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Die nächsten Tage waren die absolute Hölle für mich.

Jedes Mal, wenn ich Namjoon im Gang traf oder mit ihm im Unterricht saß, wurde ich an die gemeinsame Nacht erinnert, und das war einfach nur grausam. Ich konnte ihm nicht einmal mehr in die Augen blicken, so unwohl fühlte ich mich in seiner Nähe.

Früher hätte ich ihm einen dummen Kommentar nach dem anderen an den Kopf geworfen, was ich ja auch reichlich getan hatte, doch unsere gemeinsame Nacht hatte alles zerstört.

Hinzu kam, dass ich jedes Mal, wenn ich vor dem Spiegel stand und mich umzog, einen Blick auf die ganzen Knutschflecken erhaschte, die meinen Oberkörper zierten. Und dadurch, dass sie so dunkel waren, waren sie auch jetzt noch, ganze fünf Tage nach der Party, mehr als deutlich zu sehen.

Doch als wäre das alles nicht schon schlimm genug, waren Jungkook und Taehyung seit dem Freitag auch noch ein Paar. Und das bedeutete, dass sowohl Jimin und ich, als auch Taehyungs Freundeskreis und er, wir alle, zusammen die Pausen verbrachten. 

Abgesehen davon schaffte ich es eigentlich ganz gut, Namjoon aus dem Weg zu gehen. Ich wollte das eigentlich nicht. Ich wollte mich wieder mit ihm streiten und ihn anmotzen und ihm Beleidigungen an den Kopf werfen.

Erst jetzt merkte ich, wie sehr mir das alles fehlte. Aber ich konnte das einfach nicht tun.

Immer wenn ich ihn sah, kamen die ganzen Bilder aus der Nacht wieder hoch und fielen über mich her. Was mich allerdings am meisten bedrückte, war die Tatsache, dass ich auch daran erinnert wurde, dass ich es gewollt hatte.

Ich hatte es gewollt und verdammt noch mal genossen, und das belastete mich sehr.

Ich konnte und wollte es einfach nicht wahrhaben, dass Jimin mit seiner Vermutung recht gehabt haben sollte! Dass ich Namjoon innerlich eigentlich ganz gut leiden konnte.

Doch wieso hatte ich mich sonst auf ihn einlassen sollen? Ich musste doch irgendetwas für ihn empfinden, damit es so weit hatte kommen können, oder?

Natürlich hatten Jungkook und Jimin mich am Montagmorgen sofort gefragt, wohin ich im Laufe des Abends verschwunden war. Da ich Angst gehabt hatte, dass Taehyung es meinem besten Freund erzählen würde, hatte ich ihnen zumindest die halbe Wahrheit offenbart: Dass ich bei Taehyung im Gästezimmer eingeschlafen wäre und so den Rest der Party verpasst hätte. 

Den übrigen Teil hatte ich für mich behalten. Ich hatte ihnen einfach nicht erzählen können, dass ich mit Namjoon geschlafen hatte. Das wäre einfach ... zu merkwürdig gewesen. Außerdem wollte ich diese Nacht einfach nur vergessen und ich glaubte kaum, ohne böse klingen zu wollen, dass die beiden mir eine Hilfe gewesen wären.

Ach, es war einfach zum Kotzen.

Wenn Jimin doch bloß bei mir geblieben wäre. Wenn ich doch bloß mit ihm rumgemacht hätte. Von mir aus hätte ich auch mit ihm geschlafen, auch wenn ich es bisher immer nie gewollt hatte.

Aber aus jetziger Sicht wäre mir alles lieber als mit Namjoon geschlafen zu haben.

Es war Mittwoch, Mittagspause, und auch jetzt standen wir in unserer neuen Siebenerkonstellation draußen auf dem Schulhof und redeten über dieses und jenes. Ich hörte jedoch kaum zu, weil ich so den Kopf heben müsste und dann würde ich Namjoon sehen, was ich auf keinen Fall wollte.

Irgendwann griff mir allerdings jemand ans Handgelenk, weshalb ich erschrocken zusammenfuhr. Als ich hochblickte und erkannte, dass es sich aber, glücklicherweise, nur um Jungkook handelte, der mich ernst musterte, seufzte ich erleichtert aus.

"Können wir kurz reden?", fragte er mich. Verwirrt runzelte ich die Stirn, nickte jedoch.

Jungkook führte mich ein Stück weit von den anderen weg, bis er stehen blieb und seinen Griff von mir löste. Dann stellte er sich gegenüber von mir mit verschränkten Armen hin.

"Was ist los?", meinte ich verwundert. "Ist irgendetwas passiert?"

Ich hatte wirklich keine Ahnung, was er von mir wollte.

Er wird doch nicht irgendetwas wissen, oder?

Ein eiskalter Schauer breitete sich über meine Haut aus.

"Du benimmst dich seit den letzten Tagen sehr komisch", sagte er geradeheraus. "Um genau zu sein, seit der Party. Jimin ist es auch schon aufgefallen."

Mit großen Augen blickte ich Jungkook an. Wusste er etwas und wollte es nur von mir hören oder hatte er keinen Schimmer?

Scheiße, was mache ich jetzt nur?!

"Hast du was dagegen, dass Taehyung und ich zusammen sind?", fragte er mich nun enttäuscht. Ich unterdrückte ein erleichtertes Seufzen.

Er hat keine Ahnung. Was ein Glück.

Da es Jungkook wirklich zu bedrücken schien, wollte ich ihn jedoch nicht länger unwissend lassen.

"Nein", erwiderte ich ernst. "Ich habe absolut nichts gegen dich und Taehyung. Ganz im Gegenteil, ich freue mich sehr für euch beide, dass ihr endlich zusammen seid. Das habt ihr verdient."

Jungkook seufzte leise.

"Was ist es dann?", hakte er nach. "Hat es etwas mit Namjoon zu tun?"

Erschrocken weitete ich die Augen, zwang mich jedoch sofort zur Ruhe. Mein bester Freund durfte bloß nicht bemerken, dass er mit seiner Vermutung goldrichtig lag.

"Namjoon?", entgegnete ich und lachte. Ich warf einen schnellen Blick nach hinten, wo sich Genannter gerade mit Taehyung und Yoongi zu unterhalten schien. Dann schaute ich zurück zu Jungkook.

"Als ob ich mich irgendwie in Gedanken mit Namjoon auseinandersetzen würde!"

"Ich frage nur, weil ihr euch in den letzten Tagen nicht mehr ... gestritten habt."

Ich schüttelte langsam den Kopf.

"Du und Taehyung, ihr seid jetzt ein Paar und wir eure Freunde. Da wäre es euch beiden nicht fair gegenüber, wenn wir uns jeden Tag so ankeifen und beleidigen würden. Deshalb reißen wir uns einfach zusammen. Nicht mehr und nicht weniger."

Jungkook schien tatsächlich überzeugt zu sein, was mich sehr freute. Viel mehr erleichterte es mich jedoch und beruhigte mich, auch wenn ich mich ein wenig schlecht fühlte, meinen besten Freund und auch alle anderen anzulügen.

Aber ich musste es tun.

"Ich kann dir nicht versprechen, dass es für immer so ruhig sein wird, aber ich kann dir versprechen, dass wir euch zu liebe unser Bestes geben werden."

Der Dunkelhaarige lächelte.

"Danke, Jin, das bedeutet mir echt viel."

"Für dich doch immer, JK."

Und tatsächlich fühlte sogar ich mich durch diese Worte ein wenig besser und mutiger. Ich hatte sogar das Gefühl, Namjoon wieder mit altem Stolz und gewohnter Schlagfertigkeit gegenüber treten zu können.

Dass dieses Paradies jedoch nicht allzu lange halten würde, würde mir schon in den nächsten Tagen mehr als bewusst werden.

Dass dieses Paradies jedoch nicht allzu lange halten würde, würde mir schon in den nächsten Tagen mehr als bewusst werden

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𝐇𝐀𝐓𝐄, 𝐅𝐔𝐂𝐊, 𝐋𝐎𝐕𝐄 | NAMJINWhere stories live. Discover now