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Schweigsam ging ich nach der Schule zu meinem Auto. Dank Dylan konnte ich mich den Rest des Schultages nicht gut konzentrieren. Meine Gedanken waren immer wieder bei ihm, so sehr ich auch dagegen ankämpfte.
Mit einem erschöpften Seufzer lies ich mich auf den Sitz meines Autos plumpsen und warf meine Tasche auf die Beifahrerseite. Ich war bereits mehr als müde, doch mein Tag war leider noch nicht zu Ende. Ich hatte noch Spätdienst im 'Roomer'. Roomer war ein kleines und eher schlichtes Diner mitten in der Stadt. Die Menschen liebten es, wegen der einfachen Architektur. Keine Lautstärke wie in einem Familienrestaurant, doch auch keine Stille wie im 5-Sterne Restaurant. Es war einfach perfekt.
Ohne lange zu warten startete ich den Motor und fuhr los.

Nach ein paar Minuten war ich auch schon angekommen. Schnell parkte ich mein Auto und düste in das Restaurant, wo allerdings noch kein Kunde war. Den einzigen den ich entdecken konnte war Nathan, der mit der Musik mit summte und hinter der Bar stand, um die restlichen Gläser abzuspülen.
„Hallo" brüllte ich durch den Raum, dass ihn aufschreckte. Sofort hörte er auf zu singen und winkte mir freundlich zu. Mir war bewusst, dass er mich nun über den heuten Tag in der Schule ausquetschen würde. Immerhin verschwand ich nicht jeden Tag während eines Gesprächs einfach so auf der Toilette.
Angespannt ging ich zu ihm hin und schmiss erschöpft meine Tasche auf die Bar. Ich hatte noch eine halbe Stunde Zeit mich umzuziehen, also stresste ich mich nicht allzu sehr.
„Wo warst heute?" Fragte er mich, wie erwartet.
Mit einem Seufzer setzte ich mich auf den Barhocker und bat erstmals um ein Glas Wasser, das er mir sofort brachte.
„Ich musste plötzlich pinkeln" log ich und grinste geschämt. Mir war nichts besseres eingefallen.
„So dringend, dass du nicht einmal den Satz zu Ende reden konntest?" Fragte er mich mit einer hochgezogenen Augenbraue und stemmte seine Arme am Tresen ab, dass seine Muskeln andeutete. Manchmal fragte ich mich, ob er das absichtlich tat.
„Ja" antwortete ich knapp und nahm einen kräftigen Schluck vom Wasser, dass ich Zeit hatte zu überlegen.
Als ich das leere Glas schnell auf den Tresen klatschte konnte ich auch schon seinen nächsten verwirrten Blick an mir spüren, der mich durchlöcherte. Mir war klar, das diese Ausrede nicht die beste war, doch was sollte ich sonst machen? Ihm erzählen, das ich meinem Stiefbruder geküsst habe, und Dylan dann noch Anspielungen gemacht hat, mit mir ins Bett zu steigen? Niemals! Ich schämte mich selbst schon genug dafür.
„Wer war der Typ?" Fragte er mich strikt, als er merkte, dass ich nicht mit der Sprache heraus rückte.
Sofort riss ich meine Augen auf und suchte helfende Blicke, doch es war noch kein Mensch, außer Nathan und mir im Roomer.
„Welcher Junge?" Fragte ich panisch und grinste dabei etwas verlegen.
„Jasmin!" Mahnte mich Nathan streng, doch mit einem kleinen Lächeln im Hintergrund. „Ich hab doch bereits mit ihm geredet"
Sofort erstrette ich. Nathan hatte mit Dylan gesprochen? Soweit ich Dylan kannte, konnte ich mir vorstellen, dass er sich mit der Wahrheit aufgeilte.
„Warum sagst du mir nicht einfach, dass er dein Stiefbruder ist?" Erkundigte er sich und stellte mein leeres Glas in die Abwasch.
„Achso! Der Junge!" Tat ich überrascht und schlug mir gespielt leicht auf die Stirn mit meiner Handfläche. „Ja, er wollte bloß die Telefonnummer von meiner Mum wissen" log ich erneut. Mittlerweile wusste ich selbst nicht mehr, warum ich immer noch log. Es war nichts schlimmes daran, wissen zu wollen, wo sein Vater steckte, doch dieses Gespräch mit Dylan in der Schule kam mir immer noch eigenartig vor. Ich verstand immer noch nicht, warum Dylan wollte, das ich mich von Harry fern halte. War ich tatsächlich so schlimm, das man den Gedanken nicht ertragen kann, das ich jetzt in diese Familie gehöre?
„Warum bist du noch nicht umgezogen?" Ertönte auf einmal die strenge Stimme meines Chefs, Michael hinter mir. So nett er auch manchmal sein konnte, so sehr war er auch einfach ein typischer Boss. Jeden Tag kam er mit Anzug und Krawatte und hatte seine glänzenden schwarzen Haare nach hinten gegelt, wie ein schmieriger Drogenboss. Zusammengefasst: Michael passte nicht in diesen Laden.
„Entschuldigung" murmelte ich etwas genervt und schnappte mir meine Tasche vom Tresen. In Wirklichkeit war es mir recht, das er nun kam. Ich hätte keine weiteren Fragen über Dylan ertragen können.
Blitzschnell marschierte ich mit flotten Schritten nach hinten, in die Umkleide der Frauen, zu meinem weißen Spind.

Als ich mich umgezogen hatte betrachtete ich mich noch einmal im Spiegel. Meine Arbeitskleidung war eines dieser typischen amerikanischen Outfits. Kurzer Rock und eine Bluse. Doch mich störte die knappe Bekleidung nicht. Um ehrlich zu sein half sie sogar manchmal schon für mehr Trinkgeld, das sehr praktisch war.

„Hallöchen" begrüßte mich meine Freundin und Arbeitskollegin Sandy fröhlich wie immer und umarmte mich. „Heute ist verdammt viel los" beklagte sie sich und zog sich ebenfalls um.
Verwirrt schaute ich sie an. „Viel los? Vor ein paar Minuten war kein Mensch da"
Kopfschüttelnd schlüpfte sie aus ihre Jeans hinaus und deutete auf die Tür, die direkt zum eigentlichen Diner führte. „Da draußen sind Millionen" übertrieb sie und quetschte sich lachend in ihren Rock.
Schnell ging ich auf die Tür zu und öffnete sie einen Spalt. Unauffällig schaute ich mit meinem Kopf hinaus und sah mich um. Sandy hatte recht. Es waren tatsächlich übertrieben viele Personen draußen. Allerdings sahen alle gleich aus. Die meisten waren um die vierzig Jahre und hatten wie Michael einen Anzug an.
„Geschäftsessen?" Fragte ich verwundert und schloss leise die Tür wieder zu.
„In einem Diner?" Fragte sie mich entgegen und schloss ihren Spind, der neben meinem war ab. „Niemals" beantwortete sie sich selbst ihre Frage.
„Ich hoffe die bleiben nicht zu lange" schnaufte ich und lag meinen Kopf genervt auf die Schulter ab.

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