Jeder hatte ein Herz.

Jeder hatte Gefühle.

Auch er.

Und das einzige Mal, wo ich ihn mit Emotionen gesehen hatte, war, als Aurora bei ihm war.

Sie war der Schlüssel. Sie war das, was ihn zu einem normalen Mann machte.

Liebe.

Liebe war was uns Menschen stark, aber zugleich schwach machte.

Matteo sah mich misstrauisch an, zückte dann aber eine Pistole.

"So?" Er zielte auf mich und entsicherte sie.

Doch wenn sie nicht hier war, war er genau das, was man sich unter einem Gangleader vorstellen konnte. Kaltherzig, monoton und kein Anzeichen von jeglichen Gefühlen.

"Babe? Was soll das hier bitteschön werden?"

Der Gangleader und ich drehten beide den Kopf zur weiblichen Stimme, die ich eindeutig identifizieren konnte.

Aurora stand mit verschränkten Armen vor uns und sah ihren Mann leicht genervt an. Matteos harte Miene verfiel innerhalb wenigen Sekunden und er senkte die Waffe, die er mit ausgestreckten Arm auf mich gerichtet hatte.

Es war einfach faszinierend zu sehen, was Liebe mit einem anstellen konnte und vor allem, wie es deine Taten und Gedankenzüge beeinflussen konnte.

Matteo liebte seine Frau über alles und würde nie etwas tun, was sie nicht wollen würde.

Ich war mir aber sicher, dass er die schlimmsten Dinge vor ihr verheimlichte, um Streiten und Diskussionen auszuweichen.

"Ich habe es dir schon einmal gesagt. Es werden keine jungen Mädels umgebracht."

Sie kam auf ihn zu und rempelte leicht gegen ihn. Der Gangleader schwieg und verdrehte seine Augen. Seine Frau hatte Feuer unterm Arsch.

Gleich im Anschluss nahm sie ihm die Waffe aus der Hand und warf sie in das Gebüsch nebenan. Es überraschte mich immer wieder, wie sehr sie ihren Ehemann unter Kontrolle hatte und ich war wohl nicht die einzige, die davon Wind bekommen hatte.

Hinter meiner Retterin konnte ich einen schmunzelnden Damian erkennen. Er wusste ebenfalls, dass man nichts gegen Mama Diamini tun konnte.

Er sah kurz zu mir und verschwand mit einem aufmunterndem Lächeln wieder in der Dunkelheit. In der Ferne konnte ich erkennen, wie kurz die Lichter des Rovers aufblinkten und die Jungs sich aus dem Staub machten.

Er hatte es wieder einmal getan. Dieses Mal überlegt und gewollt.

Zum Glück war es dunkel, sonst würde das diskutierende Ehepaar noch bemerken, dass ich wortwörtlich strahlte. "Ich verstehe dich einfach nicht! Wie kannst du es überhaupt wagen auch nur daran zu denken einen Teenager kalt zu machen? Schon hundert Mal habe ich dir gesagt, dass es mir nichts ausmacht, wenn die Opfer schuldig sind, aber hier, mit Alexis, lasse ich das nicht zu. Vor allem da sie auch komplett unschuldig ist!"

Matteo hielt sich die Stirn und winkte ab. Mein Arm wurde von der brodelnden Aurora sachte angepackt und hochgezogen. "Komm, mein Kind."

~

"Falls du noch was brauchst, ruf mich einfach." Ich nickte ihr entgegen und lächelte. Aurora war einfach wundervoll. So herzlich und pur. Ihr Herz hatte für jeden Platz. "Meinen Mann sollst du einfach ignorieren. Fühl dich wie zu Hause."

Sie wollte gerade gehen, doch ich rief ihr hinterher "Wann soll ich morgen in der Küche sein?"

Sie drehte sich zu mir um und sah mir entgeistert entgegen. "Gar nicht. Du bist hier kein Hausmädchen mehr. Du lebst nicht mehr hier, weil mein Mann dich gefangen hält. Du bist hier, weil ich es so will und ich weiß, dass du jemanden brauchst."

Hostage - He Saved Me #IceSplinters19 #WinterAward18 #SkyAward19Where stories live. Discover now