Seductione * aktualisiert

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5.

Alainn kochte. Ihre Wut wütete wie Feuer in ihrem Inneren. Sie versuchte zu atmen, aber das Feuer ließ sich nicht eindämmen. Sie schloss die Augen und lehnte sich in einer Ecke an die Mauer. Sie spürte dem Zorn nach. Er floss in ihren Adern und Venen, breitete sich wie Waldbrand aus. Heiß, aggressiv und machtvoll. Sie spürte die Magie, die mit dem Feuer Hand in Hand ging. Unbezahlbar schön, dachte Alainn und gab sie ihr hin. Sie wusste, dass dieses Gefühl gefährlich war. Gefährlich für sie und andere. Sie wusste, dass je öfter sie Magie bewusst benutzte, desto häufiger würden die Schübe kommen. Hangover, nannte ihre Mutter sie. Oder Nebenwirkungen. Sie war jung und junge Korrigans mussten erst lernen ihre Magie, so zu kontrollieren, um nebenwirkungsfrei zu sein. Alainn hatte damit Probleme gehabt, seit sie denken konnte. Ihre Hangover waren mit Alpträumen und unkontrollierten Gefühlsschwankungen gespickt. Aber jedes Mal, wenn die Schübe abschwollen, erwachte sie stärker denn je. Die Stimmen der Dunkelheit schmeichelten ihr, flüsterten ihr zu, dass sie aufhören sollte sich zu wehren. Lass die Dunkelheit zu, wisperten sie in ihrem Kopf. Sei mächtig. Zeig diesem alten Knacker, was es bedeutet, sich Respekt zu verdienen. Oder Angst.

Alainn biss sich so heftig auf die Lippe, dass sie Blut schmeckte. Der metallische Geschmack und der stechende Schmerz ließen die Stimmen verstummen. Sie musste hier raus. Dumme Schule. Dummer Ort, dachte Alainn. Sie schoss aus ihrer Ecke heraus. WUM!

Sie lief gegen eine warme Masse. Prallte zurück. Ruderte reflexartig mit den Armen und landete zum zweiten Mal an diesem Tag auf ihrem Po. 

„Kannst du nicht aufpassen?", schrie sie los. Ärgerlich umfasste sie den Schleier roten Haares und strich ihn an Ort und Stelle. Als sie auf blickte, sah sie in zwei schwarze Augen. Kieselsteinaugen. Kiran. Allisons Kiran.

Jetzt gab es keinen Zweifel mehr, das die blasse Allison Grey nicht nur eine Nebenwirkung ihres eher ungewöhnlichen Abendvergnügens gewesen war. Und wenn Allison die Wahrheit gesagt hatte, was zur Hölle hatte sie gemeint? Wie sollte sie diesen Kauderwelsch, den dieses Mädchen von sich gegeben hatte, entschlüsseln?

„Gott, was starrst du denn so blöd? Hilfst du mir nicht auf?", der Junge, der sie ebenso verdutz angestarrt hatte, löste sich aus der Erstarrung. Er hob eine Augenbraue bei ihrem rauen Tonfall:" Tut mir leid!", Alainn schlug seine Hand weg.

 „Jetzt will ich sie auch nicht mehr!", sie klopfte sich den Dreck von der Hose. 

„Du bist die Neue, oder?"

„Gott!", frustriert warf Alainn die Arme in die Luft:"Was ist das hier ? Gossip Girl für Arme?", Kiran grinste leicht. „Es ist eine kleine Stadt, da spricht es sich schnell rum, wenn das Hexenhaus am Waldrand gekauft wurde!" 

Alainn hob nun ihrerseits die Augenbraue: "Habe ich gemerkt!". Sie verdrehte die Augen und wollte sich an ihm vorbei mogeln.

„Hey, wo willst du hin?"

„Nicht, dass es dich was angeht, aber: WEG!"

„Aber wir haben jetzt unterricht. Wir sind in einer Klasse!"

„Oh, ich Glückliche!", Alainn lief weiter. Sie war halb am Tor, als er sie einholte. Kiran packte sie am Arm und zog sie zu sich herum. Sein Herz setzte einen Moment aus, als sie ihn mit einer zur Eis erstarrten Miene ansah. Ihre Augen erinnerten ihn an Dolche und der Wind schien ihre Haare wie loderndes Feuer um ihr Gesicht zu drapieren. Der Junge ließ sie los.

 „Lass mich raten..", zischte sie ihn an. Ihr Zeigefinger tippte zornig auf seine Brust:" Du bist eine dieser Streber, die Klassensprecher und Schulsprecher werden. In der Grundschule hattest du ein Heft voller Fleißbildchen und wenn Leute Probleme haben, dann kommen sie zu dir. Und du redest dann und leitest die Mediations- AG und den Sportclub und ohh.. ich weiß", ihre Stimme überschlug sich vor gespielter Freude,"Den Debattierclub.", sie verzog das Gesicht zu einem kalten Lächeln: "hab ich recht?"

Officium #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt