Teil59

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In Hampstead angekommen gab es erst eine Bestellung vom Inder und alles was noch an Schokolade und Keksen zu finden war. Rufus fühlte sich danach deutlich besser. Im Bad entfernten sie erstmal vorsichtig das Tape von Jeremys Nase, um zu sehen, wie schlimm es noch war. Jeremy zischte vor Schmerz auf, meinte dann aber, es sei auszuhalten. Nach dem Baden würden sie ein neues Tape anbringen. „Du siehst richtig verwegen aus, wenn du dich geprügelt hast, irgendwie sexy", fand Rufus und gab einen federleichten Kuss auf die Nasenspitze. „Das sollte trotzdem nicht zur Gewohnheit werden," fügte er dann grinsend hinzu.

„Keine Sorge, ich bin bestimmt nicht wild drauf." Jeremy schaute im Spiegel, ob die Nase schief aussah, aber offensichtlich war sie gut gerichtet und müsste nur abschwellen.

„Na, Großer, bist du so eitel?" Rufus stand dicht neben Jeremy und pustete ihn von der Seite an.

„Hmmm ja, irgendwie schon. Ich könnte bestimmt eine Rasur gebrauchen..." Damit ging er direkt in die Wanne und musste nicht lange auf Rufus warten, der sich ihm gegenübersetzte. Das heiße Wasser am Ende des Tages war himmlisch gut und so ließen sie sich Zeit, um sich im Wasser gegenseitig zu verwöhnen. Rufus machte nach der Rasur weiter, indem er hinter Jeremy ging und ihm eine Schultermassage gab. Jeremy fand das so entspannend, er hätte glatt anfangen können zu schnurren. Schließlich lehnte er sich einfach nach hinten und so dösten sie eine Weile gemeinsam. „Sag mal", begann Jeremy dann, „könntest du dir vorstellen, in Amerika zu leben?"

Rufus spielte gerade mit einer von Jeremys Haarsträhnen, indem er sie durch seine Finger gleiten ließ. „Hmmmm, ich denke eher nicht. Meine Familie ist hier. Wie sagt man so schön: Adel verpflichtet." Er spielte weiter. Jeremy hatte zwar an eine andere Antwort gedacht, aber jetzt schien ihm das, was Rufus sagte, absolut logisch. Er gehörte hierher, das war gar keine Frage. Rufus in New York wäre wie ein Schokoladenweihnachtsmann zu Halloween. Irgendwie echt toll, aber nicht ganz passend.

„Was ist mit dir? Könntest du dir vorstellen, hier zu leben?" fragte Rufus dann und ohne auch nur überlegen zu müssen, wusste Jem, was er sagte. „Ja, das könnte ich. Mich hält da drüben nichts mehr."

Rufus schlang die Arme um ihn und küsste ihn erst auf die Schulter, dann Stück für Stück weiter, bis an den Hals. Das tat mehr als gut und war die beste Antwort von allen. Jeremy spürte, wie er gleichzeitig unter Rufus' Lippen entspannte und doch ein zunehmendes Kribbeln im Innern verspürte.

„Deine Karriere?" murmelte Rufus.

„Ist zweitrangig. Du bist es, den ich will." Jeremy legte den Kopf ganz zur Seite, damit Rufus bitte einfach weitermachte.

„Dann wäre das geklärt. Ich will dich auch." Es war nur typisch, das der jüngere Mann nicht lange um irgendwas herumredete und er war auch noch nicht fertig. „Worauf wartest du dann?" Rufus konnte sich einfach nie eine Doppeldeutigkeit verkneifen, das hatte Jeremy schon längst gemerkt und irgendwie fand er das auch gerade anregend.

„Na, warte, das kannst du haben", scherzte er und spritzte Wasser nach hinten.

„Ich kann's schon kaum noch aushalten..."

Jeremy lachte und stand auf, nahm sich tropfnass ein Handtuch und reichte Rufus auch eines. „Vielleicht tapen wir doch die Nase erst neu?", fiel ihm gerade noch rechtzeitig ein, bevor er sich eilig abtrocknen wollte und das Handtuch schon überm Kopf hatte. Er hörte Rufus lachen, dann kam der zu ihm und hob vorsichtig das Handtuch an.

„Hast du sowas schon mal gemacht?"

„Ich bin beim Theater, was meinst du, was da so alles passiert", sagte Ru und zwinkerte.

Jeremy beschloss, ihm zu vertrauen und tatsächlich hatte Rufus ein sehr vorsichtiges Händchen bei der Sache und brachte das Tape gut an. Zum Schluss gab es wieder ein Küsschen auf die Nasenspitze. „Und jetzt komm, ich hab' dich vermisst", sagte er dann und zog Jeremy an der Hand hinter sich her ins Schlafzimmer und aufs Bett. Rufus ließ sich nach hinten auf den Rücken fallen, was klar signalisierte, dass Jeremy diesmal oben wäre. Zumindest jetzt. Allein der Anblick von Rufus, erhitzt und noch feucht vom Bad, versetzte Jeremy zusätzlich in Stimmung, noch bevor sich ihre Körper berührten. Jeremy kniete sich vor Rufus auf das Bett und legte dann Rus lange Beine um sich herum. Er beugte sich jetzt vor, was doppelten Effekt hatte, denn so konnte er Rufus küssen und gleichzeitig spüren, wie sich ihre Erektionen berührten und rieben. Rufus legte die Arme hinter sich, über den Kopf, sodass Jeremy sie zu fassen bekam und festhielt, während er ihn mit Küssen verwöhnte. Rufus war diese passive, beinahe hilflose Rolle nicht gewohnt und wand sich, was Jeremy nur noch mehr erregte. „Lass mich machen und pass auf meine Nase auf", murmelte er ihm ins Ohr, sodass Rufus auflachte. Jeremy drängte sich noch begieriger an Rufus, als es plötzlich, mit einem Mal, ein ohrenbetäubendes Klirren gab, gefolgt von einem heftigen Poltern. Beide zuckten vor Schreck zusammen und Jeremy warf sich nahezu instinktiv über Rufus und hielt ihm seine Hände über den Kopf. "Fuck, was war das?" Es blieb jetzt ruhig, also wandte Jem den Kopf, um zu sehen, was los war. Da war ein Pflasterstein durch die Fensterscheibe gekracht und jetzt lag zerborstenes Glas überall auf dem Boden vor dem Fenster. Zum Glück war das Bett in der Mitte des Raumes, sonst wären noch mehr Splitter hineingefallen. „Shit!", rief Rufus als Zweiter und begann, Jeremy von sich zu schieben und sich aufzurappeln. Jeremy war im Moment noch zu verstört. „Was zum Geier?"

„Das Fenster, na warte..."

Rufus war jetzt auf, löschte im Nu das Licht und sprang in eine Jeans, dann stürmte er die Treppe herunter. Jeremy rief hinter ihm her, was nichts nützte, also zog er sich eilig eine Hose über und eilte hinterher. „Rufus! Bleib drinnen, warte!" Das war doch alles nicht wahr! Jeremy nahm drei Stufen zugleich auf der Treppe und hastete zur Hintertür hinaus in den Garten, wo er Rufus rufen hörte.

„Du blöder Vollarsch, zeig dich!"

Da war noch was, noch andere Geräusche. Als Jeremy in den Garten kam, warf Rufus mit Steinen ins Gebüsch, das entlang der Gartenmauer wuchs. Aber die Steine trafen die Mauer, das konnte man hören. „Rufus, hör auf, das bringt doch nichts!", rief er und hastete zu ihm. Er trat vor ihn und packte ihn am erhobenen Arm. Rufus konnte sich gerade noch bremsen. „Geh aus dem Weg, der ist da irgendwo..."

„Nein, da ist keiner, jetzt nicht mehr, du triffst nur die Mauer. Beruhig dich, schhht..."

„Der kann noch nicht weit sein!", rief Rufus und starrte wild in die Dunkelheit bei den Büschen.

„Nein, kann er nicht. Wir rufen die Polizei." Jeremy versuchte, seine eigene Aufregung so gut es ging zu kontrollieren.

„Oliver! OLIVER!!!"

„Beruhig dich, es ist nichts passiert..."

„DU machst mir keine Angst, hörst du! Komm her und ich mach dich fertig!"

Jeremy sah ein, dass es verbale Beruhigung allein nicht brachte, also schlang er seine kräftigen Arme um Rufus und zog ihn dann fest an sich. „Hör auf, hör auf, das ist der nicht wert... Autsch!"

Rufus wand sich und hatte ihn an die Nase gestoßen, Jeremys Ausruf ließ ihn jetzt jedoch nachgeben. Er beruhigte sich. Inzwischen waren in den umliegenden Häusern ein paar Lichter angegangen und jemand rief durch ein offenes Fenster, ob alle in Ordnung sei. Eine Frauenstimme rief, ob sie Hilfe bräuchten.

„Nein, danke", rief Jeremy den Leuten zu. „Wir hatten wohl einen Einbrecher und rufen jetzt die Polizei. Danke, nichts passiert, gehen Sie zurück ins Haus." Rufus atmete schwer an seiner Schulter und sagte nichts. Das war vielleicht besser so. „Komm, wir gehen rein und sehen weiter", schlug Jem jetzt vor. Tatsächlich ließ sich Rufus von ihm hineinführen und er setzte ihn direkt auf die Couch im Wohnzimmer und machte erstmal Licht, damit man alles sehen konnte. „So ist gut. Keiner hat was abgekriegt, siehst du."

„Du blutest", stammelte Rufus.

„Das ist die Nase von gestern. Ist nicht schlimm. Wir rufen jetzt die Polizei." Jeremy nahm Rufus Hände in seine und sah ihm in die Augen. „Okay?"

„Ja, okay."

Jeremy ging zum Telefon und wählte den Notruf. In einem Stadtteil wie Hampstead waren die Polizisten bestimmt bald da. Er schilderte ihnen die Situation so knapp wie möglich, dann kam er zurück zu Rufus. Der schaute ihn an und stand auf. „Ich will mich nicht wie ein kleines Kind aufführen", begann er, „komm, ziehen wir was an und machen uns und den Polizisten einen Tee."   

No lies, keine LügenTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon