Nach-Sorgen

1.2K 39 5
                                    


Als ich aufwache, liege ich alleine im Bett und brauche einen Moment, bin ich mich orientiert habe.

Seattle.

Ich bin tatsächlich wieder zurück und in einem Hotelzimmer. Christian ist wütend auf mich, weil ich wahrscheinlich wieder schwanger bin.

Seit er gestern im Bad so zornig wurde, kann ich ein wenig verstehen, wie es ihm gegangen sein muss, als er sich der Situation mit Hyde und dem Verlust unserer kleinen Blase nicht stellen konnte. Auch ich kann mich einer neuen Schwangerschaft nicht wirklich stellen.

Nicht, weil es mich an die Fehlgeburt – allein an das Wort zu denken, ist schon schmerzhaft – erinnert. Sondern weil ich Angst habe, zu viel Hoffnung zu fühlen und enttäuscht zu werden, wenn es doch nur ein Virusinfekt ist. Leider hilft mir Christians Aufregung und Besorgnis nicht, das Thema ein wenig zu verdrängen. Und ich habe Panik vor dem Termin bei Dr. Greene. Wenn ich vielleicht gar keine Kinder mehr bekommen kann? Was dann? Und wenn ich wirklich – es fällt mir jetzt schon schwer, den Gedanken zuzulassen – schwanger bin? Es wäre mein Wunder, wenn aus allem, was passiert ist, doch etwas Gutes hervorgehen würde, aber Christian hat beim ersten Mal schon schlecht reagiert. Mehr als schlecht. Er ist abgehauen und hat sich mit Elena getroffen.

Was, wenn ihn eine neuerliche Schwangerschaft wieder überfordert? Nochmal werde ich nicht mit einer Unterwerfung von ihm klar kommen, wird mir bewusst. Sollte ich schwanger sein – und der Gedanke ist von Hoffnungen begleitet – brauche ich meinen Mann. Mit all seinen abgefuckten Facetten und seiner Kontrollsucht. Mir wird bewusst, wie sehr ich ihn als den starken Partner brauche, weil ich eben nicht stark sein kann im Moment. Ich bin einfach verunsichert und voller Empfindungen, die ich nicht sortieren kann.

Seine Besorgnis gestern war etwas, was mir gefallen hat, aber ich kann auch seine Wut noch spüren, und habe auch aus diesem Grund unheimlich Angst vor dem Termin bei Dr. Greene. Am liebsten würde ich diesen alleine wahrnehmen, aber das würde er niemals zulassen. Und ich muss gegebenenfalls auch Dinge erwähnen, die ihn noch wütender machen. Wenn ein Baby betroffen ist, will ich wissen, in wie weit eventuell meine eigenen Sitzungen mit Elena Schaden verursacht haben könnten. Wie soll ich so eine Frage stellen, wenn er im Raum ist? Schlicht und ergreifend beängstigend und unmöglich, er würde es nicht verstehen und durchdrehen.

Auch die Einnahme der Beruhigungsmittel macht mir Sorgen, ich nehme zwar seit einigen Tagen keine mehr, aber haben sie dem Baby geschadet? Meine Hand wandert zu meinem Bauch und der Gedanke, ich könnte nicht schwanger sein, ist schmerzhaft. Ich will wieder ein Baby, wird mir klar. Mehr als alles andere. Auch wenn nichts den Verlust des ersten Babys mindern kann, erscheint es mir wie ein kleiner Ausgleich für alles, was passiert ist.

Ein Geräusch aus dem Wohnzimmer stört meine Gedanken und seufzend stehe ich auf. Er hat bei mir geschlafen, seine Bettseite ist zerwühlt, aber ich war so erschöpft, dass ich es nicht mitbekommen habe. Ein leises Bedauern darüber kann ich nicht verleugnen, aber ich habe andere Probleme als Sex.

Nachdem ich aufgestanden und im Bad fertig bin, ziehe ich mir eine Jeans und eine Bluse an, und atme tief durch. Es ist nur Christian und er macht sich Sorgen, also besteht kein Grund, nervös zu sein. Wahrscheinlich sind meine Ängste total überzogen, er gibt sich wirklich alle Mühe, mir zu helfen und zu einem normalen Eheleben zurückzukehren. Soweit man bei uns von einem normalen Leben sprechen kann.

Vorsichtig gehe ich ins Wohnzimmer, wo Christian schon am Frühstückstisch sitzt und Zeitung liest. Das Bild wirkt so normal, dass ich mich beruhige.

„Guten Morgen", sage ich leise und er sieht mich forschend an, fast abwägend.

„Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?", fragt er dann, offensichtlich bemüht, seine Stimme ruhig zu halten.

50 Shades of PainWhere stories live. Discover now