Epilog

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„Bist du sicher, dass du klar kommst?", fragt Ana mich und ich nicke, wie ich hoffe, überzeugt.

Ein ganzer Abend alleine mit Ted erschien anfangs eine machbare Idee, aber jetzt, wo meine Frau gestyled und abfahrbereit vor mir steht, gibt es mehr als nur einen Grund, es nicht mehr so toll zu finden. Mal abgesehen von der Wahl ihrer Begleitung.

Zum einen, weil ich auf einmal gar nicht mehr überzeugt bin, ob unser sieben Monate alter Sohn einen Abend unter meiner Aufsicht überlebt, zum anderen, weil Ana ein Kleid trägt, in dem man sie eigentlich wegsperren sollte, und nicht noch alleine aus dem Haus lassen!

Sie gibt mir einen Kuss und in dem Moment klingelt es auch schon. Gail öffnet und ich bin sicher, dass sie einige Anweisungen von Ana hat, um auf mich aufzupassen, wie ich auf Ted aufpasse. Und selbst wenn nicht, für Ted würde Gail alles tun, sogar freiwillig mich überwachen. Dass ich der Vater bin interessiert hier keinen, Ted ist bei allen Frauen der Familie Grey der Mittelpunkt.

Gail bringt Elena herein und ich nicke ihr zu. Zu mehr Freundlichkeit bin ich nicht fähig, auch wenn wir nach der ersten Sitzung mit Flynn einige Gespräche hatten. Ana mag ihre Freundschaft locker aufrecht erhalten können, ich beschränke unseren Kontakt auf kurze Begrüßungen oder geschäftliche Konversation.

Ana hingegen trifft sich einmal im Monat mit ihr. Sie gehen aus, ins Theater oder Essen, und alles, was ich dazu beitragen kann, ist Sawyer anweisen, auf die beiden Frauen zu achten. Sogar kurz vor der Entbindung hat Ana diesen Termin stur wahrgenommen, während ich halb wahnsinnig zu Hause auf sie gewartet hatte.

Trotz aller Sitzungen mit Flynn ist sie nicht bereit, auf die Gespräche mit Elena zu verzichten. Und auch das Spielzimmer ist noch tabu, obwohl wir beide uns eingestehen, dass wir nur zu gerne das ein oder andere von dort ins Schlafzimmer verlegen. Aber der Verlust meines Spielzimmers ist zu verschmerzen, dafür habe ich meine Frau wieder und natürlich auch Ted. Und Elena, gezwungenermaßen.

Die drei Monate nach der ersten Sitzung waren ein täglicher Kampf um unsere Beziehung. Zum einen, weil Ana wegen der Angst vor einer erneuten Fehlgeburt bis zum sechsten Monat dauernd panisch war, zum anderen, weil ich meine Wut auf Elena und auch auf Ana nur schwer kontrollieren konnte. Wir sind oft abends schweigend ins Bett gegangen oder haben Flynn mit lautstarken Vorhaltungen in den Sitzungen beeindruckt.

Wir mussten lernen, trotz aller Geschehnisse, zu streiten. Und uns zu versöhnen. Und gerade beim gemeinsamen Streiten hatten wir beide Probleme. Ich hatte Angst, sie läuft mir davon, sie befürchtete, ich würde wieder in einen submissiven Zustand fallen. Und wir sind noch lange nicht perfekt, aber kleinere Dispute kriegen wir ganz gut hin. Trotzdem bin ich froh, wenn wir uns nicht streiten, obwohl Ana deutlich mehr Selbstbewusstsein an den Tag legt, vielleicht auch, weil sie eine Weile die Verantwortung für mich und unser Leben übernehmen musste. Sie kann ganz schön herrisch sein, vor allem, wenn es um die Versorgung und Erziehung von Ted geht.

„Du lässt ihn mit Ted alleine?", höre ich Elena fragen und sie wirft mir einen zweifelnden Blick zu.

„Nein, Gail ist in der Nähe."

„Ich kann euch hören", brumme ich und die beiden Frauen grinsen, während Ana sich den Mantel anzieht.

Sie kommt nochmal zu mir, und küsst Ted, der in meinen Armen liegt, bevor sie mir einen Kuss gibt.

„Du kommst klar?", fragt sie nochmal und ich nicke.

„Du auch?"

Meine Stimme ist leise und ich werfe einen zweifelnden Blick auf Elena, die mir ein Lächeln schenkt. Verdammt, das ist die einzige Konsequenz aus allem, mit der ich nicht gut klar komme.

„Christian, ich liebe dich. Und wir reden nicht über deine Vergangenheit, wenn dich das beruhigt. Pass auf Ted auf, wir sind heute nicht so lange unterwegs, wir wollen nur was trinken gehen", beruhigt sie mich.

Trotzdem bin ich nicht ruhig oder gelassen. Meine Frau, die Mutter meines Sohnes, mit meiner Ex-Domina aus dem Haus gehen zu sehen, ist noch immer eine Belastungsprobe für meinen Seelenfrieden, auch wenn ich hier nicht mal dagegen argumentieren kann. Elena hilft Ana tatsächlich, und obwohl ich gern wüsste, was die beiden Frauen besprechen, halte ich mich zurück.

Sie treffen sich nicht so oft und die Familie weiß nichts von dieser Frauenfreundschaft, aber Ana kommt meist gut gelaunt nach Hause, also kann ich nicht mal dagegen argumentieren, dass die Freundschaft ihr schadet. Im Gegenteil, danach ist Ana meist gelöst und entspannt, als würde sie die Treffen mit Elena wirklich genießen.

Flynn meinte, jede Frau braucht eine Freundin, mit der sie über alles sprechen kann. Nur hatte ich nicht damit gerechnet, dass Elena dies je für Ana sein könnte.

Ted gibt Geräusche von sich und wacht langsam auf, so dass ich meine Aufmerksamkeit auf meinen Junior verlagere. Zum Glück hat Ana ihn schon gefüttert und ich muss nur noch dafür sorgen, dass er später ins Bett kommt und davor noch eine frische Windel erhält.

Lächelnd sehe ich in die blauen Augen, die mich verschlafen ansehen. Wir wissen noch nicht, von wem er die endgültige Augenfarbe bekommt, ich meine, sie werden langsam dunkler und grauer, aber Ana streitet das vehement ab. Die Haarfarbe hat er von mir, und Ana behauptet, auch das Temperament.

„Na, Teddy? Jetzt sind wir endlich mal unter uns. Nur wir Jungs", erkläre ich ihm und er gluckst.

Die Schwangerschaft war unproblematisch und wahrscheinlich für unsere Ehe auch wichtig. Selbst wenn wir schlechte Tage hatten, die Gewissheit, dass wir bald Eltern sein würden, hat uns zusammengeschweißt. Und obwohl ich nie wieder möchte, dass Ana eine natürliche Geburt erlebt – auf gar keinen Fall – könnte ich mir mittlerweile auch vorstellen, noch eins zu bekommen.

„Komm, wir machen dich mal bettfertig, bevor Gail kommt und kontrolliert, ob ich dich schon umgebracht habe", murmle ich.

In ein paar Stunden kommt meine Frau nach Hause, und auch wenn ich nicht froh über die Tatsache bin, dass sie derzeit weg ist, freue ich mich umso mehr auf ihre Rückkehr.


Als ich drei Stunden später wach werde, liege ich auf der Couch, Ted im Arm. Mist, ich wollte ihn doch ins Bett bringen. Ted schläft tief und fest und ein leises Kichern vom gegenüberliegenden Sessel zeigt mir, dass ich erwischt wurde.

„Hi", brumme ich und höre, wie Ana aufsteht und näher kommt.

Sie setzt sich neben mich und legt ihre Hand sanft auf meine Brust, direkt neben Ted.

„Meine zwei Lieblingsmänner", sagt sie leise und ich erwidere ihren Blick, der voller Liebe ist.

„Hattest du einen schönen Abend?", frage ich und bemühe mich, meine Verstimmung über ihre Treffen mit Elena aus meiner Stimme heraus zu halten.
„Sehr schön. Aber nicht so schön, wie mit dir zusammen zu sein."

„Das, Mrs. Grey, kann ich gerne zurückgeben. Und wie du siehst, lebt dein Sohn noch."

Sie lächelt und sieht mich schelmisch an.
„Dann bring ihn ins Bett, Christian, damit ich dir zeigen kann, wie sehr ich es zu schätzen weiß, dass du bestimmte Dinge tolerierst und zudem noch unseren Nachwuchs am Leben lässt."

Sie geht vor und ich blicke ihr hinterher und genieße die Aussicht.

An der Treppe dreht sie sich um.

„Ich liebe dich", sagt sie und ich starre ihr einen Moment nur hinterher, bevor ich mit Ted aufstehe, um ihn in sein Bett zu bringen.

Sie hat um mich gekämpft und ich werde jeden weiteren Tag in unserem Leben nutzen, um ihr zu zeigen, dass ich es wert bin.


50 Shades of PainWhere stories live. Discover now