Verlust

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~Laladriel~

Die Uruk-hai sind zahlreiche und starke Kämpfer. Mir scheint mit jedem Streich meines Dolches werden es mehr. Aragorn, Legolas und Gimli eilten den Hügel hinauf, um Frodo zu suchen. Boromir und ich schützen die anderen Halblinge. Mittlerweile habe ich all meine Begleiter aus den Augen verloren. Die Hobbits verschwanden im Gebüsch und Boromir und ich wurden getrennt. Zu viele Uruks stürmen auf uns ein. Ich strecke jeden nieder, der mir zu nahe kommt. Heulend und Zähne fletschend geht einer nach dem anderen zu Boden. Lange hört der Zustrom nicht auf und es dauert eine Weile bis sich die Orks etwas verstreut haben. So fällt es mir leichter, nach den anderen Ausschau zu halten. Erst als das Horn Gondors erschallt, kann ich mich neu orientieren. Der Ton kommt von der anderen Seite des Hügels. So schnell es geht, mache ich mich dorthin auf den Weg. Doch immer wieder werde ich von einem Uruk aufgehalten. Diese Bestien sind teilweise gleich groß oder größer als ich und haben viel Kraft. Wenn sie einmal zum Schlag ausholen, muss ich ausweichen. Ich könnte die Wucht niemals abfangen. Deshalb versuche ich, sie zu töten bevor sie zustechen können. Endlich sehe ich Boromir, der Merry und Pippin allein gegen eine ganze Horde Uruks verteidigt. Ich bewege mich in seine Richtung, ducke mich unter den Säbeln der Angreifer hindurch und verteile einen Schlag nach dem anderen. Währenddessen streckt Boromir die Uruks nacheinander nieder. Er hält sich wirklich tapfer. Ich habe die drei beinahe erreicht, da werde ich plötzlich gepackt und einige Meter beiseite geschleudert, als wäre ich ein kleiner Stein im Weg. Ich pralle gegen einen Baum und bleibe benommen liegen. Meine Schulter schmerzt wieder und in meinem Kopf dreht sich alles. Ich kann kaum klar sehen. Verschwommen erkenne ich Boromir am Boden knien. Die beiden Halblinge werden gepackt und fortgetragen. Ich höre ihre verzweifelten Schreie, doch ich kann mich nicht bewegen. Meinen Gliedern scheint alle Kraft entwichen zu sein. Noch immer dreht sich die Welt viel zu schnell und mir wird übel. Mein Herz rast und meine Gedanken wirbeln wild durcheinander. Durch den Schleier der Benommenheit beobachte ich Boromir und den letzten Uruk, der auf ihn zukommt. Krampfhaft versuche ich, meine Arme zu heben und an meinen Dolch zu kommen. Es gelingt nicht. So muss ich zusehen, wie Boromir zu der Kreatur hochsieht. Vollkommen kraftlos. Ein heiseres Lachen dringt zu mir herüber. Der Uruk setzt zum Todesstoß an, wird jedoch von den Füßen gerissen. Jemand hat sich auf ihn geworfen. Ich muss die Augen einmal schließen und erneut hinsehen, um Genaueres zu erkennen. Der Angreifer ist Aragorn! Er kämpft nun erbittert mit diesem erstaunlich kräftigen Uruk-hai. Vermutlich ist es der Anführer oder was auch immer. Dieses Ding ist Aragorn jedenfalls überlegen. Nicht an Schnelligkeit oder Kampfgeschick. Es scheint ihm nur nichts auszumachen, verletzt zu werden. Mit Schrecken stelle ich fest, dass diese neuen Züchtungen von Orks wohl nur getötet, aber nicht verjagt werden können. Ein Schauder läuft mir über den Rücken und endlich fühle ich meine Muskeln wieder. Inzwischen liegt Aragorn am Boden. Der Uruk steht einige Fuß vor ihm. Mein Kopf dröhnt nach wie vor, doch ich hieve mich hoch und versuche, mich auf den Füßen zu halten. Meine Finger tasten nach meinem Dolch und finden stattdessen eine kleinere Klinge. Das Wurfmesser von Lady Galadriel. Ich verwende so etwas zwar nicht oft, trotzdem hebe ich den Arm und schmettere dem Uruk das Messer entgegen. Wütend aufheulend, fährt er herum. Diese kleine Sekunde der Unachtsamkeit genügt. Aragorn schlägt dem Monster den Kopf ab. Der nun leblose Körper sinkt zu Boden. Wir sehen uns an und ich atme erleichtert aus. Aragorn scheint es den Umständen entsprechend gut zu gehen.

Ganz anders bei Boromir. Der Sohn Gondors lehnt an einem Baum. Drei Pfeile ragen aus seiner Brust. Er atmet stoßweise ein und aus, was ihm große Schmerzen bereiten muss. Ich taumle zu ihm hinüber und lasse mich auf die Knie nieder. Aragorn tut es mir gleich.

» Es tut mir leid «, flüstert Boromir,

» Merry und Pippin sind gefangen worden...Es ist meine Schuld «.

» Nein, das ist es nicht «, erwidere ich leise und schüttle den Kopf,

» Du bist einer der tapfersten Krieger, die ich jemals kennengelernt habe, Boromir. Du trägst keine Schuld «. Er lächelt ein bisschen und ich drücke seine Hand. Ich lege meine Hand an seine Wange und gebe ihm einen Kuss auf die Stirn. Ich sehe zu Aragorn, neige den Kopf und erhebe mich langsam. Ich gehe ein paar Schritte und sinke auf den Boden. In meinem Kopf hämmert es unerträglich. Boromir wird sterben, Merry und Pippin sind fort. Hinter mir höre ich Schritte, doch ich nehme keine Notiz davon. Außerdem muss ich aufpassen, nicht umzukippen. Mein Bruder geht neben mir in die Knie und dreht mich zu sich um. Ich sehe zu seinen hellen Augen hoch und lasse mich in seine Arme fallen. Irgendwo hinter Legolas höre ich den Zwerg grummeln. Schließlich steht Aragorn auf. Nun ist Boromir, der Sohn des Truchsesses von Gondor, tot. Aragorn kommt zu uns zurück und schiebt sein Schwert in die Scheide.

» Wo sind Lucea, Frodo und Sam? «, fragt er. Nicht direkt an mich gewandt, sondern an uns alle.

» Zuletzt sah ich Sam zum Ufer hinunter laufen «, erklärt Legolas und hilft mir, auf die Beine zu kommen. Wir machen uns schnellstens auf den Weg zum Wasser und rufen nach den Vermissten. Niemand antwortet.

Als erstes bemerke ich, dass ein Boot fehlt. Es liegen nur noch drei auf dem kiesigen Ufer des Anduin. Auf der anderen Seite erkenne ich das vierte. Auch Legolas hat es bemerkt.

» Sie sind dort drüben. Lasst uns schnell aufbrechen! «, meint er. Aragorn späht mit zusammengekniffenen Augen hinüber. Sein Blick wandert über das Wasser und verharrt schließlich an einer Stelle. Er springt auf und beugt sich über etwas Silbernes im flachen Wasser. Bei genauerem Hinsehen erkenne ich, worum es sich dabei handelt.

» Luceas Dolch! «, stellt Aragorn fest und hebt die Klinge hoch.

» Ist sie mit Frodo und Sam gegangen? «, fragt Gimli. Aragorn betrachtet den Dolch, als würde er ihm erzählen, was vorgefallen ist.

» Wieso sollte sie ihren Dolch zurücklassen? «, murmelt er schließlich und betrachtet die Fußabdrücke der Uruks im weichen Sand,

» Vielleicht ist sie noch hier «. Wenig Zuversicht liegt in seiner Stimme. Gimli senkt den Kopf und streicht nachdenklich über seinen Bart. Aragorn dreht sich im Kreis, sucht die Umgebung mit zusammengekniffenen Augen ab.

» Lucea?! «, ruft er laut. Keine Antwort. Verzweifelt ruft er noch einmal und macht ein paar Schritte in den Wald. Eine Antwort bleibt trotzdem aus.

» Wir können davon ausgehen, dass... «, setzt der Zwerg an, bricht jedoch schnell wieder ab. Er will es nicht aussprechen. Will ebenso wenig eingestehen, dass Lucea tot ist. Oder zumindest, dass nur eine geringe Hoffnung auf etwas anderes besteht. Aragorns Miene verhärtet sich und einen Moment scheint es, als wolle er auf dem Schlachtfeld nach ihr suchen.

» Ich hätte sie nicht hier herunter schicken sollen «, scheltet er sich selbst und sieht auf die Klinge in seiner Hand.

» Wenn Frodo bis zum Ufer gekommen ist, war sie sicher bei ihm «, höre ich mich sagen,

» Wir wissen nicht, ob sie nicht mit ihm und Sam gegangen ist «. Der Blick des Waldläufers schnellt zu mir. Ich halte dem durchdringlichen Gau nicht stand und sehe betreten zu Boden.

» Was sollen wir nun tun? Folgen wir Frodo und Sam? «, fragt Legolas währenddessen,

» Und Lucea? «. Aragorn schüttelt nach einem weiteren Blick zum anderen Ufer langsam den Kopf

» Nein «, bestimmt er und hängt Luceas Dolch an seinen Gürtel,

» Sein Schicksal wird sich fügen, wir können nichts mehr tun. Doch Merry und Pippin brauchen nun dringen unsere Hilfe. Wir müssen sie erreichen, bevor sie in Isengard ankommen «.

Bevor wir aufbrechen, suchen wir uns noch unser Gepäck zusammen. Etwas Proviant und alle Pfeile, die wir finden können. Außerdem gibt mir Aragorn mein Wurfmesser zurück. Anschließend bestatten wir Boromir. Da wir die Boote ohnehin nicht mehr benötigen, betten wir den gefallenen Krieger in eines und legen all seine Sachen dazu. Sein Horn, sein Schwert, seinen Schild. Es ist ein solch unwirkliches Gefühl. Vom einen Moment auf den nächsten haben wir mehr als die Hälfte der Gefährten verloren. Manche davon für immer. Zuerst stürzt Gandalf in den Abgrund, um uns zu retten. Dann wird Boromir erschossen, weil er zwei wehrlose Halblinge und Freunde schützt. Merry und Pippin wurden von den Uruk-hai verschleppt. Nach Isengard, zu Saruman. Frodo und Sam sind fort. Ich weiß nicht, was Frodo dazu bewogen hat. Jedoch bin ich froh, dass er nicht ganz allein ist. Lucea ist vermutlich tot. Ich will es nicht glauben und damit bin ich hoffentlich nicht allein. Legolas trauert, Gimli ebenso und Aragorn scheint am Boden zerstört. Wir alle sind erschöpft, dennoch werden wir uns jetzt nicht ausruhen.

» Gehen wir! Auf zur Orkjagd! «, ruft Aragorn mit neuem Elan aus und stürmt los. Gimli, Legolas und ich folgen ihm.

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