~Siebenunddreißig~

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Sie dachte gar nicht daran, auf seine ununterbrochen auf sie niederregnenden Fragen zu antworten. Ihre Arme vor die Brust verschränkt, schaute Felicita Luciano dabei zu, wie er aufgeregt durch das Zimmer lief. Sein Wortschwall interessierte sie überhaupt nicht und das ließ sie in nur allzu deutlich spüren.

„Rede endlich mit mir", schnaubte er. „Und wenn du mich nur anschreist, oder mir Vorwürfe machst, mir egal."

Doch sie weigerte sich, etwas von sich zu geben. Wäre ihr Magen nicht bereits leer, würde sie sich übergeben. Die Übelkeit zwang sie immer wieder in die Knie, also legte sie sich tränennass in ihr Bett. Als sie ihre Augen schloss, sah sie kurz Lucianos Gesicht vor ihrem aufblitzen, aber seine Anwesenheit störte sie nicht mehr. Sollte er tun, was er wollte. So wie er es schon die ganze Zeit machte.

Felicita schlief nicht lange und dazu noch unruhig. Sie rollte sich von einer auf die andere Seite, bekam kaum noch Luft. Unfassbar, dass Gian jetzt tot sein sollte. Der Einschuss in seine Brust war so tief und deutlich. Er konnte das einfach nicht überlebt haben.

Es klopfte an der Tür. Keine Reaktion ihrerseits, aber der ungebetene Gast trat trotzdem ein. Schwere Schritte näherten sich ihr und immer noch sah sie keine Not, die Augen zu öffnen. Als sich dann eine trockene, große Hand auf ihre Schulter legte, schreckte sie jedoch zurück.

„Remi!", bei diesem Ausruft verschluckte sie sich fast. Ängstlich kroch sie auf die andere Seite des Bettes. „Was willst du hier?"

„Das ist aber keine damenhafte Begrüßung."

Sie kletterte aus dem Bett und suchte instinktiv nach etwas, womit sie sich verteidigen könnte. Wenn es eine Person gab, die schlimmer als ihr Vater war, dann dieser Mann vor ihr. Wahrscheinlich musste er als kleiner, ungeliebter Bruder so einiges ertragen, es an ihr auszulassen, schien ihr unfair. Allerdings würde er sich von ihrer Meinung kaum beeindrucken lassen.

„Lass mich zufrieden!"

„Das kann ich leider nicht", er ging auf sie zu, breitete seine Arme aus, sodass sie keine Möglichkeit zur Flucht hatte. „Ich werde dich mitnehmen."

Sie drehte sich um und öffnete mit einer schnellen Bewegung das Fenster. Obwohl die Gitter im Weg waren, versuchte sie sich zwischen diesen zu quetschen. Er sollte sie nicht anfassen, mit ihr sprechen oder nur in ihrer Nähe sein. Wieso musste er sie weiter quälen? Hatte er ihr nicht schon genug genommen? Sie verabscheute die Del Monte Familie abgrundtief, wollte lieber in die Tiefe springen und nie zurückkehren.

„Felicita!", Luciano drängte sich an Remi vorbei und zerrte die junge Frau von der Fensterbank. „Was machst du denn? Willst du dich umbringen?", wieder bekam er lediglich ihre bösen Blicke zu spüren. „Remi, was willst du hier?"

„Ich wollte sie Ihnen bringen. Nichts weiter", grummelte dieser.

„Gut. Da ich jetzt hier bin, benötige ich deine Hilfe nicht länger."

Der Mann verschwand sichtlich erbost und schlecht gelaunt, hätte Luciano aber nichts entgegenbringen können. Erleichtert atmete dieser aus, setzte Felicita auf den Boden ab und streckte seine Hand nach ihr aus. Doch sie schlug diese von sich.

„Ich konnte dich ihm nicht überlassen", entgegnete er und gewann plötzlich all ihre Aufmerksamkeit, auch wenn diese in eine aggressive Richtung abdriftete. „Zu wissen, dass er dich bei sich hat, machte mich verrückt und-."

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