„Findet Ihr eure Anklageschrift lustig?", fragte Morgraine zähnefletschend.

„Sehr!", lachte Caenna und warf sich das rote Haar über die Schulter. Alainn hatte ihre Mutter seit Jahren nicht mehr mit offenen Haaren gesehen. Sie hatte sie immer in langweilige, formale Hochsteckfrisuren, der Menschen gezwängt, die ihr Gesicht streng und nichtssagend erscheinen ließen.

„Vielleicht wäret Ihr so gütig und würdet eure Belustigung erklären!" Die Königin presste jedes Wort heraus, als würde es ihr schwerfallen ihre Beherrschung aufrecht zu halten.

„Heiliges Relikt? Wirklich?", Caenna hob eine Augenbraue und schnaubte abschätzig, ihr Blick wanderte über die Korrigans und Berater zur Königin, um dann die Zuschauertribünen mit ihren Blicken zu durchwandern.

„Das Weltenbuch gehört mir! Ich wache über das Buch. Dies ist meine heilige Aufgabe als Hüterin. Die Göttin höchstpersönlich hat mir diese Aufgabe übergeben. Und Ihr wagt es ...", wutverzerrt hob Caenna anklagend den Finger und deutete auf Morgraine, „Wie könnt Ihr es wagen euch gegen die Gesetzte der Götter zu stellen? Ihr habt kein Recht mich des Diebstahls anzuklagen. Eure Anklage hat keine Grundlage. Keine Fakten. Es beruht auf der Gefühlslage eurer königlichen Majestät!" Caenna lachte spöttisch und machte eine spielerische, verhöhnende Verbeugung.

„Ihr habt euch nicht geändert, Caenna. Ihr haltet euch noch immer für wichtiger, als Ihr es seid! Das Weltenbuch wurde eurer Familie zugesprochen. Eure Aufgabe ist es, das Buch zu beschützen. Aber Ihr habt die Heiligkeit missbraucht!"

Wieder lachte Canna. „Da spricht genau die Richtige!", fauchte Canna, „WO ist der Rat, königliche Majestät? Wo ist der Rat der Korrigans? Der Rat der Könige? Nur sie haben das Recht zu richten. Nicht die Monarchin. Mal davon abgesehen, das kein Lebender das Recht besitzt über die Hüterin zu richten. Nur die Göttin kann mich richten. IHR seid keine Göttin. IHR seid bloß Königin!" Stille trat ein. Freyas Hand umschloss Alainns. Das Mädchen drehte den Kopf und sah ihrer Tante in die Augen. Ihr Schicksal ist besiegelt!, stand in Freyas Augen und Alainns Luftröhre wurde ganz eng. Ihre Augen wanderten zu ihrer Mutter und wieder zur Königin. Sie versuchte den Sinn ihrer Worte zu begreifen. Versuchte herauszufinden, worum sie gerade stritten, aber alles, was Alainn klar war, dass sie nichts wusste. Geheimnisse. Überall Geheimnisse.

„Ihr steht unter meiner Herrschaft-"

„Ihr habt mich eigenhändig aus der Gemeinschaft geschmissen!"
„Ihr habt gegen mich intrigiert. Und Ihr hattet diese lächerliche, kleine Romanze!", Morgraine war aufgestanden und beugte sich zornig über den Richtertisch.

„Ihr habt eure Pflicht verraten. Ihr seid es nicht wert euch Hüterin zu nennen. IHR HABT DIESEN MENSCHEN GELIEBT!"

Alainn zuckte zusammen. Und die Fragezeichen tauchten vor ihrem inneren Auge auf.

„ADAM!", schrie ihre Mutter die Königin an, „Er hieß ADAM!" Ihre Stimme zitterte leicht, als sie seinen Namen aussprach und Alainns Magen zog sich zusammen.

„Adam", wisperte sie leise vor sich hin und betrachtete Freyas Hand, die ihre Hand umschloss und drückte. Adam.

„Und ich habe ihn geliebt! Ich habe ihn mehr geliebt, als alles andere zuvor. Er hat mich Menschlichkeit und Mitgefühl gelehrt! DINGE, die Ihr niemals verstehen werdet. Ich werde mich nicht entschuldigen. NICHT für ADAM. Nicht für ALAINN. Nicht für mein Handeln. Vor 18 Jahren habe ich das Weltenbuch in Sicherheit gebracht. Ich habe die Schwellenorte aus den Büchern gestrichen, weil eure Majestät nicht in der Lage ward, Boudicca einzufangen. Ihr habt sie draußen herum rennen lassen. Ihr habt zugelassen, dass sie ihre Armee aufstellt. IHR habt Schuld an dieser Katastrophe!", Caenna zeigte mit den Finger auf das Fenster.

Officium #Wattys2016Where stories live. Discover now