Dei Gratio*aktualisiert

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9.

Die gemeine Waldfee

Das Aussehen der Waldfeen entspricht den Blüten, in denen sie geboren werden, weswegen sie wegen ihres vielfältigen Aussehens oft falsch kategorisiert werden. Durch ihre besondere Tarnung ist es ein schwieriges Unterfangen die gemeine Waldfee zu finden. Doch hinterlässt auch diese Art gewisse Hinweise, auf die ein Suchender achten kann. Bei Ausübung ihrer Magie sondiert die Waldfee ein goldenes Pulver ab, dass sich bei hoher Konzentration von Feen oft in Kügelchen am Waldboden sammelt. In ihrem Verhalten unterscheidet sich die gemeine Waldfee kaum von ihren Artgenossen. Sie sind stolze und empfindliche Persönlichkeiten, denen man nur mit äußersten Respekt begegnen sollte. Die gemeine Waldfee sieht sich als Beschützer und Hüter ihres Wohnortes und reagiert mit Rachsucht auf Zerstörung ihres natürlichen Lebensraumes. Der Wald wird immer von zwei Feenarten regiert, die sich saisonal das Herrschaftsgebiet teilen. Die Sommerfeen regieren von April bis September, in diesen Monaten schlafen die Eisfeen und erwachen erst wieder im Oktober. Diese beiden Arten leben in einer Koexistenz, die auf strengen Regelungen basieren muss, da Feenvölker- unerheblich ihrer Art- ein kriegerisches Gemüt haben.

Ausschnitt aus dem Weltenbuch, 1. Buch der Artenvielfalt „Die gemeine Waldfee"

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„Macht euch bereit. Die Vorstellung beginnt!", leise lachte die Gestalt. Rote Augen glühten in der Düsternis des Waldes auf. Wie Kohle, die noch einmal aufglimmt, bevor sie verglüht. Begierig schob sie die Äste auseinander und blickte hinunter. Die Jungen standen dicht aneinandergedrängt vor dem Waldrand und warteten offensichtlich auf etwas.

„Wie unschuldig!", gurrte sie. Das leichte Vibrieren ihrer Stimmbänder verstärkte sich. Wurde zu einem leisen Gelächter. Ihre Finger, die bis dato ruhig auf dem Baumstamm lagen, hinter dem sie hervor spähten, kratze über die krustige Rinde. Gierig betrachtete sie die Gruppe: „Ich werde sie zerstören!". Das Kratzen ihrer Finger über die durchfurchte Rinde der Eiche, erinnerte an das wetzten von Krallen. Wie um den Eindruck zu verschärfen, hob die Frau ihre Hand und betrachtete prüfend ihre Nägel. Feiner Nagelstaub bedeckte die Schärfe, die unter ihm schlummerten. Reste von bersteinfarbenen klebrigen Harz und dunkler Eichenrinde hingen in den Halbmondkreisen und schimmerten durch das Weiß des Nagels. Sie drehte sich zu ihren Begleiterinnen um. Die Frau war von einer schrecklichen Schönheit. Die Augen glommen wie Funken im Feuer. Das glimmende Rot verlieh ihrem blassen Gesicht den Ausdruck von unbeherrschten Wahnsinn. „Macht es nicht Spaß, den Untergang der Welt mit anzusehen?!", ihre Stimme nahm den Klang von lieblichen, dickflüssigen Honigs an. Dunkel und klebrig wickelte er ihr Gefolge ein. So wie ein Kaubonbon in den Zähnen Hängen bleibt bis der ganze Mund bedeckt ist von einer süßen rosa Schicht.

„Ihre Unschuld zu vernichten wird...", sie machte eine Kunstpause. Holte Tief Luft, so als wollte sie diesen Moment, diese Worte und vor allen diese Vorstellung in all ihren Einzelheiten und Details auskosten und darin baden: „Oh.. sie wird alles in den Schatten stellen. Es wird wie die Kirsche auf einem Berg voll Sahne sein. Findet ihr nicht auch, Mädchen?!", auffordernd musterte sie die schwarzverhüllten Gestalten: „Ja, Herrin!", sagte die rechte Gestalt. Sie klang überzeugt, selbst gierig darauf anfangen zu dürfen. Die andere blieb stumm. Senkte den Blick und zog den Kopf ein. Mit einer flinken Bewegung griffen die Harz verschmierten Finger in die Kapuze. Ein unterdrücktes Keuchen ertönte als die geschärften Fingernägel sich in das weiche Fleisch des Halses bohrten. Sie verstärkte den Druck auf die Luftröhre. Die Folge war ein leises Luftschnappen gefolgt von einem unterdrückten Japsen. Der Druck war nicht stark genug, um tödlich zu sein, dennoch festgenug um den Druck im Kopf zu erhöhen und rasende Kopfschmerzen auszulösen

„Findest du nicht auch?"

„Ja doch, Herinn!", rasselndes Luft holen. Die Fingernägel zwangen den Kopf der Gestalt hoch. Genügend um hinunter sehen zu können.

Officium #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt