nicht anmaßen, ihm meine Probleme aufzuzeigen und ihm eine Last zu übertragen, welche er nicht verdiente. 
Ich löste mich von ihm und drehte mich dann einfach um. Ich ignorierte wieder jeden der Männer und lief schließlich auf Lyrana zu, welche schon gespannt ihren Kopf anhob. 
Angestrengt kletterte ich auf den Violetten Rücken und blickte ein letztes Mal zu meinen Männern. ,,Bringt mir ihre Köpfe.", lächelte ich, woraufhin sie freudig in die Lüfte kreischten. Ich wusste, ich musste jeden einzelnen von ihnen motivieren und das funktionierte durch Aussagen, welche man vielleicht selbst nicht unterstützte. 
Dann fiel mein Blick auf Jon und Sansa, welche angespannt nach oben blickten. ,,Sterbt nicht.", bat ich sie und lächelte lieblich zu den Beiden, welche mir in dieser kurzen Zeit wirklich ans Herz gewachsen waren. 
Ich zog an Lyrana, welche augenblicklich ihre Flügel ausbreitete und sofort in die Lüfte stieg. Ein letztes Mal ging mein Blick zu den Starks, welche mir Tränenreich hinterherblickten. 
Ich musste mich selbst finden und das würde ich hoffentlich schon bald schaffen.

Aleyna Targaryen - The last DragonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt