Kapitel 56

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Natalie öffnete uns die Tür und ich umarmte sie sofort. „Kommt doch erstmal rein." „Oma? Holst du bitte meine Sachen aus  dem Auto? Ich kann das doch nicht wegen meiner Hand."

Während Oma meine Sachen aus dem Auto holte, ging ich schon ins Wohnzimmer. „Dort wartet jemand auf dich." Das machte mich neugierig. Innerlich hoffte ich, dass es Mama ist, aber das ist unmöglich. Dieser Gedanke machte mich wieder traurig.

Im Wohnzimmer stand ein Mann. Ich habe ihn noch nie in meinem Leben gesehen. „Hallo Laila, komm doch mal zu mir." Ich schaute zu Natalie, die gerade hinter mir stand. Natalie nickte nur.
„Wer bist du?" Ganz langsam und vorsichtig ging ich zu ihm. Natalie merkte wahrscheinlich, dass ich echt Angst hatte und kam zu mir.
„Keine Angst Laila, das ist mein Papa, dein Opa. Er möchte dich kennenlernen."
„Stimmt das?," fragte ich unsicher nach.
„Ja, ich bin dein Opa, tut mir leid, dass du dich so erschreckt hast. Du brauchst keine Angst zu haben. Du kannst mich auch ruhig Opa nennen." Unsicher setzte ich mich zu ihm. „Warum lerne ich dich erst jetzt kennen?"„Ich habe sehr viel zutun gehabt und hatte wegen der Arbeit keine Zeit. Möchtest du mich überhaupt kennenlernen?" Warum fragt er überhaupt? Für mich war es doch klar.

„Natürlich möchte ich dich kennenlernen." Ich war mir die ganze Zeit unsicher und hatte Angst, dennoch freute ich mich sehr. „Erzähl mal was über dich Laila. Ich weiß bis jetzt so gut wie gar nichts über dich." Was sag ich da jetzt? Ich wollte nicht zu viel sagen. Es ist aber auch viel für mich. „Bleibst du auch da Natalie?" „Ja, ich bleibe hier neben dir sitzen. Du kannst reden." Das Treffen auf meine Oma war um einiges leichter. Naja, es war aber auch schön, ihn kennenzulernen.

„Ich bin zehn Jahre alt, gehe in die vierte Klasse und ich liebe es zu singen."
Was soll ich da denn großartig sagen?
„Laila, komm schon, du hast doch sonst immer so viel zu erzählen."
Natalie hat recht. Aber mein Opa ist noch fremd für mich.
„Was willst du denn wissen Opa?"
„Was hast du denn früher so gemacht?"
„Ich habe früher bei meinen Adoptiveltern gelebt und hatte trotzdem Kontakt zu meiner Mutter. Papa ist auch sehr jung Vater geworden. Mama konnte das nicht wirklich und hat mich an ein nettes Paar gegeben. Aber jetzt sind sie tot und ich muss hier sein." Ich weinte wieder. „Laila, du musst darüber nicht reden, wenn du nicht willst. Ich kann es ihm auch später sagen wenn du willst. Ich, ähm wir sehen doch, dass es unangenehm für dich ist."

Nach ein paar Minuten habe ich mich beruhigt. „Gefällt es dir hier in Berlin?," fragte mein Opa nun.
„Nein, ich möchte wieder gehen, zurück nach Kaiserslautern. Alles ist doof hier."
Ich musste an den Schultag denken.
„Was ist denn genau so doof hier? Möchtest du mir das sagen?"
Ich schaute ihn an und nickte. „Die Schule ist doof, meine Klasse ist total gemein zu mir. Und außerdem kenne ich hier niemanden und Berlin ist so groß. In Kaiserslautern habe ich wenigstens noch die Nachbarn gekannt, aber hier kenne ich niemanden."

Opa und Natalie umarmten mich jetzt beide. Ich liebe es einfach.
„Übrigens Natalie, meine Freunde haben sich wieder Sorgen um mich gemacht. Sie denken noch immer, dass ich magersüchtig bin. Bin ich aber nicht. Du hättest vorhin mal sehen müssen, was ich mit Oma gegessen habe. Wo bleibt sie eigentlich nur?" Erst jetzt fiel mir auf, dass Oma schon lange weg war und meine Sachen noch nicht da waren.
„Ich gehe mal nachschauen. Du hast Recht, sie ist schon ziemlich lange weg. Ich dachte auch erst, dass sie nur deine Sachen holen möchte. Aber jetzt fehlt sie schon lange." Sie stand auf und ging nach draußen. Allerdings reagierte sie nicht darauf, was meine Freunde heute gemacht haben.

„Sag mal Laila, was hast du mit deinem Arm gemacht?" Irgendwann musste ich es ihm ja erklären.
„Ja, ich habe einen Fehler gemacht. Papa und ich hatten Streit. Ich hatte keinen Grund, um auf ihn sauer zu sein. Ich wollte dann von Zuhause weglaufen, aber er hat die Haustür abgeschlossen. Dann bin ich irgendwie auf die Idee gekommen, aus meinem Fenster zu springen. War ziemlich hoch, macht aber nichts, wenn ich so dumm bin. Ich war deswegen im Krankenhaus und wurde operiert. Aber jetzt ist alles wieder gut. Und mit Papa habe ich mich auch vertragen. Trotzdem bekomme ich kein neues Zimmer und ein Pony auch nicht."
Er lachte jetzt. Das ist doch aber nicht witzig oder? Oder doch?

Kann er es sein? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt