Es war merkwürdig, diese Worte aus dem Mund meiner Mutter zu hören, weil sie genau das auf den Punkt brachten, was gerade in mir vorging.

"Ich hatte auch Liebeskummer, als dein Vater und ich uns getrennt haben, Seokjin."

Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen.

"Aber ... ihr habt euch doch gar nicht mehr geliebt und euch deshalb geschieden."

"Wir haben uns geschieden, weil wir und unsere Lebensweisen einfach nicht mehr zusammengepasst haben. Doch ich habe deinen Vater immer geliebt und ich werde ihn auch immer lieben. Immerhin sind wir nicht im Schlechten auseinandergegangen, und darüber bin ich sehr froh."

Meine Mutter hatte meinen Vater also geliebt, auch als sie sich geschieden hatten. Und sie hatte Liebeskummer verspürt, als er uns verlassen hatte.

Deshalb weiß sie so gut, wie ich mich jetzt fühle.

Sie legte ihre Hand auf meine und streichelte mir sanft mit dem Daumen über die Rückenfläche.

"Was ist mit dir, Seokjin? Wieso hast du Liebeskummer? Liebt dich Namjoon etwa nicht?"

Wenn es doch so simpel wäre.

"Alles war so makellos", fing ich an, zu erzählen. "Die Zeit, die ich mit ihm verbracht habe, war einfach wunderschön. An meiner Geburtstagsparty hat er mir dann sogar ein Wochenende mit ihm allein in Busan geschenkt und Jungkook und die anderen wussten seitdem auch von uns und haben es total gut aufgenommen. Dann, eine Woche später, waren wir in Busan, und das waren einfach die besten Tage, die ich je hatte. Namjoon und ich waren uns so nah, wir hatten so viel Spaß, es war einfach rundum perfekt. Und deshalb dachte ich, dass es der beste Zeitpunkt wäre, ihm nach der Reise zu sagen, was ich für ihn empfinde. Aber irgendwie ... habe ich nicht die Reaktion bekommen, die ich mir erhofft hatte, denn als ich es ihm gesagt habe, ist er einfach abgehauen und hat mich stehen gelassen und ... ach, keine Ahnung. Wir haben uns die Tage darauf zwar mehr oder weniger ausgeredet, allerdings fühle ich mich immer noch so verletzt und dumm und naiv wie auch zuvor schon und ... Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll."

Dass ich aufgrund meines verletzten Stolzes und meines Kummers mit Jimin geschlafen hatte, erwähnte ich nicht. Das wäre wohl dann doch zu viel Information und außerdem tat es nichts zur Sache.

Vor allem aber wollte ich meine Mutter nicht wissen lassen, was für ein grausames Biest ich gewesen war, dass ich Namjoon dies sogar geschrieben hatte, nur um meinen kaputte Würde zu kompensieren oder was auch immer zu tun. Ich hatte zwar gedacht, dass ich mich nach ein wenig Ablenkung besser fühlen würde, aber es war eigentlich genau das Gegenteil eingetreten und ich fühlte mich seit der Party noch verlorener als davor.

Meine Mutter schaute mich grübelnd an und nickte.

"Seokjin", sagte sie ernst. "Es tut mir wirklich Leid, was passiert ist. Dass ihr Kind verletzt wird, tut einer Mutter sehr weh. Aber ich glaube nicht, dass Namjoon dich nicht liebt."

Ich musterte sie verständnislos.

"Keiner verbringt so viel Zeit mit jemandem, der ihm nicht wichtig ist, und erst recht schenkt keiner jemandem ein Wochenende in einer anderen Stadt, wo die beiden allein sein können. Nein, ich bin mir sogar sehr sicher, dass du Namjoon wichtig bist und er die gleichen Gefühle für dich hegt wie du für ihn. Nur glaube ich, dass er es einfach nicht schafft, dir dies zu zeigen oder zu sagen."

"Denkst du das wirklich?", fragte ich meine Mutter nervös. Sie lächelte und strich mir sanft über die Wange.

"Ich kenne Namjoon nicht so gut wie du", meinte sie. "Aber von dem, was du mir bei dir von ihm erzählt hast, und auch von dem, was ich jetzt noch erfahren habe, bin ich mir gewiss, dass es nie seine Absicht war, dir dein Herz zu brechen. Vielleicht konnte er in diesem Moment einfach nur nicht ehrlich sein und denkt, dass es jetzt zu spät sei."

Ich senkte den Kopf.

Könnte meine Mutter recht haben? Es würde in gewisser Weise mit dem übereinstimmen, was Namjoon mir selbst gesagt hatte. Dass er überfordert gewesen war und Angst hatte.

Aber warum? Wovor? Und vor allem - was jetzt?

"Du bist ein Kämpfer, Seokjin", ich schaute wieder auf, "und du darfst jetzt nicht aufgeben. Du liebst Namjoon, richtig? Dann zeig es ihm, sag es ihm, tue irgendetwas, nur lass es ihn wissen. Vielleicht wird er dann irgendwann bereit sein, dir seine Liebe zu geben. Das mit euch beiden ist noch nicht zu Ende. Das weiß ich einfach."

Ich lächelte meine Mutter schwach an.

Es stimmte, dass ich kämpfen sollte. Aber was war, wenn ich es bereits damit zerstört hatte, dass ich mit Jimin geschlafen hatte und Namjoon das auch noch wusste?

Ich liebe dich, Namjoon, und ich würde alles dafür geben, dich wieder zu bekommen, doch gleichzeitig fühle ich mich immer noch so verletzt und dumm. Eine zweite Abfuhr würde ich nicht ertragen.

"Ich weiß nicht, was ich tun soll", sagte ich zu meiner Mutter. Diese lächelte jedoch nur.

"Das ist nicht schlimm. Früher oder später wirst du es nämlich wissen."

"Woher weißt du das?"

"Ich weiß es einfach", schmunzelte sie. "Ich bin schließlich deine Mutter, Seokjin."

Was sollte ich jetzt tun? Sollte ich zu Namjoon gehen und noch einmal mit ihm reden? Es sein lassen? Nie wieder auch nur ein Wort mit ihm wechseln? Mich mit irgendjemandem glücklich vögeln? Um ihn kämpfen? Zeigen, dass ich ihn liebte? Abstand halten? Nachhaken?

Ich wusste es einfach nicht. Ich wusste nicht, ob ich noch ein letztes Mal um Namjoon kämpfen oder meinen Liebeskummer auskurieren und lediglich über ihn hinwegkommen sollte.

Doch würde ich das überhaupt hinbekommen? Immerhin liebte ich Namjoon, und das sehr.

Ich hatte keine Ahnung von irgendetwas. Ich wusste bloß, dass ich meiner Mutter vertraute und sie recht hatte.

Früher oder später würde ich wissen, was ich zu tun hätte.

"Danke, Mama", murmelte ich und nahm sie fest in den Arm. Sie erwiderte meine Umarmung liebevoll.

"Immer wieder gerne, Schatz."

Ich fühlte mich schon viel besser durch dieses Gespräch. Die letzten Tage waren so schmerzhaft und einsam gewesen, doch jetzt empfand ich zum ersten Mal seit Langem endlich wieder Gewissheit und Ruhe.

Und wer weiß - vielleicht würde dieses Früher noch eher kommen als gedacht.

Und wer weiß - vielleicht würde dieses Früher noch eher kommen als gedacht

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𝐇𝐀𝐓𝐄, 𝐅𝐔𝐂𝐊, 𝐋𝐎𝐕𝐄 | NAMJINWhere stories live. Discover now