Seine Stimme ist rau und angespannt, sein Blick bezwingend, obwohl er mich sanft hält.
Ich nicke, jetzt habe ich ja auch keinen Grund mehr, irgendwelche Dummheiten zu machen.

Er atmet aus und sieht mich ernst an. „Willst du erst mal etwas trinken? Oder essen? Oder die Hausführung?"

Der abrupte Themenwechsel verwirrt mich ein wenig. Mehr kommt nicht? Keine Strafpredigt, kein überfälliger Ausbruch?

Er steht auf und zieht mich hoch und ich bitte ihn, mich einen Moment alleine zu lassen, woraufhin er das Bad verlässt. Ich spüle mir den Mund aus und wasche mir das Gesicht mit kaltem Wasser. Ich fühle mich danach ein wenig besser und gehe in den Flur, wo Christian auf mich wartet. Er nimmt meine Hand und zieht mich zurück in den Eingangsbereich. Viele Dinge, die hier verändert und eingebaut wurden, kenne ich schon, aber ohne den Dreck und die Bauarbeiter wirkt es zum ersten Mal wie ein Heim und nicht nur wie eine Baustelle.

Der Blick in die Küche und den offenen Wohnbereich ist herrlich, die Möbel, die wir gemeinsam ausgesucht haben, passen hervorragend zu den Böden und der dahinterliegende Blick auf den Sound macht alles perfekt. Unwillkürlich seufze ich leise und Christian sieht mich erwartungsvoll an.

„Gefällt es dir?", fragt er, obwohl wir ja die meisten Dinge gemeinsam ausgesucht haben.

Ich nicke nur und gehe herum, und fühle mich mit jedem Schritt besser und wohler.

„Komm, wir gehen nach oben, ich will dir etwas zeigen", murmelt mein Mann und ich ergreife seine Hand.

Als wir an der Treppe ankommen, grinst er auf einmal, zieht mich an sich und nimmt mich auf seine Arme.

„Ich habe vergessen, dich über die Schwelle zu tragen, mit deinem Sprint aus dem Auto konnte ich ja nicht rechnen. Dafür trage ich dich jetzt einfach hoch und zeige dir die Überraschung."

Verwirrt sehe ich ihn an, aber er grinst nur, ein wenig verlegen. Christian und seine Facetten, aber diese ist mir noch nicht bekannt. Trotz allem, was heute schon auf ihn eingestürzt ist, benimmt er sich fast normal, soweit man bei einem Christian Grey normale Maßstäbe anlegen kann. Und er gibt mir damit Hoffnung, auch, weil der Ausbruch bisher ausgeblieben ist. Meine Angst, dass er wieder in diesen schrecklichen Zustand fällt und mir alles überlässt, legt sich von Minute zu Minute.

Als er mit mir oben ankommt, setzt er mich behutsam auf die Füße und gibt mir dann einen langen, festen Kuss.
„Bereit, Mrs. Grey?", fragt er und ich nicke, mit einem riesigen Kloß im Hals.

Er tut wirklich alles, um es mir einfacher zu machen, und langsam kommen mir meine eigenen Ängste albern vor.

Er zieht mich den mit dickem Teppich ausgelegten Flur entlang und einen Moment fürchte ich, das die Tür, welche er ansteuert, zu einem Spielzimmer gehört.

Als wir davor stehen, nimmt er einen Schlüssel aus der Hosentasche und ich schlucke. Bitte, kein Spielzimmer, dafür fühle ich mich nicht bereit. Was hatten wir für diesen Raum geplant? Eigentlich ist es ein Gästezimmer, fällt mir ein, als ich im Geist die ursprüngliche Planung durchgehe. Ja, ein Gästezimmer. Warum ist es abgeschlossen?

„Augen zu", befiehlt er und mehr als nur beunruhigt folge ich der Aufforderung.

Ich höre, wie er die Tür öffnet und dann nimmt er meine Hand.

„Augen zu lassen, einfach geradeaus laufen. Vertrau mir", höre ich ihn flüstern und alle Härchen an meinem Körper stellen sich auf, seine Stimme hat einen sinnlichen Unterton und auch ein wenig Nervosität schwingt mit. Christian nervös?

Dann kann es sich nicht um ein Spielzimmer handeln, dort wusste er, in jeder Rolle, stets, wie er zu agieren hatte. Und da er sich nicht mehr unterwirft, wäre eine Nervosität eher unwahrscheinlich. Aber seine Stimme hat nicht diesen stahlharten Ton, den er im Spielzimmer anschlägt. Trotzdem ist mir flau im Magen, weil ich nicht weiß, was mich erwartet. Der heutige Tag ist offenbar noch nicht mit den Überraschungen am Ende.

50 Shades of PainWhere stories live. Discover now