Herzchen und Blümchen

1.3K 38 3
                                    


Zitternd und verstört laufe ich zum Hotel zurück.

Er hat mich im Park kalt erwischt und ich fühle mich schutzlos. Immerhin hat er zwei Wochen keinen Kontakt gesucht, was mich zeitweise schon gewundert hat. Aber ich war froh darüber gewesen, diese Atempause zu bekommen. Mein erster Gedanke war wegzurennen, aber zum einen wäre ich wohl nicht sehr weit gekommen und zum anderen habe ich Sehnsucht nach ihm. Und wie albern ist es bitteschön, vor dem eigenen Mann die Flucht zu ergreifen?

Trotzdem weiß ich nicht, wie ich mit ihm umgehen soll. Erst Sub, dann Ehefrau, dann Domina, was kommt jetzt? Ich habe Angst! Und morgen will er sich mit mir treffen. Wird er mir Vorwürfe machen? Darüber reden wollen?

Ich bin noch längst nicht soweit, obwohl ich langsam wieder zu mir finde. Dr. Alban ist nett und hilft mir, mich zu fokussieren. Das Schicksal annehmen, das ist ihr Motto. Meine Panikattacken haben sich glücklicherweise schnell gelegt, auch wenn ich mich unter Menschen noch unwohl fühle. Die Trauer um meine kleine Blase wird dumpfer und nun wütet hauptsächlich noch die Angst und Panik wegen der letzten Wochen mit Christian wie ein Tornado in mir.

Meine Empfindungen sind so durcheinander, dass ich Liebe und Angst empfinde, wenn ich an ihn denke, und das ist eine merkwürdige Mischung. Ich möchte ihn küssen und ihn am liebsten im selben Moment verfluchen. Seine heutige Ruhe verwirrt und beruhigt mich gleichzeitig.

Nervös gehe ich auf und ab, mein Blick fällt auf die Rosen, die er mir jeden Tag schickt. Ich brauche ihn wie die Luft zum Atmen, und habe doch Angst davor, mich mit ihm auseinanderzusetzen. Dr. Alban meint, ich agiere noch sehr im Selbstschutz-Modus, aber ich weiß es besser. Ich will einfach nicht über die Zeit nach Hyde mit ihm reden. Ich will ihm und mir das nicht antun, sondern es einfach vergessen. Ich will aber auch nie wieder ein Spielzimmer von innen sehen, und allein der Gedanke, ins Escala zurückzukehren, bereitet mir Übelkeit.

Es klopft und ich zucke zusammen. Mein leises Herein klingt angsterfüllt, und das sollte es nicht. Selbst wenn Christian hierherkommt... wir sind verheiratet, wir lieben uns. Es kann doch nicht damit enden, dass ich vor ihm Angst habe? Ich habe nie Angst vor ihm gehabt. Warum jetzt?

Es ist zu meiner Erleichterung nur ein Hotelangestellter, der mir mein Buch bringt. Christian hat es wohl an der Rezeption abgegeben, und das ist eigentlich eine sehr nette Geste. Als ich es in die Hand nehme, fällt ein Zettel heraus. Verwundert lese ich die Zeilen und starre auf das kleine Stückchen Papier, während mir Tränen über die Wangen laufen.

"Ich kann nicht leben ohne mein Leben. Ich kann nicht leben ohne meine Seele." Gib uns nicht auf.

Hat er Recht? Gebe ich jetzt auf? Bin ich es, die letzten Endes unsere Ehe zerstört? Nach allem, was ich auf mich genommen habe, um sie zu retten? Um ihm zu helfen?
Seine Zeilen sind eine Liebeserklärung, die ich im Moment nicht verarbeiten kann. Mein Kopf weiß, dass er es ernst meint, mein Herz kann es aber nicht glauben. Weil er mich in dem Moment, wo ich ihn am meisten gebraucht hätte, im Stich gelassen hatte.

Müde gehe ich ins Bett und schlafe fast augenblicklich ein, den kleinen Zettel wie einen Talisman umklammernd. Er gibt mir Hoffnung, obwohl er mich auch zu Tode ängstigt. Ich fühle mich im Moment unfähig, ihm zu vertrauen und ihn bedingungslos zu lieben, obwohl ich weiß, dass ich sowohl Vertraue als auch Liebe für Christian empfinde. Es ist ein verwirrend.

Am nächsten Morgen wache ich auf, meine Augen brennen und mein Kopfkissen ist unangenehm feucht. Seufzend stehe ich auf und ziehe mir bequeme Kleidung an. Um acht Uhr ist mein Termin bei Dr. Alban, aber wirklich Angst habe ich davor, was danach passieren wird. Eine Stunde später bin ich mit Christian verabredet und im Moment deswegen sogar zu nervös, um zu Frühstücken.

50 Shades of PainWhere stories live. Discover now